KULTUR

Ein Schiff wird kommen – Auf den Spuren der „Vesselspotter“ entlang des Nord-Ostseekanals

Etwas Meeresluft schnuppern und Schiffe beobachten, das kann man ganz besonders gut am Nord-Ostseekanal, der meistbefahrenen und vielseitigsten Wasserstraße der Welt. Eine hanseatische Kanaltour von Wolfgang G. Külper, bei der er auch dem einen oder anderen „Vesselspotter“ begegnete.

Text und Fotos: Wolfgang G. Külper / kulper.info

Von der rauen Nordsee her in die Elbmündung hinein kommen pausenlos Pötte aller Größen in die Schleusen von Brunsbüttel. Dieses einst beschauliche Fischerdorf liegt seit 1912 an der meistbefahrenen Wasserstraße der Welt. Jetzt zwängen sich pausenlos Passagier- wie Frachtschiffe durch eine der zwei See-Schleusen, um danach weiter bis ins Baltikum zu schippern. Ein Schleusenbecken ist eng und 600 Meter lang, zwei große Containerschiffe passen kaum nebeneinander. Wenn es stürmt, besteht bei den Containerriesen gar die Gefahr, gegen die Einfahrten zu rumsen. An stürmischen Tagen fordern die Kapitäne deshalb eine Schlepperhilfe an.

Ein Konvoi formiert sich. Foto: (c) kulper.info

Mehr als 2 Schiffe hintereinander bilden einen Konvoi. Foto: (c) kulper.info

Diese teils gewagten Manöver kann man von Aussichtsplattformen beobachten. Unter den Schiffsguckern befinden sich richtige Profis, sie nennen sich selbst „Vesselspotter“. Auf Brücken und am Ufer lauern sie mit ihren Kameras die Schiffskonvois auf. Da wird pausenlos der Auslöser geklickt, denn ein Kahn kommt wegen der Schleusung selten alleine. Und so werden die Schiffskonvois in Angriff genommen, sie bestehen meist aus fünf großen oder auch bis zu zehn kleineren Pötten. Da haben die „Vesselspotter“ einiges zu tun: nämlich die Kolosse von der Seite zu fotografieren, damit die Schiffsnamen auch recht gut im Bild sind. Dazu sollte man wissen: die Fotos werden unter Sammlern getauscht.

Von einer Kanalfähre hat man einen gigantischen Blick auf die Schleusen. Foto: (c) kulper.info

Das Frachtschiff beim Ausfahren aus der Schleuse – dazu wird ordentlich Gas gegeben. Foto: (c) kulper.info

Heute ist der Wasserstand ausgeglichen, die Maschinen laufen auf Volltouren und der obligatorische Lotse sagt, dass es nun aus der Schleuse rausgehen kann. Ein kurzes Hornsignal ertönt. Denn alle Fähren, die den Nord-Ostsee-Kanal queren, stoppen, wenn ein Konvoi herannaht, damit es ununterbrochen auf fast 100 Kilometer in Richtung Ostsee weiter gehen kann. Die ewigen Winde werden jetzt langsam sachter.

Ein Kahn fährt in die Schleuse, der andere wieder hinaus. Foto: (c) kulper.info

Ein Containerschiff kommt wohl gerade aus Hamburg. Foto: (c) kulper.info

Zwischen den zwei Meeren versetzen aber auch Binnenschiffe, Segel- und Motorboote. Letztere wohl weniger im Winter. Wenn man Glück hat sieht man mal ein Forschungsschiff oder einen Versorger. Die haben ganz andere Aufbauten, manchmal ist die Kommandobrücke ganz weit vorne oder der Schornstein ziemlich allein an der Seite. Abwechslung ist eben alles. Aber auch die an den Ufern liegenden Dörfer, mit ihren Backsteinhäusern sind charmant anzusehen.

Blick über Rendsburg’s Dächer. Foto: (c) kulper.info

Nachdem auf halber Strecken die Lotsen wechseln, merkt man während der Weiterfahrt, dass die Landschaft sich verändert. Es ist nicht mehr nur flach, man kann durchaus sanfte Hügel in der Ferne sehen.

Ein Gasrohrleger fährt in Richtung Russland. Foto: (c) kulper.info

Der deutsche Kaiser Wilhelm II. ließ diesen Kanal erbauen, ihm gebührt dieses Denkmal. Foto: (c) kulper.info

Nach einer Biegung der Wasserstraße liegt die alte Hansestadt Rendsburg. An der Architektur der Häuser erkennt man den dänischen Einfluss. Rendsburg gehörte bis 1864 zum dänischen Königreich. Viele trauern dem noch nach. Ganz offen reden die Hanseaten davon, dass sie von Berlin und Kiel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Seine Blüte erlebte Rendsburg wohl so um 1690, als beschlossen wurde, eine Großfestung mit Wallanlagen und beeindruckenden Plätzen, Toren und Straßen, die man heute noch sehr gut erkennen kann, zu errichten.

Die Altstadt von Rendsburg lädt zum Schlendern ein. Foto: (c) kulper.info

Langsam riecht die Luft wieder nach Meer, die Ostsee naht. Oberhalb von Kiel wird in Holtenau wieder geschleust. Ein Ort der auf Hügeln liegt, ein wenig mondän vielleicht. Allerdings auch etwas laut und zu viele Abgase für die Bewohner, besonders wenn der Wind ausnahmsweise aus dem Süden kommt. Somit hoffen nicht nur die Holtenauer auf umweltfreundlichere Schiffsmotoren.

Das wird knapp – Schiff rammt Brücke … Foto: (c) kulper.info

Gerade aus liegt die Ostsee. Foto: (c) kulper.info

Hier gibt nun der Kiel-Kanal (so heißt er international) alles Schwimmende in die pittoreske Förde – und wie man Backbord sehen kann, an die Ostsee weiter. Es sei denn ein „Dampfer“ fährt nach Steuerbord, weil er nach Kiel möchte.

Nicht nur Venedig hat so einen Blick. Auch Kiel. Foto: (c) kulper.info

Übernachtungstipp:

Das „Hotel 1690“ in Rendsburg mit einer sehr schön renovierten Originalfassade. Foto: (c) kulper.info

Auf schleswig-holsteinische Gastlichkeit kann man sich im „Hotel 1690“ im Zentrum der Hansestadt Rendsburg freuen. Das Gebäude beeindruckt von außen mit einer klassischen Fassade, die Räumlichkeiten sind jedoch geprägt von modernem Design. In diesem angenehmen Ambiente kann man sich hervorragend von der maritimen Reise erholen.
Mehr Infos: hotel-1690.de