AKUT

Schanigärten unserer Herzen

Sarah Wetzlmayr

Mit Bier und Spritzer kann man sich gemütlich durch alle Jahreszeiten hindurch trinken. Während man das im Herbst und Winter aber meistens in diesen mit Bars ausgestatteten Räucherkammern tun muss, kann man diese jetzt gegen laue Sommerluft eintauschen. Und wo man das am besten kann, steht hier. 

von Sarah Wetzlmayr

Es ist Sommer und die Menschen beginnen ihrem Alkoholkonsum wieder in aller Öffentlichkeit zu fröhnen. Weil im Sommer ist das schließlich in Ordnung so. Es gibt dafür meist eingezäunte Bereiche, sogenannte Gast- oder Schanigärten, in denen man das tun kann. Anhand von Yelp– und Tripadvisor-Bewertungen haben wir  zusammengtragen in welchen es sich besonders lohnt in der lauen Sommerluft unter- und länger nicht mehr aufzutauchen._Cafe-Restaurant Maria Treu. Ins Maria Treu in Wien Josefstadt geht man aus zwei Gründen: Wegen des Gastgartens und weil das Essen auch einfach gut ist. Man geht dorthin, wenn man einen Urlaub braucht, der so kurz ist, dass er den Namen Kurzurlaub leider nicht einmal verdient hat. Und doch ist ein Besuch dort jedes Mal Erholung: Erholung des Magens von den vielen E-Nummern des Kantinen-Essens zum Beispiel. Oft schon als der „schönste Gastgarten Wiens“ bezeichnet, beweist das Maria Treu, dass es nicht immer der Donaukanal sein muss und dass es manchmal durchaus okay ist wenn man einen Abend mal nicht mit Sand zwischen den Zehen in irgendeiner Hipster-Strandbar verbringt. Oder wie ein Yelp-Besucher dieses Umfeld beschreibt: “Besonders zur warmen Jahreszeit ist es ein (Sommernachts)Traum von der wunderschönen Piaristenkirche Maria Treu, der Architekt war übrigens Johann Lucas von Hildebrandt, umgeben, fast beschützt zu sein, für mich ist das ein absolutes Kraft- und Energiefeld.“

Maria-Treu-Gasse 8, 1080 Wien

_Café Hummel. EInmal ein richtiger Schanigarten. Und ein richtiges Wiener Kaffeehaus noch dazu. Dort im Achten, wo eine der wohl langsamsten Straßenbahnen Wiens, der 5er, sich Blitze verteilend durchschlängelt. Otto Schenk und Roland Neuwirth haben hier schon einige Tage zu Nächten und Nächte zu Tagen gemacht. Hier kann man sich ohne die frisch-frisierte Bobo-Maske aufsetzen zu müssen ganz „Mitten im Achten“ fühlen. Ein Refugium mit vielen Ecken, Kanten und Fugen in denen die Asche-Reste von drei Generationen Café Hummel stecken.

Josefstädter Str. 66, 1080 Wien

_Espresso. Wer sich nicht daran stört, dass einem während man gemütlich seinen Häferlkaffee schlürft, Mäuse aus dem Bretterboden im Schanigarten über die Füße laufen, der ist im Espresso gut aufgehoben. Dass es auf der Burggasse, seit der Umwandlung der Mahü in eine Fußgänger- und Begegnungzone und der subsequenten Verwandlung der Burggasse in eine der Hauptverkehrsadern des siebten Bezirks, ein bisschen lauter geworden ist, stört den Espresso-Besucher im Normalfall eigentlich nicht. Die Mäuse auf der Terrasse übrigens aber auch nicht.

Burggasse 57, 1070 Wien

_Amerlingbeisl. Wer im Espresso an einem dieser Sommerabende, an denen es ganz Wien aus ihren stickigen Wohnungen auf die Straßen und in die Trink-Gehege dieser Stadt zieht, keinen Platz mehr findet, der kann einfach ein paar Querstraßen weiter oben ins Amerlingbeisl gehen. Zwar ein Gast- und kein Schanigarten, aber dafür umso lauschiger. Das Essen ist auch gut und abwechslungsreich. Das Amerling ist eine Institution. vom Maturatreffen bis zur Bridge-Runde in der verdieneten Pension kann man sowieso zu jeder Zeit und immer ins Amerling gehen. Auch mit Rollator, denn es ist barrierefrei zugänglich.

Stiftgasse 8, 1070 Wien

_Cafè Rüdigerhof. Der schönste Gastgarten Wiens, so munkelt man. Schön deshalb schon weil balkonartig. Und die Wiener lieben, in Ermangelung derselben in ihren geliebten Altbauten, ja Balkone. Im Gastgarten des Rüdigerhofs zu sitzen ist wie ein flüchtiger Moment der Landflucht in der Stadt. Wie Augenzeugen berichten, war es für eine Zeit das schreiberische Refugium Josef Haders, der hier wohl den Großteil seines Programms „Hader muss weg“ schrieb. Weg aus den Rüdigerhof will man jedoch meistens nicht so schnell. Muss man aber auch nicht, denn im Gegensatz zu vielen anderen Wiener Kaffeehäusern hat der Rüdigerhof bis 2 in der Früh geöffnet.

Hamburgerstr. 20, 1050 Wien

_Das Augustin. „Oh du liebes Augustin, alles ist hin“, haben sich wohl viele Besucher des Augustin gedacht, als nicht mehr das etwas seltsam anmutende Dreiergespann aus Ehepaar und Papagei dort regierte. Doch trotz grob modernisierter Speisekarte und etwas sanfter umgestalteter Inneneinrichtung hat das Augustin im 15. kaum etwas von seinem Charme und typischen Lokal-Kolorit verloren. Der Garten lädt in jedem Fall dazu ein, etwas länger hierzubleiben. So lange bis einen diese Blase mitten im 15. wieder auf die Straße zurückspuckt. Zum Glück tut sich hier jedoch schon etwas mehr, so dass das Augustin mitsamt seinem idyllischen Gastgarten nicht mehr die einzige Perle auf der weiten Flur Rudolfsheims ist.

Märzstr. 67, 1150 Wien

_Saigon Box am Brunnenmarkt. Klein aber nichts aussichtslos gibt sich der wohl kleinste Gastgarten der Stadt. Die Saigon Box ist ein Imbissstand mit Aussicht, sozusagen, denn sie macht mithilfe einer schmalen Wendeltreppe auch das Dach der Imbisskiste nutzbar. Viel Platz gibt es dort oben zwar nicht aber für Menschen, die das Cyber-Stalking wieder zurück ins reale Leben verlegen wollen, ist diese Idee der Nutzbarmachung sicher ein guter erster Schritt dorthin, denn das bunte Treiben am Brunnenmarkt lässt sich so hervorragend beobachten. Das Essen ist so, wie es sich Gaumen und Magen beim bloßen Gedanken an eine Nudel- oder Reisbox schon vorstellen. Nicht besser, nicht schlechter. Hierher kommt man wegen der Aussicht.

Brunnenmarkt Stand 24 Höhe Grundsteingasse, 1160 Wien

_Weinstube Josefstadt. Es ist immer ein innerer Zwiespalt, der sich plötzlich in einem auftut, wenn man die Weinstube Josefstadt in eine solche Liste aufnehmen möchte. Denn hat man sie erstmal gefunden, was wegen Ermangelung auffälliger äußerer Anzeichen nicht gerade einfach ist, möchte man sie und die Tatsache ihrer Existenz eigentlich für sich behalten. Die Weinstube Josefstadt ist ein sogenannter „Stadtheuriger“ und damit Überbleibsel einer eher aussterbenden Sorte – auf jeden Fall in den innerstädtischen Bezirken. Um Punkt 22.00 ist leider meistens sehr strikt hier Schluss, bis dahin gibt es aber gewohnte Heurigen-Qualität, kühle Temperaturen, auch bei Sahara-Hitze, und einen kleinen Urlaub in einem der nähesten Naherholungsgebiete Wiens.

Piaristengasse 27, 1080 Wien

_Gasthaus Birner. Mit der Destination“Birner“ verlassen wir mal kurz Bobotown und bahnen uns den Weg nach Wien 1210. Weg von versteckten Gastgarten-Oasen und hin zu einer sehr offensichtlichen treppenartigen Terasse, die sich das Prädikat Schanigarten durchaus verdient hat. Das Essen ist solide, aber eigentlich geht es mehr um die Atmosphäre, die zum Großteil durch die direkte Lage an der Alten Donau bedingt ist. Hier kommt man her, wenn man eine kurze Auszeit vom Alltag braucht und sich mal abseits der mit Keds, Converse und Clarks tausendmal beschrittenen Bobo-Pfade bewegen möchte. Trotz der großen Nähe zum Wasser sehr erdend.

An der Oberen Alten Donau 47, 1210 Wien

_Ungar Grill. Der Ungar Grill war früher mal ein ungarisches Restaurant und ist jetzt, nach der Neuübernahme vor mehr als einem Jahr ein beliebter Treffpunkt einer sehr mode- und kulturaffinen Szene. An der Vorder- wie Hinterfront hat sich jedoch nichts verändert. Auf Seite der Burggasse prangt noch immer die alte, in Neon beleuchtete Aufschrift „Ungar Grill“ und auf der anderen Seite versteckt sich, genau wie früher, ein idyllischer Gastgarten. Der Garten liefert allen bislang Ungläubigen den Beweis dafür, dass sich hinter den Mauern so mancher Innenstadtgebäude beinahe wild wuchernde Grünoasen ausbreiten können. Es lohnt sich also, auch wenn man nicht Alice heißt, etwas tiefer in diesen Kaninchenbau hineinzublicken. Auch um das leibliche Wohl muss man sich hier keine Sorgen machen.

Burggasse 97, 1070 Wien

Fotos: Isabella F. | Yelp, Helmut S. | Yelp, Anne-Sophie M | Yelp, Jonathan K. | Yelp, medienpirat | Yelp, das augustin d | Yelp, Oliver R | Yelp, Martin A | Yelp, Helmut S | Yelp, Christina W | Yelp