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Im Porträt: Oris Uhren
Nicht nur ein roter Rotor macht den Unterschied! Einst unter den 10 größten Uhrenherstellern der Welt, dann von der Quarzkrise arg gebeutelt, nimmt Oris mit intelligenten, innovativen Produkten wieder ordentlich Fahrt auf.
Text: Philipp Pelz
Oris. Woher kommt wohl der Name? Das hat sicher etwas mit irgendeiner technischen Entwicklung zu tun, der Verballhornung einer ägyptischen Gottheit oder vielleicht hießen die Gründer Orville und Isidor? Falsch, denn manchmal ist die Lösung viel einfacher! Die Gründer Paul Cattin und Georges Christian übernahmen im Jahre 1904 die Firma Lohner & Co im beschaulichen Städtchen Hölstein in der Nähe von Basel. Mit neuem Namen startet es sich manchmal viel besser in eine neue Ära, und so kam ein kleiner Bachlauf ins Spiel. Dessen Name? Genau. Oris!
Erste Armbanduhren kamen gegen 1928 auf den Markt. Schnell ein paar Bandanstöße an die Taschenuhr geschweißt – fertig! Ebenfalls in diesem Jahr kommt mit Oscar Herzog der längstdienende Generaldirektor der Firma ans Ruder, der sie 43 Jahre leitete. Mit der „Big Crown“ brachte Oris 1938 seine erste Fliegeruhr. Der Name verrät bereits, dass die Krone von solch einer Größe war, dass sie auch mit Handschuhen bedient werden konnte. Nach der Einführung eines eigenen Automatikwerks kam 1965 eine Taucheruhr auf den Markt. Ein paar Jahre später sollte man zu den zehn größten Herstellern der Welt gehören. Beeindruckende 1,2 Millionen Wecker und Armbanduhren produzierte Oris damals.
Der größte Kampf galt jedoch nicht der Konkurrenz, sondern dem Schweizer Uhrenstatut. Dieses sollte kleine Hersteller vor Größen wie Oris schützen, indem es die Verwendung neuer Technologien erschwerte. Kurz vor der Einstellung des Statuts im Jahr 1971 wurde Oris Teil der ASUAG, des Vorgängers der heutigen Swatch Group. Zu dieser Zeit wurde der Armbanduhrenmarkt von den Quarzuhren der Japaner überschwemmt, was die Schweizer Uhrenindustrie umrührte wie ein Käsefondue. Die Belegschaft schrumpfte folglich von über 900 Mitarbeitern auf einen Bruchteil zusammen. Schließlich kam wieder ein Herzog ins Spiel. 1982 übernahm Ulrich W. Herzog gemeinsam mit Dr. Rolf Portmann die schwächelnde Firma. Man fasste einen mutigen Entschluss: Von nun an sollten ausschließlich mechanische Uhren zu vernünftigen Preisen hergestellt werden.
Richtig Schwung kam mit den Zweitausendern herein. Als optisches Alleinstellungsmerkmal fand der ikonische rote Rotor Einzug in die Kollektionen. Innovationen wie die Quick-Lock-Krone fanden auch in der Szene Beachtung, wurde doch das mühsame Verschrauben durch eine Drehung um bloß 120 Grad ersetzt. Die Sliding-Sledge-Schließe erfreute das Herz der Taucher. Genialerweise kann an der Schließe selbst in getragenem Zustand die Weite verändert werden, was bei Taucheranzügen ein klarer Vorteil ist. Eine gewisse Liebe für Tauchinstrumente erkennt man auch an der nächsten Innovation. Mit der „Aquis Depth Gauge“ kann die aktuelle Tauchtiefe auf der Uhr abgelesen werden. Doch ebenso für Piloten will man ein verlässlicher Begleiter sein und schuf eine Uhr, die in die andere Richtung blickt, nämlich hinauf. Mit der „Big Crown Propilot Altimeter“ hat Oris einen mechanischen Höhenmesser im Programm. Basierten all diese Entwicklungen noch auf zugekauften Werken, so ist man bei Oris zu Recht besonders stolz auf die Entwicklung des ersten eigenen Uhrwerks seit 35 Jahren. Mit der „Artelier Calibre 110“ zeigte man zum, erraten, 110. Jubiläum ein wunderbares Handaufzugswerk. Über einen Saphirglasboden kann die sehr technische Ästhetik bewundert werden. Die anständigen 10 Tage Gangreserve werden auf dem Zifferblatt auch entsprechend angezeigt, und zwar progressiv, was den Träger zum früheren Aufziehen animieren soll. Technisch top!
Beobachtet man die stetige Entwicklung des Unternehmens, so macht das richtig Freude. Bei sämtlichen Innovationen steht eindeutig stets der Kundenvorteil im Vordergrund. Ganz so, wie es eigentlich immer sein sollte.