AKUT

Diese Woche hasslieben wir: Die Nachtfresserei

Sarah Wetzlmayr

Gerade noch unter Transsexuellen auf einer der besten Parties der Stadt getanzt, überkommt diesen einen Freund von dir plötzlich die Lust nach Transfetten …

Die besten Nächte sind die, in denen man vollkommen in einer Einheit aufgehen kann und sich selbst ein Stück weit aufgibt. Nein, die Rede ist nicht von bedingungslosem, hingebungsvollem Sex, sondern davon, wie es sein kann, wenn man mit seinem besten Freunden nachts unterwegs ist. Wenn der Bierdurst des einen zum Bierdurst des anderen wird und man kollektiv einfach weiß, wann die perfekte Zeit für die nächste Schnapsrunde gekommen ist. Die Meinung des Einzelnen ist auf einmal genauso viel wert wie eine einzelne Bierflasche auf einem klebrigen Beisltisch – nämlich genau gar nichts. Doch was sonst eher beängstigend anmutet, hat sich nie besser angefühlt, als in dieser einen Nacht. Die Lokalwechsel vollzieht sich so vollkommen symbiotisch wie eine perfekt einstudierte Samba-Tanzfigur und wer doch einmal strauchelt, wird ganz einfach  mit offenen Armen und halboffenen Augen aufgefangen.

Auch wenn man es kaum glauben kann, so gibt es allerdings doch einen einzigen Umstand (und hier ist wieder nicht von Frauen, Schmuserei und Sex die Rede), der diese Einheit zerstören kann. Es ist der plötzliche Drang danach sich während dieses magisch einheitlichen Fortgeh- (und Alkohol-)flusses irgendwelche Fast Food-Varianten in den Mund zu schieben. Sobald sich einer der Gruppe in die bedrohliche Zone des „Ich muss jetzt erstmal unbedingt was essen“ begibt, ist das Ende dieser Nacht bereits so wenig weit entfernt wie der Grund des Neusiedler Sees. Nämlich genau eine durchschnittliche Menschen-Länge. Doch genau die kann alles kaputt machen. Denn ganz egal mit welcher äußeren Hülle die Transfettverkettungen jetzt daherkommen, sie zersetzen jeden noch so wundervollen Rausch und lassen einen ausnüchtern, bevor man in irgendeiner Weise schon bereit dafür war.

Auf der anderen Seite – und deshalb hassen wir die Nachtfresserei auch nicht, sondern hasslieben sie – sind auch schon die aufregendsten Nächte auf intimste Weise so zu Ende gegangen – als man sich gegenseitig die Kebab-Soße vom Kinn gewischt hat und der Stamm-Kebab-Verkäufer einen zum ersten Mal hat anschreiben lassen.

 

Foto © Thoste feat. Maquez