Kabarett

Lukas Resetarits und das Glück
Sein neuestes Programm mit dem Titel Glück hätte am 20. März, dem Weltglückstag, Premiere feiern sollen. Unglücklicherweise war Lukas Resetarits da erkrankt und die Premiere fand erst anfang April statt. Glück im Unglück: Es gibt noch weitere Termine. Einen davon in der Wiener Staatsoper.
von Franz J. Sauer, Fotos: Stadtsaal / Ernesto Gelles
Überhaupt ist das mit dem Glück ja so eine Sache, vor allem wenn dieser oftmals völlig verquer verwendete Begriff das Kabarettprogramm eines Routiniers wie Lukas Resetarits benamst. Was ist ein Glück? Dass einer wie der Resetarits mit 77 überhaupt noch spielt? Dass er Dinge beim Namen nennt, die andere bereits ins Ladl der Alltagsnormalitäten verbannt haben? Dass er rumgrantelt, sein eigenes Altgewordensein nicht nur thematisiert, sondern teilweise sogar ein bissl glorifiziert? Und dass es eigentlich völlig egal ist, was auf einem Plakat steht, das ein Resetarits-Programm ankündigt, weil man eh immer bloß pur Resetarits bekommt, egal was er als Aufhänger für seine wohlplatzierten Ausflüge ins Gedankenpotpourri eines Unzufriedenen benennt?


Lukas Resetarits ist unzufrieden, mit der Gesamtsituation. Eh immer schon, wie man weiß. Grundsätzlich hat sich wenig am Inhalt, an der Aufarbeitung und auch an der Beschaffenheit der Themen geändert, die der leidenschaftliche Solist seit über 40 Jahren auf Bühnen behandelt und freilegt. Aus jenen ungehobelten Steinblöcken, die einem der Zeitgeist halt so in den Lebensweg legt. Und die leider zu großen Teilen aus höchst toxischem Material bestehen, von dem ja auch einiges übrigbleibt, wenn Resetarits aus ihnen sein Programm geformt hat. Das, wenn man den Erklärungen aus dem Aktuellen Glauben schenkt, ja sowieso schon immer da drin war, so wie die Statue des David im Marmorblock, bevor der Künstler mit Hammer und Meißel daran ging, sie freizulegen.
Wahrlich, mit Glück oder Unglück im Konkreten hat das aktuellste Programm (das übrigens gemeinsam mit der genialen Kathrin Resetarits, zufällig Tochter des Lukas, entstand) von Resetarits wenig zu tun. Es kommt einem sogar so vor, als dient ihm das Glück bloß als Stichwort-Geber, am Anfang und nach der Pause. Weil mit irgendwas muss man ja schließlich anfangen. Weiter geht es dann wenig überraschend mit den großen Themen der Welt und des Lebens, die sich ja, ebenfalls bekanntlich, oft im Kleinen verfangen. So erkennt man plötzlich glasklar, dass die „druckvollen“ Werbekampagnen des „XXXXXXXXXXLutz“ (Resetarits) eigentlich und in Wirklichkeit ganz schön viel mit den Mars-Besiedelungsplänen des Elon Musk zu tun haben. Erfährt, dass Donald Trump erwägt, Kitzbühel ob des dort ansässigen, talentierten Friseurs als amerikanischen Bundesstaat zu annektieren. Und sehnt sich plötzlich fast schon körperlich nach jenen, schwarzweißen Tagen zurück, als ein junger Lukas für den Weg von der Schule in der Reinprechtsdorfer Straße nach Hause nach Favoriten gut einen halben Tag brauchen konnte, weil ihn seine Mutter ja wohl kaum per Handyortung tracken hätte können.


Nein, das neue Kabarettprogramm von Lukas Resetarits lässt einen nicht unbeschwert lachen, es schickt einen auch nicht glücklich wieder nach Hause. Zu schwer wiegen die leider allzu realen Themen, die sich zwar routiniert in erwachsene (und gut abgehangene) Schmähs verpacken lassen, aber dann doch irgendwie übrigbleiben und wieder mit nach Hause kommen, wenn der letzte Applaus verhallt ist. Umso mehr tut es gut, dass einem der alte Fuchs Resetarits auch ein paar Richtlinien zurechtrückt, an die man sich auch ausserhalb des Stadtsaales halten kann, wenn man möchte. Etwa, dass es nichts bringt, bei jeder Medienhysterie mitzumachen, weil der Journalist es schließlich immer und immer braucht, dass es „spannend bleibt“, auch wenn es sich dabei um Grauslichkeiten wie den Ukraine-Krieg handelt. Etwa, dass es nicht nur einem selbst ständig mehr und mehr auffällt, wie sehr Werbedruck manchmal weh tun kann.
Und schließlich, dass das Älterwerden an sich nicht nur beschwerliche, sondern auch erleichternde Seiten haben kann. Weil man zum Beispiel ziemlich viel und auch mit Freuden sitzen kann und darf, ohne dafür ein Gewaltverbrechen begangen haben zu müssen.


Aktuell ist Lukas Resetarits mit „Glück“ auf Tour durch Österreich, im Rahmen der „INTERMEZZO 2025″-Reihe tritt er am 9. Juli in der Wiener Staatsoper auf. Tickets für alle Events gibt es hier.