AKUT

Stadtbild: Kopftuch als Freisprecheinrichtung

Sarah Wetzlmayr

BEZIRK: FAVORITEN | DATUM: 5.2.2016 | UHRZEIT: 13.40

Dass Kopftücher ganz einfach Haute Couture sind, wissen wir spätestens seit Ende Jänner die Domain „hc-strache.at“ gekauft wurde, um da- raus einen Onlineshop für Kopftücher zu machen. Die Betreiber des selbst er- nannten „Empowerment-Shops“ hatten nämlich für die „zufällige“ Namens- gleichheit ihrer Domain mit einem gewissen FPÖ-Politiker sofort eine durchaus schlüssige Erklärung parat: „HC“ stünde, wie schon erwähnt, für Haute Couture und „Strache“ wäre eine Verschmelzung der beiden Wörter STRAßen und CHEfin. So viel erst mal zu dieser weiteren – durchaus lustigen – Facette einer in Österreich schon scheinbar endlos andauernden Thematisierung dieses Stückchens Stoff.

Nachdem einmal so viel zum Formaspekt des Kopftuchs als Haute Couture gesagt wurde, bleibt noch die Funktionsvielfalt zu klären. Diese entwickelte nämlich in der letzten Zeit eine weitere interessante Ausprägung: Das Kopftuch dient immer öfter auch als ultimative Freisprech-einrichtung zur Bewältigung des kurven- reichen Alltags. Einfach zwischen Stoff undOhreingeklemmtverbindetesnicht nur die Kopftuchträgerin mit ihrem Gesprächspartner, ohne den Kinderwagen oder die Einkaufstaschen dafür abstellen zu müssen, sondern auch Tradition und Moderne. Das oft als Zeichen der Unterdrückung angesehene Kleidungsstück wird so zu einem multifunktionalen Gadget – und gewissermaßen auch zu einem Stück Freiheit im immer bunter werdenden Wiener Großstadtdschungel.

Foto: Sandra Keplinger
Text: Sarah Wetzlmayr