Stermann: Norbert Darabos und ich warten auf Erlösung

Dirk der Deutsche und Norbert der Burgenländer – beide bestensfalls KAGV, soll heißen: im Kriegsfall als Geisel verwendungsfähig.

Dirk der Deutsche und Norbert der Burgenländer – beide bestensfalls KAGV, soll heißen: im Kriegsfall als Geisel verwendungsfähig. Das prägt fürs Leben. Und deshalb versteht Herr Stermann – vermutlich als einziger –, warum Herr Darabos das Bundesheer abschaffen will.

Mehl, Ei, Panier. An diese Reihenfolge muss sich halten, wer ein gutes Wiener Schnitzel machen will. Wer mit der Panier beginnt und dem Mehl endet, wird sein Schnitzel nicht mal mehr im Schweinestall los. Schlatzig und grauslich wird’s. Aber MEP garantiert Erfolg.

Wir Esel brauchen solche Brücken und Abkürzungen machen das Leben leichter. Norbert Darabos und ich zum Beispiel waren beide nicht beim Heer, weil wir bei der Musterung gescheitert sind. Wir wollten beide hin, es war unser sehnlichster Wunsch, weil wir beide noch mit 18 mit Zinnsoldaten gespielt haben, aber wir waren körperlich ungeeignet und wurden beide als KAGV eingestuft. KAGV: im Kriegsfall als Geisel verwendungsfähig. Da kann man in der Bauerndisco in der Saturday Night bei der klassischen ATV-Braut nicht punkten.

 

Deutschland, Burgenland – alles gschert

 

„Du bist voll urbehindert, Oida. Ur. Bist du eine depperte Ziege, Oida? Wie bei der Heidi der Peter, der wos auf die Geiseln aufpasst?”„Nein, nicht Geissenpeter, Tara. Geisel. Gegen meinen eigenen Willen werd’ ich von meinen eigenen Leuten an den Feind ausgeliefert, obwohl der mich gar nicht will.” – „Ur oarg, Norbert. Und des haaßt KAGV? Oiso, nix mit Schnackseln, oder wie? Oarg. Ur. Pfoh.Ur. Ka Geschlechtsverkehr. Wie findst du mein Kleid? I find’s urgeil, am geilsten find ich, dass man meinen Arsch sieht.Schau, Jaqueline, der Norbert, muss mit Ziegen ficken, uroarg.” Das kränkt.
Gerade, wenn man von Land kommt. Vom Burgenland noch dazu. Deutschland, Burgenland, ich weiß wovon ich sprech’, alles letztlich doch gschert. Und dann steht man da im Praterdome und glotzt Tara und ihre Freundinnen an, wie sie für die coolen Bundesheerler an der Stange tanzen und Sätze sagen wie: „Ich nenn’ meine Brüste Babys, bei mir ist alles Baby. Und wenn ich tanz’, starren mich all die urcoolen Typen an und wollen, dass meine Babies rausfallen. Tun’s eh.”

 

Doktorspiele auf morallosem Terrain

 

Da nimmt man dann die Brille ab, von der man glaubt, sie mache einen cool, dabei waren’s doch nur Restposten beim Hartlauer und man wurde vom Verkäufer reingelegt. Alle sagen, dass die Brille deppert ausschaut, aber wir KAGVler haben irgendwo gelesen, dass Asiatinnen auf Männer mit Brille stehen, weil die Brille ein Symbol für Belesenheit sei und deshalb wirtschaftlichen Erfolg bedeutet. Bei Tara und ihren Freundinnen kann man mit der Brille nicht punkten und Belesenheit scheint auch kein Kriterium zu sein, um als Bettboy landen zu können.

 

„Lernen ist urfad. Ich kann auch ursuper Sachen machen, ohne Abschluss oder so. Ich überlege in die Medizin zu gehen, weil in der Medizin kann man auch urgut verdienen ohne Ausbildung.”

 

Bei so einem Satz ist man zwiegespalten. Ja, ihr Patient zu sein und von ihr untersucht zu werden, Doktorspiele auf morallosem Terrain, da rutscht die Brille auf der Nase vor feuchtem Verlangen ein wenig nach vorn. Doch was, wenn man ernstlich krank ist? Traut man Tara von ATV komplizierte Operationen am offenen Gehirn zu? Gerade ihr, die so erfolgreich darin ist, ihr eigenes Gehirn vor der Welt zu verstecken?

 

Norbert und ich warten auf Erlösung

 

Und dann legt sich im Praterdome ein halbnackter Bundesheerler mit Wochenendausgang und 10 Promille auf den Tanzboden und tut, als hätt er ein urologisches Problem und Tara kommt angesprungen und die Babys fallen heraus und auch Norbert sieht jetzt, ja, das mit dem Kleid stimmt, man sieht den Po wirklich sehr gut und der Bundesheerler packt die Tara und das ATV-Team begleitet beide aufs Damenklo. Und Norbert steht alleine da, nur einen anderen KAGVler wie mich an seiner Seite. Wir nicken uns zu. Jede Schlacht im Praterdome endet für uns in einer Niederlage. Und während alle anderen Domebesucher, Soldaten und Bräute, glücklich nebeneinander auf dem Parkplatz zwischen flachergelegten Autos sich selbst gegenseitig flachlegen und fröhlich ins Gebüsch speiben, warten Norbert und ich auf Erlösung und den Nachtbus.

 

„Wenn ich mal groß bin, werd ich Verteidigungsminister. Dann schaff ich denen ihr deppertes Heer ab.” Trotzig wirkt der Darabos. Die Hartlauerbrillengläser verschliert, sieht er eine Zukunft ohne Präsenzdienst.

 

In der Nacht buken und backten wir Wiener Schnitzel. Nicht MEP sondern PEM. Grauslich. Wir warfen’s den Schweinen am Praterdomeparkplatz zum Fraß vor.