KULTUR
Homolka reist nach Sirmione
Ort: Piazza Porto Valentino, Sirmione
Datum: .26, Mai 2016
Uhrzeit: 17:55
Foto: homolkareist.com
Text: Martin Swoboda
Nach einer keltischen Gottheit ist er benannt, der Lago Bènaco; wir kennen den Gardasee nur zu gut unter seinem quasi venezianischen Namen, nach eingehender Untersuchung muss ich allerdings mitteilen: Es handelt sich eigentlich um einen Ozean. Und die drei angrenzenden Regionen verhalten sich dazu wie Kontinente, auch über 150 Jahre nach der Einigung Italiens und immerhin fast 100 nach dem Anschluss des vormals habsburgischen Trento an Bella Italia bleibt man lieber unter sich.
Auch Google zieht es vor, Riva als Reiff und Torbole als Turbel auf die Karte zu setzen, die Servierkraft im vorzüglichen Restaurant Forte Alto auf der alten Festung hoch über dem Nordufer kennt die Bezeichnungen wohl, hält sie aber für italienische Dialektausdrücke. Ihr Lieblingsort am Gardasee? Wenn schon Sirmione, lieber aber die heimatlichen Berge. Auch Federica Zeni vom gleichnamigen Weingut und Museum in Bardolino zieht es eher nach Valeggio, der Ort liegt auch im Veneto. Dort speist sie bei ihrer Freundin Nadja im Ristorante zur Borsa, manchmal fahren sie aber auch gemeinsam nach, erraten, Sirmione.
Bin ich halt auch hingefahren, logisch. Ist ja auch schön, die schmale Halbinsel mit der herrischen Skaligerburg, die den Zugang kontrolliert, und den langen Sandstränden rundum. Dementsprechend dicht drängen sich Horden möglichst unvorteilhaft gekleideter Schaulustiger durch die engen Gassen. Nur am Dampfersteg hat man ein wenig Luft zum Atmen, kann den Ausblick genießen, hinüber nach Desenzano, der De-facto-Hauptstadt des Sees. Zu dieser wurde es unter venezianischer Herrschaft, nachdem sich die Bauern des Südufers beschwert hatten, dass sie ihre Ochsen immer gegen die aufgehende Sonne nach Verona auf den Markt -prügeln mussten, die mögen das Gegenlicht nämlich gar nicht.
„Wo bist du, in Sirmione? Warte, ich hol dich ab!“ Endlich einer, dem Menschenmassen genauso suspekt sind wie mir. Mauro Feltrinelli evakuiert mich mit dem Motorboot, Typ Frauscher 1017 GT, er vertreibt die schnittigen Schiffe vom Traunsee in Italien. Früher haben sie ja selber welche gebaut, schließlich wurden sie von den Dogen hergeschickt, um den Venezianern Boote für den Krieg gegen die Lombarden zu bauen. Das Holz dafür organisierten sie sich oben im Norden, etablierten eine Holzhandelsfirma, wurden reich. Allerdings, so Mauro, habe ihm seine Oma erzählt, dass der Uropa in den ausgehöhlten Baumstämmen all das geschmuggelt habe, was sich am jeweils anderen Ufer teuer verkaufen ließ, und das der eigent-liche Quell des Reichtums gewesen sei.
Egal, der Reichtum ist dahin, aber die alte Werft in Gargnano gibt es noch. Mauro wohnt auch dort, im Dachgeschoß, mit Blick über den ganzen See, von der Villa Feltrinelli nebenan, die jetzt ein Hotel ist, einem Russen gehört und von der High Society frequentiert wird, bis hinunter nach Sirmione im Süden. Viel zu viel los dort, meint Mauro, der See ist doch überall schön. Wobei: Am schönsten ist es doch genau hier, bei ihm zu Hause!