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Die Lieblinge der Redaktion
Laufend kommt Neues, wird Altes neu aufgelegt, kommen Reissues, Neuinterpretationen oder gänzlich frische Ware. Natürlich behält unser WIENER Uhren-Experte Philipp Pelz hier grundsätzlich den Überblick – was ihn allerdings nicht davon abhält, ein paar persönliche Lieblinge zu haben. Die er uns hier einmalig und exklusiv aufzählt.
Text: Philipp Pelz / Fotos: Hersteller
Rolex Explorer
Nach Jahren des ungebändigten Wachstums aller Uhren, geht Branchenprimus Rolex wieder einen anderen Weg und schrumpft einen seiner Klassiker auf fast schon zarte 36mm. Dem Erstbezwinger des Mount Everest, Sir Edmund Hillary, hätte dieser Zug sicherlich gut gefallen, kommt sie so doch seinem legendären Wegbegleiter zum Gipfel ziemlich nahe. Nein, nicht Tensing Norgay ist damit gemeint, sondern seine Explorer. Die eisblau leuchtende Chromalight Leuchtmasse erinnert an Gletscher. Im Inneren des robusten und bis 100m wasserdichten Oyster-Gehäuses tickt mit dem Kaliber 3230 ein äußerst präzise laufendes Uhrwerk, welches Chronometer-Anforderungen locker erreicht und auch übertrifft. Warum fällt die Wahl auf diese Uhr? Diese Uhr war der Wegbereiter für viele berühmte
Designs aus dem Hause Rolex und für Instrumentenuhren schlechthin. Robust, gut ablesbar und reduziert aufs Wesentliche. Eine wahre Ikone.
Ref. 124270, 6.050,- Euro
IWC Portugieser Automatic
Uhren aus der Portugieser Familie waren immer schon groß. Die Vorfahren der heute erhältlichen Modelle waren auch schließlich Taschenuhren, an die Bügel und Lederbänder montiert wurden. Der Name leitet sich von den ursprünglichen Auftraggebern ab, portugiesischen Seefahrern. Da auf der See vor GPS Zeiten zur Navigation besonders genaue Zeitmesser benötigt wurden, kamen auch nur die besonders präzisen Taschenuhren in Frage. Mit exakt 42,3mm Durchmesser zählt die moderne Variante mit 7 Tagen Gangreserve zwar nicht zu den Riesen, aber stattlich ist sie allemal. Die besonders lange Gangdauer wird durch zwei Zugfedern erreicht, wobei das ständig weiterentwickelte Manufakturwerk auch noch länger könnte. Der Ganggenauigkeit zuliebe wird oben und unten etwas abgezwackt, was für eine gleichmäßigere Verteilung des Drehmoments sorgt. Mit dem patentierten und effizienten Pellaton-Aufzug steckt noch mehr coole Technik im formschönen, leicht historisch angehauchten Gehäuse. Meine Wahl bei IWC!
Ref. IW500704, 12.500,- Euro
Oris Big Crown Propilot X Calibre 115
Man glaubt es kaum, aber Oris zählte einst zu den größten Herstellern von Uhren in der Schweiz. Schon früh wagte man den Schritt zu einer Kollektion mit ausschließlich mechanischen Werken. Diesem Credo blieb man bis heute treu und bekräftigte dieses Mantra mit der Entwicklung eigener Werke, welches mit dem hier verwendeten Kaliber 115 seinen vorläufigen Höhepunkt findet. Ganze 10 Tage lang läuft dieses Wunderwerk, wenn man es denn per Hand voll aufgezogen hat. Eine einzige, große Zugfeder gewährleistet die extralange Laufzeit. Dank großzügiger Skelettbauweise ist die Feder sogar von oben sichtbar. Eine seltenes Spektakel! Einen weiteren Hinweis auf die Moderne finden wir in der Verwendung von Titan als Werkstoff für Gehäuse und Uhrband. Was macht diese Uhr so reizvoll? Es ist immer schön zu beobachten, wie aus einem soliden, sympathischen Hersteller eine Manufaktur wird. Dazu gehört viel unternehmerischer Mut, gerade in einer konkurrenzreichen Umgebung
wie der Schweiz. Diverse Designelemente erinnern an Oris Bestseller vergangener Jahrzehnte und ich finde, das steht der Uhr wirklich gut!
Ref. 01 115 7759 7153-Set7 22 01TLC, 6.900,- EUR
Tag Heuer Monaco
Was für Steve McQueen gut genug war, wird für kleine Uhrenjournalisten zum heiligen Gral der Uhrmacherei. Nicht nur in heißen Le-Mans Boliden, sondern auch in der U-Bahn macht diese Ikone einen schlanken Fuß. Anerkennendes Nicken wird einem auch dort sicher sein. Bei der Uhr des Hollywood Haudegens saß die Krone noch links, so wie bei den leider rasch vergriffenen, heutigen Sondermodellen. Auf diese Weise wollte man bei einem der ersten Chronographen mit automatischem Aufzug darauf hinweisen, dass die Krone dafür eigentlich nicht mehr benötigt wird. Doch auch diese Variante fängt das Feeling der frühen 70er Jahre perfekt ein und garniert sie mit modernen, technischen Tugenden. So schützt und ziert heutzutage natürlich ein aufwendig geschliffenes Saphirglas das gut ablesbare Zifferblatt. Ebenso auf der Höhe der Zeit ist das Tag Heuer Manufakturkaliber 02. Dieses glänzt mit 80 Stunden Gangautonomie, sowie Säulenrad und vertikaler Kupplung für butterweiche Chrono-Schaltvorgänge. Diese Uhr war schon immer ein Klassiker und wird es sicher auch bleiben.
CBL2111.BA0644, 6.400,- Euro
Frederique Constant Slimline Monolithic Manufacture
Gänzlich neue Wege geht die noch junge Manufaktur Frederique Constant. Sieht man sich das Bild genauer an, so wird dem geübten Kennerblick auffallen, dass das Teil unter der Zifferblattöffnung so gar nicht wie eine herkömmliche Gangpartie aussieht. Das passt, denn es ist nämlich auch keine. Tatsächlich zappelt hier ein neuartiger Oszillator mit unglaublicher Geschwindigkeit herum, was die Genauigkeit in ungeahnte Höhen treibt. Schwingt eine moderne Unruh mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde, so kommt dieser Silizium Oszillator auf das Zehnfache. Je schneller die Schwingung, desto genauer die Uhr. Ein zu langer Blick auf das Wunderteil bewirkt beim Auge ähnliche Effekte, wie zu viel vom stärksten Whisky. Dann flimmerts nur noch. Wir haben es hier also mit einer veritablen uhrmacherischen Revolution zu tun, die durchaus das Zeug dazu hat, eine seit etwa 1675 existierende Erfindung abzulösen! Die Antriebskraft kommt, wie langweilig, von einer ganz normalen Feder, die wiederum durch einen automatischen Aufzug aufgezogen wird. Hier steckt ganz viel Potential drin und als Early Adopter sollte man natürlich dabei sein.
Ref : FC-810MC3S6, 4.495,- Euro
Patek Philippe Calatrava
Bei einer höchst subjektiven Auswahl an Uhren, darf eine Patek Philippe natürlich nicht fehlen. Die Uhrengötter aus Genf haben uns in diesem so anspruchsvollen Jahr mit einem Feuerwerk an Neuheiten
beglückt. Darunter blitzte diese moderne Interpretation der großartigen Calatrava besonders hervor. Die im Clous de Paris Muster bearbeitete Lünette erinnert an historische Vorbilder, genau wie das schlichte, aber besonders edle Zifferblatt mit applizierten Indizes aus Roségold. Die größte Überraschung war bei der Lancierung jedoch nicht gleich sichtbar. Im Inneren finden wir ein gänzlich neu konstruiertes Uhrwerk, welches mit einer besonders schönen Bearbeitung aufwartet. Mit der Kraft von zwei Federhäusern läuft es besonders stabil und zwar für maximal 65 Stunden, was ganz oben im Lastenheft der Entwickler stand. Es bleibt daher zu hoffen, dass auf Basis dieses neuen Uhrwerks bald noch weitere Komplikationen folgen. Man wird sehen.
Ref. 6119R, 25.720,- Euro
A. Lange & Söhne Datograph Perpetual Tourbillon
Eine Uhr aus der „Man wird ja noch träumen dürfen“ Kategorie. In dieses Schmuckstückchen haben die Meister aus Glashütte technisch so ziemlich alles hineingepackt, was andere bereits in einzelner Anwendung zur Verzweiflung bringen kann. Das schönste Flyback-Chronographenkaliber der Branche wurde in diesem Meisterwerk mit einem ewigen Kalender kombiniert. Natürlich darf dabei das Lange-typische Großdatum nicht fehlen, genauso wenig wie eine subtil integrierte Gangreservenanzeige. Zum Drüberstreuen finden wir auf der Rückseite noch ein Tourbillon als Kraftportionierer. Doch nicht irgendein Tourbillon: Aufgrund der Konstruktion eines Tourbillons, kann dieses normalerweise nicht gestoppt werden, was ein sekundengenaues Einstellen kaum möglich macht. A. Lange & Söhne hat das Problem als einer der wenigen gelöst. Faszinierend ist schon der Blick auf das massiv roségoldene Zifferblatt mit weißgoldenen Applikationen, doch das über einem Saphirglasboden sichtbare Uhrwerk verleitet zum Träumen. Bald ist es soweit mit den Euromillionen. Ich spüre es!
Ref. 740.056, Preis auf Anfrage