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Stermann: Basel X

In Basel wohnte ich unlängst im Hotel Basel. Der Name war gut zu merken, weil ich wusste, dass ich in Basel in einem Hotel wohnte, sodass ich auch betrunken heimfand. Trotzdem frage ich mich, ob sich die Hotelbesitzer genug Mühe bei der Namenswahl gegeben haben. Das Brainstorming dauerte wahrscheinlich zwei Sekunden oder, weil das Klischee der Schweizer Langsamkeit ja stimmt, vielleicht vier. Ob da eine Kreativagentur beauftragt war? Gut möglich.

Ein befreundeter Wirt erzählte mir, dass er vor Jahren einen neuen Club in Wien aufgemacht habe, in den Räumlichkeiten eines alten Clubs. Er beauftragte eine hoch bezahlten Innenarchitekten, der in Wien schon viele Räume ausgestattet hatte. Der Innenarchitekt sah sich den Raum bei einer Begehung an, verschwand und kam nach kurzer Zeit mit einer Zigarettenpackung wieder. Er stellte die Packung dekorativ auf den leeren Tresen und sagte: Passt. Jetzt ist es perfekt. Die Rechnung, die er stellte, ging weit über den Preis der Zigaretten hinaus.

Den besten Job der Welt hat der Artdirector vom Reclam-Verlag. „Wie gestalten wir das nächste Cover?“ „Gelb.“

Agenturleute sind sehr oft sehr merkwürdig. Ich habe immer wieder einmal als Werbesprecher gearbeitet. Da hört man dann von Kreativen Sätze wie: „Könnten Sie langsamer sprechen, aber so, dass es schneller klingt?“ Ich musste deshalb sehr lachen, als ich las, dass Martin Sorell, Chef der weltweit größten Werbeagentur WPP, findet, er sei jeden Penny seiner Gage wert. Im Jahr bekommt er 88 Millionen Euro. Ich gönn es ihm und hoffe, sein Kollege bei Reclam bekommt ähnlich viel. Auch die, denen der grandios inspirierte Name Hotel Basel eingefallen ist, sollen nicht darebn müssen, wenn es nach mir geht, sondern in Franken schwimmen. Schließlich sind es die Kunden, die glauben, diese Arbeit hätte Wert.

In der Nähe des Hotel Basel ist das Theater Basel. Auch ein ungewöhnlicher Name für ein Theater in Basel. Kein Wort, keine Idee zu viel. Ein Theater, noch dazu in Basel. Nennen wir es Theater Basel. Der örtliche Fußballclub heißt übrigens Fußballclub Basel, aber das haben Sie sich sicher schon gedacht. Kein Rapid, kein Austria vor dem Stadtnamen, nur ein Begriff, der umschreibt, was der Fußballclub ist, nämlich ein Fußballclub.

Vor Jahren hatte ich einmal die Idee, eine Werbeagentur zu gründen, mit dem schönen Namen Hirntod. Vielleicht gibt es die heute wirklich und sie arbeitet exklusiv für die Stadt Basel. Obwohl, wahrscheinlicher ist, dass sie Werbeagentur Basel heißt. Am Theater Basel hängt ein Schild mit der Aufschrift: „Das Besteigen des Theaterdaches ist verboten. Fehlbare werden unter Kostenfolge polizeilich verzeigt.“

Dieser Text stammt offensichtlich nicht von der hirntoten Werbeagentur Basel, sondern von einem kreativen Beamten. Minutenlang stand ich vor dem Schild und starrte auf die hübsche Wortschöpfung „verzeigt“. Bis ein Polizist kam und mich aufforderte, weiterzugehen. Er befürchtete scheinbar, dass ich das Schild stehlen wollte oder, auch auf die Gefahr hin, verzeigt zu werden, das Theaterdach besteigen würde. „Polizei Basel“ stand auf seiner Uniform.

Ich hielt eine Postkarte in der Hand, die ich meinen Liebsten in Wien geschrieben hatte. Also nutzte ich die Anwesenheit des Beamten und fragte ihn nach dem Weg zur Post. „Am Bahnhof Basel vorbei, und dann an der Universität Basel vorbei, dort ist die Post“, erklärte mir der freundliche Polizist und zeigte in die Richtung. „Danke, hoffentlich haben Sie sich nicht selbst gerade verzeigt“, sagte ich und musste lachen. Der Polizist sah mich hirntot an. Aber der Weg stimmte. Und kurz darauf stand ich vor der Post Basel.

Kolumniert seit Jahren im WIENER, heißt wöchentlich Österreich willkommen und ist erfolgreicher Autor.