Mode

Trendsetter: Half Bun

Bevor die große Völkerwanderung in den Süden losrollt, zieht es Bruno von Josephsheim und Herrl auf die Insel. Für Ibiza in der Vorsaison spricht trotzdem viel. Denn Bruno hat plötzlich den Knoten raus und entdeckt am Pool der Nachbar-Finca eine sexy Bobtaildame und den Dutt auf Halbmast.

Tütüt, der Dutt ist da! Was 2013 in den New Yorker Stadtteilen Williamsburg und Bushwick aufkam und von Hollywoodstars, DJs und sonstigem kreativen Volk über den Globus getragen wurde, ist ja nicht neu. Was mich so schwanzwedeln lässt, hat auch wenig mit langen Mähnen zu tun, noch weniger mit dem Knuddeldutt der vergangenen drei Jahre. Der High Bun ist auf jeden Fall passé, gar nicht cool und wenig angesagt. Aber langsam und schön von Anfang an: Der Mai ist unser Reise- monat, wenn andere sich das Jawort geben (soll auch trendy sein), fliegen wir auf und davon. Wir reisen grundsätzlich anti-zyklisch, und zwar dank meiner Nase dorthin, wo Trends immer schon gemacht wurden: Ibiza – und zwar im Privatjet. Wie kommen Hund und Herrl dazu? Na ja, wir haben die richtigen Freunde. In diesem Fall sind es Musikproduzenten – für Video- games. Monetär sehr erklecklich; da wird einem für die Ferien schon mal ein Firmenflieger unter den Allerwertesten geschoben. Die Produzenten zieht es ins Ushuaïa (Club und Hotel), Hund und Herrl in die gebuchte Ferien-Finca. Pool, Meerblick und viel Gestrüpp drumherum, damit sich das Gassigehen im Urlaub auch etwas lockerer gestaltet. Das Herrl streckt sofort alle viere von sich und wiegt in der Hängematte. Mich zieht es in die nähere Umgebung. Die Nachbar-Finca weiter unten am Hang riecht verlockend. Unterm Olivenbaum ruht eine Bobtaildame nebst zwei bronzierten Herren mit je einem Dutt auf Halbmast. Was das ist? Na ja, die Herrschaften haben mittellanges Haar, der Dutt ist akkurat auf Halbmast gebunden, das restliche Haupthaar läuft im Nacken aus. Schön, denk ich mir, irgendwie geschniegelt, aber trotzdem locker. Die Bobtaildame hebt träge ein dicht bewimpertes Auge. Ich wage mich näher an den Olivenbaum. Die beiden Finca-Bewohner unterhalten sich in einem skandinavischen Idiom, winken mich zu sich. Ich trabe locker näher, schon lieg ich zwischen den beiden, lass mir das Fell kraulen und blicke verschämt zu der rassigen Lady neben mir. Die weitere Entwicklung der Urlaubsliebe mit Sally verschweige ich als Gentleman, aber der Half Bun verfolgt mich seither. Zu Besuch bei den Musikproduzenten im Ushuaïa laufen mir Horden mittelalterlicher Männer mit Halbmast-Dutt über den Weg. Was geht da ab? Bin ich mittendrin in einer haari- gen Trendwelle gelandet, die ich fast verschlafen hätte, weil sie fast zu übersehen ist? Langes Haar hat bei Männern also ausgedient, mittelang ist schwer im Trend, und was in die Stirn fällt, wird korrekt nach hinten gebunden. Ich muss auch eingestehen: Der Half Bun ist eindeutig die männlichere Variante des Dutts. Die Frisur versucht nicht cool zu sein, sie ist es.

Bei einem Half Bun werden nur die oberen Deckhaare zu einem Dutt gestylt. Selbst die Variante, wo die Haare ab der Mitte des Hinterkopfs kurz sind, ist angesagt. Mein Herrl läst sich auf jeden Fall seit ein paar Wochen nur mehr die gespalte- nen Spitzen schneiden. Das Ergebnis ähnelt immer mehr Regisseur Andrzej Zulawskis Wuschelmähne in den 1970ern, als er Romy Schneider in die „Nachtblende“ Anweisungen zum Verruchtsein gab. Auf dem Rückflug nach Berlin wundere ich mich also nicht mehr, dass einer der Produzenten sein langes Haupthaar auf Nackenlänge hat kürzen lassen und nun auf „Urban Samurai“ macht. Zurück in Berlin zieht es uns am Wochenende in den Mauerpark, wo Musikgruppen aus Tel Aviv und Tromsö das Gelände beschallen. Wir jammen uns in der Front Row einer locker bekleideten Band ein. Der Frontman trägt Bermudashorts, nackten Oberkörper, Plastikschlapfen und einen straffen Half Bun.

Fotos: Getty Images