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Ich bin eine Uhr

100 Stunden mit Oris – ein Spaziergang durch die Big Crown ProPilot X Calibre 115, ein Zeitmesser, der uns sein Innerstes enthüllt.

Text: Wolfgang Wieser, checkitoutjoe.com / Foto Header: Wolfgang Wieser, Fotos: Oris

Jedes Rädchen ein Riesenrad. Jedes Ticken ein kraftvoller Schlag, ein mächtiges Schwert der Zeiger der kleinen Sekunde. Ich sehe nach links, ich sehe nach rechts. Ich staune, habe das Gefühl, den Gang der Zeit zu spüren, und wenn ich nach oben blicke, sehe ich eine mächtige Feder, die sich langsam spannt. Ich bin Teil einer Uhr. Ich bin im Inneren der Oris Big Crown ProPilot X Calibre 115.

Ich stehe in der Oris-Boutique am Rennweg in Zürich und trage eine VR-Brille, mit deren Hilfe ich die neueste Oris-Kreation inspiziere: „Die Uhr, in der am meisten von Oris steckt“, wie CEO Rolf Studer sagt. „Jedes vorherige Modell hat uns zu dieser Uhr geführt.“ Insbesondere aber die Oris Calibre 110. Ein Zeitmesser, entwickelt anlässlich des 110-jährigen Jubiläums: mit einem selbst entwickelten Uhrwerk, zehn Tagen Gangreserve, einer nicht linearen Gangreserveanzeige und einer kleinen Sekunde.

Anderes als ihre Vorgänger zeigt die ProPilot X – danke, Skelettierung – ihr Inneres. Hier bleibt nichts verborgen. Sogar das Federgehäuse auf 12 Uhr ist skelettiert, sodass man die verlängerte Hauptfeder sehen kann. Wird die Krone aufgezogen, ist zu erkennen, wie sich die Feder spannt, um dann wieder kontinuierlich zehn Tage Gangreserve zu liefern. Die skelettierten Brücken des Calibre 115 sind mattgrau, nicht poliert oder graviert. Selbst die Kanten sind nicht gefasst, sie wurden in ihrem natürlichen Zustand belassen.

Zu verdanken haben wir diese Uhr einer „Provokation meinerseits“, wie COO Beat Fischli erklärt. Oris war gerade mit dem Launch von Kaliber 112 befasst, als Fischli einen Oris-Mitarbeiter beauftragte, an einem freien Samstag an einer Skelettierung zu feilen. Das Ergebnis trug er wenig später unübersehbar an seinem Handgelenk. Die ersten Reaktionen waren verhalten. Doch schließlich wurde die Provokation doch Realität (und wir dürfen im September die größte Launch-Kampagne der Oris-Geschichte erwarten).

Die Zeit wurde gut genutzt: Mit der ProPilot X stellt Oris eine „dezidiert moderne Uhr“ (Rolf Studer) vor, „unsere Antwort auf den Vintage-Trend“, inklusive all der Oris-Tugenden. Und diese Tugenden gibt es, endlich, möchte man hinzufügen, offen gelegt. Besonders schön: der gemeinsame Paarlauf von Technik und Design. Lukas Bühlmann, Senior Product Designer Engineering: „Das Zifferblatt sollte mit dem Werk verschmelzen, Gehäuse und Werk als ein Objekt erscheinen, dessen unterschiedliche Ebenen ganz klar sichtbar werden.“