Salzburger Albino-Kaviar: Luxus auf Weltniveau

Walter Grüll hat alles, was das (Luxus)-Herz begehrt! Von Heringssalat bis ein Doserl Fischeier um 15.000 Euro kann man sich in Salzburg alles abholen – auch die Russen wissen das schon.

Naja, eigentlich schmeckt’s ein bisserl erdig und sonst nach wenig. „Wart ein bisserl“, rät Walter Grüll und rührt ein wenig Salz unter die schwarzen Perlen. „Kaviar ohne Salz kennt kein Mensch“, freut sich der Salzburger Züchter, als auch wir erkennen, dass der eingesalzene Fischlaich halt doch eher den geschmacklichen Erwartungen entspricht. Der Grödiger kann sich solche Experimente leisten (auch wenn Sohn Patrick immer scherzhaft dazwischen ruft „Mein Erbe!“, wenn Grüll sen. zu großzügig Kaviar verteilt): Zu Spitzenzeiten entnimmt er 30 Stören die zwei Stränge mit Kaviar. Rund ein Achtel des Lebendgewichts machen die begehrten Eier aus, 300 Kilo schwere Fischexemplare wie Grülls „Haustiere“ Frieda und Friedolin, sind kein Seltenheit.

Entsprechend flexibel ist die 17 Mitarbeiter, darunter drei Securities mit scharfer Munition, umfassende Fischzucht heute. „Von 20 Gramm-Dosen bis 2,8 Kilo, was immer heute bestellt wird, können wir der Gastronomie auch liefern“, erzählt der seit drei Jahrzehnten als Fischzüchter aktive Walter Grüll. Eben erst hat wieder ein italienischer Kunde angerufen, doch selbst nach Russland, wo der Wildfang wie in allen Staaten praktisch gänzlich verboten wurde, exportieren die Salzburger.

Verhackert’s vom Stör

Elf Zuchten für Störe, praktisch alle dem Erhalt des Luxusprodukts Kaviar verschrieben, gibt es weltweit, die meisten Becken befinden sich aus Angst vor klimatischen Risiken in Hallen. „Das schmeckt man aber, die Fische und damit die Eier werden fetter“. Krülls Kaviar hingegen weist eine weiche Schale und den nussigen Geschmack auf, den private Kenner und Spitzengastronomen so schätzen. Die kleinste Dose ist ab 40 Euro bei Grülls zu haben, sie steht zwischen dem geräucherten Thunfisch, Heringssalaten und dem ebenfalls selbst entwickelten „Räucherfisch-Verhackerten“ im Fischlokal Al Pescatore in Grödig.
Denn abgehoben mögen andere Kaviarproduzenten agieren, Grüll redet genau so gerne über sein tägliches Mittagsgericht um neun Euro. Dabei kennt den Salzburger längst die Welt. Von den 27 Störarten, die es global gibt, tummeln sich in Salzburg und der weitaus größeren, an einem geheimen bayrischen Ort gelegenen Zucht zehn. Die teuersten Exemplare sind weiss und einzigartig, sogenannte Albino-Sterlets. Womit auch ihr Kaviar nicht schwarz, sondern satt gelb ausfällt. Der Weltmarktpreis liegt bei 65.000 Euro für das Kilo. Mehr als zwanzig Kilo kommen jährlich nicht in den Verkauf.

Ein Löfferl um 30 Euro

Während ich gerade rechne, was für die zwei Gramm auf dem Kaffeelöffel fällig wird, den Grüll zum Kosten reicht, erklärt er seinen entscheidenden Preisvorteil: „Bei uns kostet das Kilo 15.000 Euro“. Denn in seiner Freilandzucht vermehren sich die weißen Störe, während sie ansonsten kaum zu bekommen sind. Die Überfischung des stör-reichsten Gewässers, der Kaspischen See, hat dafür gesorgt, dass strengste Artenschutzbestimmungen angewandt werden. Selbst die Zuchtfische Grülls müssen ans Register gemeldet werden, jedes Mal, wenn Sohn Patrick einen tötet.

Denn in Grödig bekennt man sich zur postmortalen Entnahme des Kaviars. Anderswo werden die Fische betäubt, wieder vernäht (!) und erneut ausgesetzt. „Das halte ich für die deutlich quälerische Methode“, erklärt Patrick Grüll. Zumal die Tiere ohnehin zwölf bis 16 Jahre benötigen, um überhaupt geschlechtsreif zu werden. „Das ist in der Freilandzucht um sechs bis acht Jahre später der Fall als in den Hallen-Becken“.

Und schließlich gönnt man sich den an weiße Schokolade mit zartem Salzgeschmack erinnernden Albinokaviar abseits von Oligarch-Country auch nur alle Jubeljahre.