Essen

Paniert und angeschmiert

Sarah Wetzlmayr

Das Schnitzelhaus neigt zwar nicht dazu, unsere Mägen zu überfordern, denn es liefert nach wie vor altbekannte Qualität. Allerdings strapazierte es unsere Nerven.

Es mag vielleicht die unfassbare Größe des Internets sein, die allein mit der Anzahl der darin befindlichen Katzenvideos die Vorstellungskraft des menschlichen Denkens sprengt. Dimensionen und Relationen sind nur noch schwer einschätzbar. Das Gucci-Sakko, das man im Super-Sale über eine bekannte Bestellplattform bezogen hat, sah am Modelkörper schneidig aus, schneidet beim tatsächlichen Anprobieren allerdings an mindestens zehn verschiedenen Stellen ein. Dabei hat man es doch eh schon eine Num- mer größer bestellt. Das Internet, dieser Dämon, der die Augen mit einem Schleier versieht, der sowohl Fremd- als auch Selbsteinschätzung unmöglich macht, tut dies vor allem, wenn es um die Vorstellung von Größen (man denke nur an die Porno-Industrie) geht. Es macht sie nicht länger einschätzbar und bedient sich damit einer geschickten Form der Lüge, die selbst den Baron Münchhausen vor Neid erblassen ließe. Diese hinterhältigen Eigenschaften der digitalen Welt machte sich auch eine grundsätzlich sehr solide anmutende kulinarische Institution zunutze – das Schnitzelhaus. Bei der Darstellung ihrer Produkte im Netz scheinen die dafür Verantwortlichen nämlich darauf zu setzen, dass man in gewissen Momenten des Lebens – wie dem einer verspäteten Mittagspause – mit meist vor Hunger getrübtem Blick und vernebeltem Verstand die Relation einer Summe von 6 Euro und dem tatsächlichen Wert von fünf Mini-Schnitzeln nicht mehr kalkulieren kann. So passiert es dann, dass man sich nach dem nägelkauenden Warten auf die Bestellung an fünf erst recht nur daumennagelgroßen Schnitzeln erfreuen muss, die – frei nach dem Oma-Spruch „da waren die Augen mal wieder größer als der Magen“ – die Augen vor Zorn anschwellen lassen, während der Magen sich selbst aufzuessen beginnt.