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Archiv 2009 – Feixen mit Deix

Christian Jandrisits

Manfred Deix war 39 Jahre lang Cartoonist des Nachrichtenmagazins profil. Dann wollten sie sein Honorar halbieren. Jetzt ist er komisch sauer. Hier seine ehrenwerte Abrechnung mit ehrenwerten Herren.

Text: Helfried Bauer / Fotos: Ingo Pertramer

Was ist denn los beim profil, Herr Deix? Seit einigen Wochen ist das Magazin cartoonlos. Die profillesende Menschheit steht vor einem Rätsel. Können Sie etwas Licht ins Dunkel bringen?

Das könnten vor allem die profil-Chefs. Ich für mich kann’s aber auch: Ich habe nach 39 Jahren meine Mitarbeit beendet, weil ich das Gefühl hatte, schlecht behandelt zu werden.

Faksimile – Archiv 2009 – Feixen mit Deix


Was meinen Sie mit „schlecht behandelt“?

Na ja, vor einigen Wochen ist plötzlich im profil wie aus heiterem Himmel eine Kolumne mit der Überschrift „Die Wahrheit über Deix“ erschienen. Der Autor Helmut Gansterer hat mich in seinem Aufsatz befetzt, mich als „Moralisten“ bezeichnet, „der selber Dreck am Stecken hat“ – welchen Dreck, hat er nicht erwähnt. Dann kommt er mir im Text noch mit „Lieber Manfred“ auf per Du daher, wirft mir vor, dass mir in Krems ein Taj Mahal in Form eines eigenen Museums errichtet worden wäre – in Wahrheit ist es das sehr erfolgreiche Karikaturmuseum des Landes Niederösterreich, dessen Gründung meine Idee war. Hier haben der Edelfeder Gansterer offenbar der Neid und der Whisky die Hand geführt beim Schreiben. Noch dazu hat er allen Ernstes behauptet, mich als Zeichner 1971 quasi entdeckt zu haben. Lächerlich: Als ich elf Jahre alt war, hat mich mein Religionsprofessor am St. Pöltner Gymnasium gebeten, für die niederösterreichische Kirchenzeitung wöchentliche Comicstrips zu zeichnen. Hab ich gemacht und nach einem Jahr 1.000 Schilling dafür bekommen, damals für einen Elfjährigen eine Mördergage, von einer Zeitung mit 150.000 Stück Auflage. Fast zehn Jahre später habe ich Herrn Gansterer kennengelernt und einmal pro Monat für sein Magazin „economy“ einen Cartoon für 300 Schilling abgeliefert. Ein Jahr vorher haben mich Oscar Bronner, Peter Michael Lingens und Helmut Voska fürs profil engagiert – von wegen Gansterer hätte das Talent Deix entdeckt. Die Edelfeder hat offensichtlich gewaltige Erinnerungslöcher. Ich wünsche gute Genesung.

Man hört, der Artikel hätte allgemeine Ratlosikeit ausgelöst…

Eben. Natürlich habe ich daraufhin profil-Chef Christian Rainer gebeten, mich im Heft mit einer saftigen Replik wehren zu dürfen, und das wurde abgelehnt. Begründung: untergriffig und niveaulos.


Diese Gansterer-Geschichte war also der Grund für Sie,bei profil aufzuhören?

Nein. Knapp danach hat Christian Rainer per Fax höflich angefragt, ob ich mir vorstellen könnte, meine Cartoons für das halbe Honorar zu machen, wegen der Weltwirtschafts- und Finanzkrise und so. Ein Hammer! Ich habe mich gefragt habe, ob auch Christian Rainer und die obersten Verlagsbosse nur mehr die halbe Gage kassieren. Natürlich hab ich abgelehnt, allerdings mit dem Angebot, für die halbe Kohle nur mehr einen halben Cartoon zu liefern. Wie erwartet: null Reaktion. Um zu erfahren, ob man nur mir die Honorarhalbierung vorgeschlagen hat, habe ich Gerhard Haderer angerufen und erfahren, dass man auch ihm mit demselben Krisenschmäh gekommen ist. Er hat wie ich reagiert und seine Mitarbeit aufgekündigt. Den dritten profil-Cartoonisten Rudi Klein hat man nicht einmal kontaktiert. Das sind schlechteste Manieren, so geht man mit langjährigen Mitarbeitern einfach nicht um. Seit vielen Jahren bestätigen profil-Leser, zuerst einmal ganz hinten den Cartoon anzuschauen, egal ob von Haderer, Deix oder Klein.


Klingt da Verbitterung durch? Verletzte Gefühle?

Verbitterung nicht wirklich, aber Ärger über das schlechte Benehmen dieser Partie: Diese Leute haben nicht wahrgenommen, welche Wichtigkeit die profil-Cartoons seit Mitte der Siebzigerjahre haben, Peter Michael Lingens hat als Blattmacher damit Pionierarbeit geleistet. Der profil-Cartoon war ab damals Gesprächsthema und nach-weislich prägender Bestandteil des Magazins. Um so ärgerlicher die Geringschätzung der Arbeit von uns Zeichnern. Einige heutige Jungpromis haben mir erzählt, dass sie mit meinen Zeichnungen aufgewachsen sind, als sie Gymnasiasten waren, obwohl die Eltern gewarnt haben „Nicht Deix-Cartoons anschauen, sind zu links, politisch nicht korrekt und ein bissi pfui, pfui!“ Größere Komplimente kann man als Zeichner gar nicht kriegen.

Archiv 2009 – Feixen mit Deix


Bereitet Ihnen Ihr profil-Ausstieg finanzielle Einbußen?

Keine Sorge, ich komme zurecht. Das, was ich bei profil verdient habe, hat gerade einmal gereicht, meine Katzen zu ernähren.


Frage am Rande: Wie bitte kommt man mit 54 Katzen im Haus zurecht? Haben die alle Namen?

Na selbstverständlich! Haben Sie Kinder? Haben die Namen? Na eben. Natürlich haben meine pelzgesichtigen Butzis Namen, die sich auf ihre Eigenschaften beziehen. Meine „Prinzessin“ zum Beispiel ist seit fast 18 Jahren meine arrogante Lebensgefährtin, rügt mich, wenn ich gerade keine Zeit für sie habe, dominiert meinen Ateliertisch, setzt sich auf meine Zeichnungen, so dass ich nicht weitermachen kann und geht erst weg, wenn ihr danach ist. Eine Aristokratin durch und durch. Ich bin ihr verfallen für den Rest meines Lebens. Meine Katzen verfügen über 3.000 Quadratmeter Garten, Wiesen, Stauden, Bäume und 300 Quadratmeter Wohnfläche im Haus. Trotz vieler WC-Kisteln scheißen sie hin, wohin sie wollen. Natürlich ist das nicht immer lustig, wirklich nicht, aber Kinder sind eben Kinder.


Gibt’s etwas, das aus 39 Jahren profil in Erinnerung bleibt?

Ja, durchaus Positives und Lustiges. Mit dem damaligen Chef Peter Michael Lingens hab ich wegen einer Zeichnung in der Redaktion vor aller Augen zu raufen begonnen, der mittlerweile verstorbene Chefredakteur Helmut Voska hat mich, weil ich mit einer Zeichnung noch nicht fertig war, verzweifelt angerufen und ins Telefon gebrüllt: „Was glaubst du eigentlich, wer du bist, du Oaschloch?“ Eigentlich wohltuende Erinnerungen, wenn ich an die aktuellen profil-Verhältnisse denke. 1983 habe ich den heutigen profil-Chefredakteur Herbert Lackner und seinen Kollegen Georg Hoffmann–Ostenhof auf ein Zigarettenwerbeplakat für die Tschick „Casablanca“ gemalt und österreichweit bekannt gemacht. Damals hab ich den Begriff „Küsserkönig“ erfunden, der mittlerweile österreichisches Sprachgut geworden ist. Noch einmal: Der Begriff „Küsserkönig“ stammt von mir! Aber das nur so nebenbei, ist ja auch nicht so wichtig.


Wie sieht’s mit dem Rauchen aus? Nach Ihrem Lungeninfarkt 1988 hatten Sie ja totales Rauchverbot!

Ja, schon. Aber bitte reden wir ganz schnell über was anderes…