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Top 3 der Wiener Hochäuser

Sarah Wetzlmayr

von Anneliese Ringhofer, Chefin vom Dienst

Hochhäuser in Wien, die unsere Chefin vom Dienst nicht erst seit 2016 beeindrucken.
Die Architektur-Jahres-Charts von Anneliese Ringhofer.

Platz 1

Wiens Vorzeigesozialbau: Wohnpark Alt-Erlaa von Architekt Harry Glück

Eines Sommers Anfang der 80er war ich als Kind mit Eltern und Geschwistern im Wohnpark Alt-Erlaa. Und das kam so: die anderen Großeltern meiner Wiener Cousinen hatten dort eine Wohnung bezogen. Nun waren wir erstmals zu Besuch. Während die Erwachsenen auf der üppig begrünten Terrasse, die sich entlang des Wohnzimmers zog, ein Kaffeekränzchen zelebrierten, zeigten uns die Cousinen den Swimmingpool am Dach. Das Wasser funkelte blauer als der Himmel über uns – ein künstliches Schwimmbecken noch dazu auf dem Dach eines Wiener Wohnhauses war für uns der wahre Badeluxus: endlich Wasser abseits der Natur! Endlich eine Alternative zum nicht öffentlichen, aber immer stark illegal besuchten Kaolinsee, zu dem unsere Eltern mit uns jeden Sommer Schwimmausflüge machten. Der feuchte Kindertraum währte nicht lange, schnell ging der unvergessliche Wien-Tag zu Ende. Beim Verabschieden sprachen die Verwandten über die neue Wohnsituation und dass sie damit höchst zufrieden wären. Ich sagte, dass ich in diesem Luxushaus auch gerne wohnen würde und schon waren wir wieder auf der Autobahn Richtung Landnormalität.

Die terrassenförmig angelegten Wohnblöcke aus Beton in Wien Liesing gelten nach wie vor als Vorbild für gelungenen Sozialbau, hochgelobt weit über Österreichs Grenzen hinaus. Zurecht, die Zufriedenheit der Bewohner ist mittlerweile durch sozialwissenschaftliche Studien belegt. Zu verdanken ist dieses Wohnglück dem großartigen und leider Mitte Dezember verstorbenen Architekten Harry Glück (1925-2016). Er verantwortete in Wien viele Wohnbauten mehr, doch war er auf sein „gestapeltes Einfamilienhaus“ Alt-Erlaa besonders stolz. In Gedenken an den „Doyenne des sozialen Wohnbaus“ setzte ich mich kürzlich in die U6 und fuhr nach Alt-Erlaa. Es ist alles beim Alten. Und das ist gut so.

Ungewöhnlicher Surfspot: Einer der sieben Swimmingpools auf einem Dach des Wohnparks Alt-Erlaa diente dem Wiener Windsurf-Profi Max Matissek als Schauplatz für seine Kunstperformance „True Wind“.

Gute Vibes: Das Video zum Song „Nightlight“ des jungen österreichischen Electropop-Duos Mynth wurde im Wohnpark Alt-Erlaa gedreht.

Platz 2

Wiens erster Wolkenkratzer: Hochaus Herrengasse von Sigfried Theiss und Hans Jaksch

Als ich Anfang der 1990er-Jahren neben dem Studium einige Zeit bei der Tageszeitung „Der Standard“ einen Studentenjob machte, lagen die Redaktions- und Verlagsräumlichkeiten im Gebäude in der Herrengasse, Ecke Michaelerplatz, in dem sich ebenerdig das Café Griensteidl befindet. Tagtäglich fuhr ich mit der damals nigelnagelneuen U3 vom Kardinal-Nagl-Platz im Dritten, wo ich damals wohnte, bis zur Station Herrengasse im Ersten Bezirk. Und täglich freute ich mich auf dem Weg nach oben auf das Gebäude, das ich gleich zu sehen bekam: das ältestes Hochhaus Wiens. Die schlichte Fassade erinnert an das gleich ums Eck liegende Looshaus „ohne Augenbrauen“. Die Architekten Theiss & Jaksch planten das klar strukturierte und ebenso schnörkellose Hochhaus im Bauhaus-Stil als Antithese zu den Volkswohnhäusern des Roten Wien. Heute gilt es als Prototyp der „Neuen Wiener Sachlichkeit“. Die Ladenzeile war unaufgeregt, eine Postfiliale ist mir noch in Erinnerung. Vor kurzem schlenderte ich wieder mal die Herrengasse entlang. Was mir erneut auffiel: Blickt man nach oben, kriegt man die Stattlichkeit des Bauwerks mit der gegen oben hin zurückgestaffelten Bauweise erst mit. Bei seiner Fertigstellung im Februar 1932 war es mit seinen 16 Stockwerken und 53 Metern das höchste Gebäude Wiens und hatte „amerikanische Größendimension“. „Ein ganz ausgewachsenes Hochhauserl“ witzelte die Presse damals. Für Aufregung sorgte auch die Wohnungseinteilung, die Hälfte der Wohnungen war für Alleinstehende gedacht. Ein Grund mehr, weshalb das Herrengassen-Hochhaus schließlich zum Symbol für das moderne Wien avancierte.

Platz 3

Wiens erstes kommunales Wohnhochhaus: Matzleinsdorfer Hochhaus von Ladislaus Hruska und Kurt Schlauß

Seit guten 20 Jahren bin ich Wahl-Margaretnerin und glücklich darüber, dass mich meine Wege fast immer zum Matzleinsdorfer Hochhaus bringen, zumindest an ihm vorbeiführen – meistens am unmittelbar danebenliegenden Radweg. Im Sommer sitze ich oft auf den Stufen beim Haupteingang, genieße die abendlichen Sonnenstrahlen und esse Eis. Ich mag es sehr, dass der blockartige, schlichte Wohnturm frei auf einem Platz steht, als würde er sich für deren Bewohner und Anrainer zur Schau stellen wollen und stolz sagen: „Ich bin der erste Gemeindebau Wiens mit dem schönsten Ausblick über die Stadt.“ Stimmt ja auch, bloß: Höhenangst sollten dessen Bewohner nicht haben. Inklusive Antenne ist das 20-stöckige Hochhaus 68 Meter hoch, erbaut wurde der beachtliche Riese von 1954 bis 1957. Stilprägend sind seine Glasbausteinfront, und im Inneren glänzen Mosaikfliesen und Terrazzoböden. Damit hatte das Nachkriegswien ein architektonisches Exempel statuiert: zeitgemäßes und leistbares Wohnen für alle, vertikal statt horizontal – der Stadtraum-sparende Turm beherbergt für die damalige Zeit großzügige und komfortable Wohnungen.