KULTUR

Homolka reist nach Jebil

Ort: Jebil, Grand Erg
Datum: 5. Dezember 2014
Uhrzeit: 15:20

Foto: homolkareist.com
Text: Martin Swoboda

Wieder mal fragt das tunesische Fremdenverkehrsamt an, ob es mich nicht in die Wüste schicken darf. Nicht erst seit den Ereignissen des Arabischen Frühlings durfte ich den Europäern erzählen, warum man Tunesien eben schon besuchen kann, ja muss. Man soll vor Ort helfen, sagen die Populisten immer, Urlauber, die Geld bringen, sind die beste Versicherung gegen Islamisten, und gerade für die Nomaden in der Wüste zählt Gastfreundschaft zu den heiligen Pflichten. Also nix wie hin, worüber soll ich berichten?

Doch Mme Chicaneaux hat diesmal etwas anderes vor mit mir, die Tunesier haben den Ötztalern einen Preis für ihr Peak-to-Creek-Rennen gestiftet, seit Hannibal dort angeblich die Alpen überquert hat, besteht offensichtlich ein Naheverhältnis. Nun darf das Siegerteam, ein Uphill- und ein Downhillradler, ein Wildwasserkanute und ein Snowboarder, bei Klaus Kinigadner eine Woche durch die Wüste donnern, auf österreichischen Motorrädern, versteht sich. „Das ist doch was für dich! Du kennst Tunesien, bist ein Biker und von uns hat gerade keiner Zeit!“ Carthago locuta, causa finita, ab nach Tunis, Treffpunkt Airport, Transitzone.

Die Burschen sind rasch erkannt, junge Sportler halt, das Gepäck Sponsor-gebrandet und voluminös. Der Anschlussflug ist knapp zu erreichen, für uns, nicht für das Gepäck, zwei Taschen fehlen, als wir in Djerba ankommen. Die Weiterreise in die Oasenstadt Douz, das „Tor zur Sahara“, zieht sich, ein verschlafener Kini begrüßt uns, morgen geht’s früh los, haben eh alle Motorraderfahrung? Nicht wirklich, stellt sich heraus, der italienische Ciclista hatte mit 15 ein Mofa, aber das ist ebenso lange her, der Rest der Gang ist gänzlich unbeleckt. Na dann, neun Uhr dreißig Fahrschule auf der ersten Düne hinter der Stadt.

Seien talentiert, meint Kini, Kondition haben sie sowieso, er mustert meine Leibesmitte, du musst das halt mit der Erfahrung ausgleichen, wir kennen uns von früher. Nach einer knappen Stunde Crashkurs auf der Kamelrennbahn verbringen wir den Tag in der Wüste, die Burschen sind zumindest so geschwindigkeitsgeil wie schmerzunempfindlich, eine gewisse Schonhaltung am Weg zum Buffet ist aber unübersehbar. Bald befindet uns der Leithengst für reif, die weite Wüste in Angriff zu nehmen, stundenlang Kurs Südsüdwest durch endlosen Sand, herrlich! Wir halten uns für echte Könner, nur dank unserer Erfahrung, Kondition und natürlich der überlegenen Motorräder aus Braunau schaffen wir die Herausforderung. Denken wir.

Rauchpause auf einer Düne, wegen der Aussicht, wir genießen die plötzliche Stille, die abkühlenden Motoren knistern romantisch, dann nur noch das Säuseln des Windes. Oder? Nein, da ist doch ein Geräusch, erst kaum wahrnehmbar wird es langsam lauter, gibt ́s doch nicht, klingt nach Moped! Und tatsächlich: Beharrlich nähert sich eine Mobilette, dünauf, dünab, ohne auch nur ein einziges Mal stecken zu bleiben, in gleichmäßigem, gar nicht so niedrigem Tempo durchmisst da einer die Sahara, schlafwandlerisch immer auf der Ideallinie. Hält schließlich bei uns an, salut habibi, hast du eine Zigarette? Er trifft dann noch jemanden, gleich dort hin- ten, gemeinsam werden sie weiterfahren, es gibt eine Party in der Nähe von Douz. Wir haben ihn dann nicht mehr eingeholt, erst am Abend wieder sein Moped beim Lagerfeuer gesehen.