STIL
Aufgetischt und gewischt
Irgendwo zwischen den Smartphones, bleibt meistens doch noch ein wenig Platz für Teller und Getränke am Restauranttisch. Aber nicht allzu viel, denn der Tisch im Lokal ist primär längst kein Ort der Nahrungsaufnahme mehr, sondern ein Laufsteg für Smartphones.
von Sarah Wetzlmayr
Während der IT-Experte Alexander Markowetz das Verbot von Handys im Restaurant voraussagt, liegt vermutlich gerade auf jedem dritten Restauranttisch in diesem Land ein Handy herum und sonnt sich in den neidischen Blicken der Tischkollegen. Denn das übliche Verfahren beim Platz nehmen am Tisch oder an der Bar läuft normalerweise so ab: Die Smartphones liegen am Tisch noch bevor alle ihre Jacken aufgehängt haben und sich überhaupt selbst hingesetzt haben. Nach dem Hinsetzen, erster Blick aufs Smartphone, nur schnell Whatsapp gecheckt, dann der Versuch eines Gesprächs, bevor jedoch irgendeine super-skurrile Buzzfeed-Meldung die Unterhaltung über echte menschliche Beziehungen brutal unterbricht. Daraufhin hängt mal jeder kurz in seinem Newsfeed fest. Vielleicht findet man ja noch etwas besseres als „Wie ich auf LSD die Haustiermesse erlebt habe“. Und wieder hat das Internet Beziehungen zerstört. Doch das ist eine andere Geschichte.
Facebook statt Face-to-Face
Sollte es tatsächlich passieren, dass Restaurants zu handyfreien Zonen erklärt werden, werden all die Digital Natives die Lokalwelt fortan als unheimlichen Dschungel empfinden – verloren und ohne Anker in ihr gewohntes natürliches Umfeld. Wie kleine Moglis werden sie dann dort sitzen und die Sprache ihrer neuen Umgebung neu erlernen müssen. Aber bevor das passiert, müssen erstmal Nichtraucher-Gesetzte und einige andere Dinge von der To-Do-Liste der Gesetzesmacher gestrichen werden. Also mal abwarten und aufs Handy starren. Aber wenn wir dann auch einmal ganz tief in uns hinein horchen, in uns selbst nämlich und nicht in unser auf Facebook selbst kreiertes Ich, dann muss man doch zugeben, dass es wirklich eine Unsitte und ein Symptom unserer in stark digitalisierten Gesellschaft ist. Gepaart mit der großen Angst irgendwas zu verpassen wird uns kleinen Moglis die Gorilla-Mama dann mühevoll die face-to-face-Kommunikation wieder beibringen müssen. Noch dazu entlarvt sich diese Handyschau am Restauranttisch oft auch einfach als praktisches, kleines Vehikel für die tägliche, kleine Dosis Ego-Boost. Wenn früher also das Auto als Schwanzverlängerung seinen Dienst geleistet hat, ist es jetzt das Smartphone am Tisch. Ist ja auch viel praktikabler. Zugeben würde das natürlich niemand, stattdessen gilt: „Aber was wenn der Chef anruft…oder die Mama…!“.