KULTUR
Waxolutionists
Ihr neues Album „The Big Butter, Part 1“ führt die Urgesteine des österreichischen HipHops in einem verspielten Klangbogen zurück zu ihren musikalischen Wurzeln. DJ Buzz und Bionic Kid haben uns im Interview verraten, wie sie wieder die ursprüngliche Naivität und notwendige Ruhe finden konnten und warum es trotzdem noch nichts zu feiern gibt.
Interview: Hannes Kropik
Mehr als sieben Jahre sind seit eurem letzten Album „We Paint Colors“ vergangen, jetzt ist endlich „The Big Butter, Part 1“ erschienen. Wie fühlt sich das Comeback an?
DJ Buzz: Für uns fühlt es sich überhaupt nicht an wie ein Comeback. Wir haben ja die ganze Zeit an verschiedenen Sachen gearbeitet und immer Sounds produziert. Als Waxolutionists machen wir im Prinzip dort weiter, wo wir vor ein paar Jahren aufgehört haben. Die Zeit vergeht ja irrsinnig schnell und jetzt hatten wir einfach wieder Bock auf ein richtiges Turntablism-Album.
Wie habt ihr nach der längeren Bandpause wieder zusammengefunden?
DJ Buzz: Bionic Kid und ich haben uns vor etwa zwei Jahren getroffen und besprochen, dass wir wieder ein Album miteinander aufnehmen wollen. Es war aber schnell klar, dass wir es ohne MCs produzieren wollen. Also back to the roots …
Bionic Kid: Back to the roots, ja, aber es sollte keine Rückentwicklung werden. Für uns hat sich vielmehr ein Kreis geschlossen. Bei den Aufnahmen ist es uns diesmal auch weniger um den Sound gegangen und wir wollten auch nicht krampfhaft modern wirken. Wir wollten wieder den Vibe spüren, den unser erstes Album hatte. Und das hat funktioniert.
Aber wie konnte das funktionieren? Die Welt 2017 ist doch eine ganz andere als 2000, als ihr mit „The Smart Blip Experience“ an den Start gegangen seid. Und ihr selbst seid, bei allem Respekt, auch eine Spur älter und vor allem reifer geworden …
Bionic Kid: Natürlich haben wir heute mehr im Kopf als damals und das kann auch ein Problem sein. Man verzettelt sich manchmal. Die Frage war also: Wie können wir uns heute so limitieren, dass wir wieder diesen Zustand jugendlicher Leichtigkeit erreichen? Am Anfang hatten wir die notwendige Naivität und Sorglosigkeit, um gewisse Dinge einfach zu tun. Diese Naivität kann man nicht einfach beliebig abrufen …
DJ Buzz: Das erste Album haben wir zu 80 Prozent auf einem Vier-Spur-Kassettenrekorder aufgenommen. Meiner funktioniert sogar noch und die Grundidee war, tatsächlich wieder mit diesem alten Gerät aufzunehmen. Das war dann aber doch zu kompliziert, trotzdem haben wir so reduziert wie möglich gearbeitet.
Der Großteil des Albums ist innerhalb einer Woche in einer Selbstversorgerhütte auf der steirischen Planneralm entstanden …
DJ Buzz: Das Problem ist ja: Wir haben alle keine Zeit. Hätten wir uns in Wien im Studio getroffen, hätte sicher immer wieder irgendwer früher gehen müssen.
Bionic Kid: Da oben hatten wir kein Internet und kaum Handy-Empfang. Dafür hatten wir die notwendige Ruhe, um uns ganz auf die Musik zu konzentrieren.
DJ Buzz: Wir haben unseren VW-Bus bis oben hin mit Equipment vollgestopft und oben auf der Hütte ein Studio aufgebaut. Letztendlich haben wir gemerkt, dass wir viel zu viel Zeug mitgeschleppt haben.
Die Musikwelt hat sich seit Beginn eurer Karriere extrem verändert, HipHop ist längst keine Subkultur mehr, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Hat das Einfluss auf eure Musik?
DJ Buzz: Vor allem haben sich die Hörgewohnheiten verändert und das finde ich schrecklich. Diese neue Youtube-Generation hört keinen Song zu Ende. Sie konsumieren zwar den ganzen Tag, können aber nichts mehr richtig aufnehmen. Uns geht es ums Gesamtwerk und nicht um einzelne Songs, mit denen man kurzfristig Staub aufwirbelt.
Welche Reaktionen erwartet und erhofft ihr auf „Big Butter, Part 1“?
DJ Buzz: Wir sind lange Zeit weg gewesen und müssen auf manchen Gebieten praktisch von Neuem starten. Wir müssen den Leuten den Namen Waxolutionists wieder ins Gedächtnis rufen. Aber wir haben uns auch früher nie Erfolg erwartet. Wir wollten immer nur gute Alben abliefern. Ich erwarte mir nichts – außer, dass die Leute, die unseren Sound feiern, mit der neuen Scheibe Spaß haben.
2017 feiert ihr euer 20-jähriges Bandjubiläum – habt ihr schon Pläne für eine große Feier?
DJ Buzz: Im Herbst wird „Big Butter, Part 2“ erscheinen. Aber die Jubiläumsfeier werden wir auf 2018 verschieben und dann vielleicht auch mit der alten Band auf Tour gehen
Bionic Kid: Wir haben verschiedene Ideen, aber fix ist nur, dass es kein klassisches Best-of-Album geben wird. Was wir jedenfalls in der Vergangenheit gelernt haben: Wir müssen uns Zeit lassen …Die Waxolutionists – heute bestehend aus DJ Buzz, DJ Zuzee und Bionic Kid – sorgen seit 1997 für feinsten HipHop-Sound, 2001 wurden sie mit einem Amadeus Austrian Music Award ausgezeichnet. Neben verschiedenen anderen Veröffentlichungen wie einem Remix für André Hellers „Die wahren Abenteuer“ (2004), sind bisher sechs Alben erschienen. „The Big Butter, Part 1“, die erste CD seit 2009. passt mit seinem melancholischen Touch und groovenden Sound zum nächtlichen Wien. Mit viel Liebe zum Detail werden unzählige Samples callagenartig zu einem wuchtigen Turntablism-Album geformt. Das Album ist bei Duzz Down San erschienen, die Vinyl-Scheibe kann über www.hhv.de bestellt werden. Weitere Infos gibt es unter waxos.com und waxolutionists.bandcamp.com.