ACTION

Jeremy Jones

Hannes Kropik

Jeremy Jones („Deeper“, „Further“, „Higher“) ist nicht nur einer der genialsten Snowboarder unserer Tage. Der Vater zweier Kids ist ein engagierter Umweltschützer, dessen Non-Profit-Organisation Protect Our Winters auch in Österreich aktiv ist. Bei der Sportartikelmesse ISPO in München nahm sich Jeremy die Zeit, um mit dem WILDEN WIENER über die dramatischen Folgen der Wahl Donald Trumps für die Umwelt zu sprechen.

Interview: Hannes Kropik

Die Welt hat sich vor wenigen Wochen radikal geändert: In den USA ist ein Präsident an die Macht gekommen, der den Klimawandel nicht so Recht wahrhaben will. Was glaubst du, wie dieser Wandel in der Politik unser aller Leben in den kommenden Jahren beeinflussen wird?
Dass Donald Trump gewählt wurde, war ein Schock. Es ist grauenerregend und traurig. Wir müssen jetzt extrem hart arbeiten, um die Klimawandel-Leugner in der Regierung zu bekämpfen.

Wie war es überhaupt möglich, dass ein Mann wie Donald Trump in dieses Amt gewählt werden konnte? Ein Mann, der so offensichtlich nicht weiß oder wissen will, was da draußen in der Natur vor sich geht. Wir sehen ja zum Beispiel an Hand der Entwicklung der Gletscher ganz deutlich, dass irgendetwas ganz und gar schiefläuft.
Die große Frage ist: Wie kann es sein, dass in den USA 84 Millionen Menschen die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen nicht akzeptieren? Es geht nicht nur um fehlende Bildung, sondern auch um einen wachsenden Extremismus – nicht zuletzt, weil unsere Medienwelt gerade sehr stark polarisiert. Es gibt aber keine einfachen Antworten auf die Fragen unserer Zeit. Mich beunruhigt gar nicht so sehr, dass dieser neue Präsident all diese verrückten Sachen sagt. Was mir Angst macht, ist, dass 84 Millionen Amerikaner seinen Aussagen glauben.

Kann es sein, dass sich diese Menschen einfach überhaupt nicht um die Natur scheren?
Ich verstehe viele dieser Menschen: In erster Linie geht es für sie darum, genug Essen auf den Tisch stellen zu können. Für viele Amerikaner geht es wirklich ums nackte Überleben. Ironischerweise haben sie aber ausgerechnet einen Mann zum Präsidenten gewählt, der keinerlei Empathie für niedrigere Klassen der Gesellschaft hat. Damit sind wir aber wieder bei der Bildungsfrage und den damit verbundenen großen Fragen unserer Gesellschaft.

Eine seiner ersten Amtshandlungen war, den Bau der umstrittenen Pipelines wieder zu erlauben, die unter seinem Vorgänger Barack Obama eingestellt wurden. Was bedeutet dieses Zeichen für die Zukunft?
Im Grunde genommen ist es nichts anderes als ein Krieg gegen die Umwelt. Unglücklicherweise lässt uns der fortschreitende Klimawandel aber keine Zeit, uns wieder zurück zu entwickeln. Wir müssen jetzt alles in die Waagschale werfen, was wir haben. Wir müssen noch härter arbeiten, noch klüger und noch effektiver handeln. Was aber gut ist: Viele Menschen sind richtig verärgert. Es gibt Millionen von uns, die sich nicht gefallen lassen wollen, dass wir uns wieder zurückentwickeln. Aber es wird immer härter und es wird nicht reichen, irgendwelche Petitionen zu unterschreiben.

Was können wir tun?
In den USA geht es vor allem darum, eine große Anzahl von Menschen hinter unseren Anliegen zu versammeln. Wir brauchen Menschen, die verstehen, was tatsächlich am Spiel steht. Es geht nicht mehr darum, sich den Kopf über die neuesten Wettervorhersagen zu treffen, sondern tatsächlich darum, seine Bürgerrechte wahrzunehmen. Wir leben in stürmischen Zeiten und es ist heute wichtiger als je zuvor zu wissen, woher man seine Nachrichten bezieht. Mit Protect Our Winters rufen wir praktisch täglich zu gewissen Aktivitäten auf – und wir brauchen noch viel mehr Menschen, die handeln. Aber klar: Es gibt lustigeres! Es macht mir keinen Spaß, meinen Senator anzurufen oder ihm Briefe zu schreiben. Aber ich tue es. Denn das ist es, was ich als einzelner Bürger tun kann. Das Telefon, die Mails, die Briefe – das ist unser Schlachtfeld. Denn machen wir uns nichts vor: Wir müssen kämpfen. Nicht nur für uns, sondern auch für zukünftige Generationen.

Du bist selbst Vater zweier Kinder – hast du Angst um ihre Zukunft? Ein Präsident Trump dürfte doch für uns alle das Worst-Case-Szenario sein …
Ich habe extrem große Angst. Es gibt so viel Hass in unserer Gesellschaft. Snowboarden bereitet mir keine schlaflosen Nächte, aber der Klimawandel bringt mich um den Schlaf. Lass es mich so sagen: Als Trump gewählt wurde, da war es so, als hätte ich einen engen Freund verloren. Es ist eine Tragödie, die mein Leben direkt beeinflusst und mit der ich mich jeden Tag auseinandersetzen muss.
Für mich war Snowboarden immer schon die wichtigste Methode, mit der ich mich mit meinen Problemen auseinandersetzen konnte. Wenn ich einen Freund verloren habe, bin ich snowboarden gegangen. Snowboarden war nie wichtiger für mich als gerade jetzt, damit ich wieder frei atmen kann. Snowboarden gibt mir die notwendige Kraft, um diesen notwendigen Kampf zu führen.

Aber um jetzt doch noch einen positiven Aspekt zu finden: Gibt es nicht auch irgendetwas Gutes an dieser Situation?
Wir leben im extrem aufregenden Zeiten. Und auch wenn mir der Zorn oft Tränen in die Augen treibt, so sehe ich doch auf der anderen Seite auch so viele wunderbare Taten, wo Menschen ihre Bürgerrechte wahrnehmen. Es ist wunderschön zu sehen, wenn Menschen am Flughafen jubeln, weil Passagiere aus arabischen Ländern die Zollkontrolle passieren. Ich habe Hoffnung für die Zukunft der Menschheit, aber wir haben wir vier harte Jahre vor uns. Wir können den Kampf gewinnen, aber nur, wenn möglichst viele Menschen erkennen, worum es geht und uns unterstützen.Protect Our Winters ist eine Non-Profit-Organisation, die auch in Österreich aktiv ist. Infos gibt es unter www.protectourwinters.at