AKUT
GEORG DANZER – Was ich noch sagen wollte …
Der große österreichische Liedermacher ist am 21. Juni 2007 von uns gegangen. Mit Christian Becker, der ihn in den vergangen Jahren oft als Musiker, aber auch als Freund begleitete, führte Danzer noch im Mai 2007 eine E-Mail-Korrespondenz, zur Veröffentlichung im WIENER geplant, aber fernab von vorgegebenen Inhalten und thematischen Eingrenzungen. Schicksalhafterweise wurde dies der letzte Medienauftritt seines viel zu kurzen Lebens. Exakt zehn Jahre nach Georg Danzers Tod lassen wir hier ziemlich viele Weisheiten und -sagungen frisch aufleben, die der Mentor seinem Schützling mit auf den Weg gab.
von Christian Becker (Redaktion: Franz J. Sauer)
Ich lernte Georg als zurückhaltenden, jedoch von Anfang an nahbaren Menschen kennen. Zunächst nur beruflich und im Rahmen fachlicher Diskurse über Musik und Texte. Von ihm, von mir und von anderen. Dann wurde Georg zum Ratgeber fernab von Schulmeisterei, später zum Bekannten. Ab und zu durfte ich mit ihm auf einer Bühne stehen, ein Bubentraum ging in Erfüllung.
Zum Freund wurde Georg dann in Los Angeles. Ich hatte das Vergnügen, als Reise(beg)leiter im Rahmen seiner letzten Album-Produktion „Von Scheibbs bis Nebraska“ zu fungieren. Zahlreiche amüsante Gespräche, mexikanisches Bier, Steaks, Burger und mehr Gemeinsamkeiten, als ich vor der Abreise erahnte, sollten den Arbeitsaufenthalt zu einem Urlaub mutieren lassen. Obwohl ich doch schon zur nächsten Generation gehöre, waren wir uns einig … Weil das bei ihm wurscht war.
Ein intensiver Kontakt bis zuletzt war das Resultat dieser Zeit. Nach Medienberichten, die sich sensationsgeil um Krankengeschichten und viel zu wenig um die Kunst drehten, und einem „prämortalen Nachruf“ im Mai 07 bei der Amadeusverleihung fürs Lebenswerk von Laudator Christian Seiler, wollte der WIENER Georg eine Plattform bieten. Eine Plattform für ein ganz normales Gespräch zwischen Freunden. Ohne journalistische Vorgaben und aktuelle Pressefotos. „A Bauchg’schicht“ also. Ich hatte die Ehre, der Glückliche zu sein, an den herangetreten wurde. Mit einem Tonbandgerät wäre dies für uns unnatürlich gewesen. Da redet es sich nicht wie sonst. Also entstand kein „Interview“ , sondern die im Mai 07 abgehaltene E-Mail-Korrespondenz. Am 19. Juni 2007 haben Georg und ich uns auf die Veröffentlichung des vorliegenden Schriftverkehrs geeinigt. Alles andere ging dann leider viel zu rasch, zwei Tage später verstarb er … Was bleibt, ist die Erinnerung an einen herausragenden Menschen mit normalen Schwächen, aber vor allem Stärken und Talenten, die Georg für mich und für viele andere unsterblich machen.
DANZER: Was mich schon immer interessiert_ Welchen Zugang habt ihr Jungen eigentlich zur Moral?
BECKER: Ich bin in einer intakten Familie aufgewachsen, in der Moral selbstverständlich ist. Da ist es leichter, einen klaren Zugang zu haben. Moral kann man meiner Meinung nach nur vorgelebet bekommen. Wenn Junge nix außer Dummheiten und H.C. Straches vor Augen geführt bekommen, wo sollen sie es lernen? Zugang: zuhören, aufsaugen, lernen. Von den Richtigen.
DANZER: Wo engagiert ihr euch in euren Texten? Wer schreibt heute Lieder wie „Traurig aber wahr“? Ich meine, aus heutiger Sicht. Ich glaube auch, dass das keine Sau interessiert.
BECKER: Zahlreiche Kollegen meines Alters singen über Themen, die nicht nur leichte Kost und Gaudi sind. Von mir gibt es auch einige Lieder mit Engeagement, bei zweien davon hast du ja mitgewirkt. Lieder wie „Traurig aber wahr“ gibt es. Gehör müsste man ihnen mehr schenken.
DANZER: Wir leben in einer in ihrer vorgeblichen Verrücktheit (Life Ball) doch sehr normalen, platten, banalen Welt. Österreich spannt sich kulturell auf zwischen Ö1 und Ö3, zwei extremer Pole sind kaum vorstellbar. Hier das Elitäre, das Kluge, das wirklich Gescheite, zum Teil Gespreitzte, dort die Liebeslieder aus dne intenationalen Hitlisten und daziwschen das beliebige Geschwätz berufsjugendlicher ModeratorInnen. Man könnte das auch Vielfalt nennen.
Der „Amadeus“ feiert sich selbst, die Branche setzt eine kleine, typisch österreichsiche Duftmarke ab und denkt: „Jetz haben wir es auch so gemacht wie die Deutschen und die Amerikaner.“
BECKER: Vorgeblich verrückt stimmt. Ich frage mich auch, wie lange der inszenierte Spagat noch gut geht. Jeder frisst Sushi, wenn ihm die Burger zum Hals raushängen. In Wahrheit sitzt er am liebsten bei der Oma beim Backhendl. Die jungen Österreich werden auf Ö3 gespielt. Hurra. Aber Mundart soll bitte keiner singen. Spagat. Die Texte: oft platt und banal.
Der „Amadeus“ und ein Duft nach Betroffenheit in der Laudatio für dich liegen weit zurück … Gibt dir so etwas wie der „Amadeus“ was? Kleine Duftmarke hin oder her? Eine Ehre ist es doch allemal.
DANZER: Natürlich fühle ich mich durch die Verleihung des „Amadeus“ sehr wahrgenommen und angenommen, geliebt, eingehüllt in die Zuneigung der Kollegen und der Branche. Die kurzen, wenigen Worte meines Freundes und Managers Blacky Schwarz haben mich irgendwie sehr berührt.
Ob geehrt, ist eine andere Frage, was heißt schon geehrt, habe die Ehre, Ehre ist in diesem Zusammenhang ein eher abgelutschter Begriff, erinnert mich an Hans Moser, hat etwas seifig Wienerisches. Ich erwarte ja auch nicht, dass irgendwer mein Gsamtschaffen kennt. Man sollte die großen Werke kennen – wie z.B. „Ruhe vor dem Sturm“, die komplette Platte, oder „Atemzüge“, auch da die komplette CD. Angesprochen werde ich aber meistens auf „13 schmutzige Lieder“, sogar in Köln versichern mir heimwehkranke Wiener, daß sie diese Platte durch den Tag bringt. Ist mir auch recht. Der „Amadeus“ ist ein Medienereignis geworden, wie nahezu alles zum Medienereignis wird, wenn die Medien glauben, dass es Verkaufszahlen und Quote bringt. Auch Gespräche auf der Toilette, durch die Wand geführt, lassen sich vermutlich hypen. Wenn man die Nebengeräusche ausfiltert …
BECKER: Wobei die Geräusche auf dem Häusl oft interessanter, charmanter und anspruchsvoller sind als manche Story in den Medien …
DANZER: Ich glaube, da ist ein Vergleich unzulässig. Die Quellen sind zu verschieden …
BECKER: Übrigens: Schmutzig hoch 13, dann wieder ernsthaft. Wann schreibt der Danzer welche Art von Liedern?
DANZER: Ich schreibe meistens Lieder, weil ich’s ganz einfach kann und nach so langer Zeit das Handwerk beherrsche – zum Beispiel, wenn ich jetzt Auftragsarbeiten für Karlheinz Hackl schreibe. Her mit dem Thema und in in zwei Stunden ist das Werk vollbracht. Das ist total easy.
Manchmal fliegt mir aber auch ein Lied zu wie vom Heiligen Geist geschickt. Dann ist das wie eine Eingebung. Ich pflege ja nicht in Kirchenbänken oder vor Altären zu knien, aber so ein Gefühl ist das dann in etwa. „A klana Bua im Winter“ ist beispielsweise so ein Lied. Plötzlich war es da, wie der Wind, von dem man auch nicht weiß, wann er eigentlich begonnen hat, zu wehen. Ich bin Agnostiker, was Gott und Religionen anlangt, und lege, was den zwischenmenschlichen Bereich angeht, großen Wert auf Selbstironie. Zappa sagte einmal: „Für mich ist jeder ein Arschloch, solange er mir nicht das Gegenteil beweist.“ Ich würde sagen: „Für mich ist erst mal jeder kein Arschloch, solange er mir nicht das Gegenteil beweist, aber vielen gelingt es leider innerhalb kurzer Zeit, mir dieses Gegenteil zu beweisen …“
Vielleicht liegt da der Unterschied zwischen Zynismus und Ironie. Ich weiß nicht, ob ich von mir sagen kann, dass ich die Menschen liebe. Aber fähig zur Liebe bei Einzelnen, die mir sehr nahestehen, bin ich durchaus. (Hier macht dieses Wörtchen „durchaus“ endlich einmal Sinn.)
BECKER: Durchaus liest sich wie Durchhaus. So etwas Ähnliches stellt man für viele ja dar, wenn man ein Prominenter ist. Jeder will durch das leben der Persönlichkeit latschen und sich seinen Teil abzwicken, einverleiben oder sonst was. Sind da diejenigen anzusiedeln, die schnell das gegenteil beweisen, eben doch ein Arschloch zu sein? Hast du beruflihc mehr und mehr Vertrauen durch Kontrolle ersetzt, um den Job auszuhalten, oder regen dich mnache Dinge weniger auf? Gewinnt man durch Ironie oder durch Zynismus?
DANZER: Eine Gesellschaft besteht zu 90 Prozent aus Mehl und zu 10 Prozent aus Hefe. Nichts geht, wenn nur das eine vorhanden ist. Primitiv gesprochen könnte man das heute zum Teil als das Publikum und die Prominenten darstellen. Seitenblickegesellschaft. Menschen wie ich gehören eindeutig zur Hefe, wir bewegen was, wir bringen die Sache zum „Gehen“. Die Unscheinbarkeit des eigenen Daseins auf der anderen Seite führt zu Minderwertigkeitskomplexen oder zu Größenwahn, oder zu beidem, miteinander gepaart.
Früher war die Diszanz zwischen Künstlern – so sie erfolgreich waren und für, was weiß ich, die Medici gearbeitet haben, wie Michelangelo – und dem gemeinen Volk ziemlich groß. Heute hat das „Volk“ Zutritt zu Fernsehsendungen, in denen es sch breit und wichtig mahcen kann, wie Andy Warhol schon sagte, „heroes for one day“. Was Picasso konnte, kaun mei Bua a … Des bissl Lieadaschreibn, waun i so a Glück ghabt hätt wie der und der …
Es hat sich alles verschoben, und ich weiß nicht, ob das so gut ist. Es herrscht eine gewisse Häme a priori, die Leute freuen sich, wenn es wen, der eh nur durch Zufall und Beziehungen an die Spitze gekommen ist, so richtig auf di Goschen haut. Das sieht man bei Britney genauso wie bei Raini (anm.: Rainhard Fendrich, zu dieser Zeit von einem öffentlichen „Koks“-Skandal gebeutelt).
Erst werden die Stars gemacht, dann wieder zerstört. Dann wird gelästert auf Ö3. Im Grunde ein reiner Infantilismus, in dem sich unserer Gesellschaft offenbar gerne suhlt. Außerdem, man muss sich ja fragen, was sind die Kriterien eines Arschlochs, davon abgesehen, dass das Wort ein Schimpfwort ist, was bezeichnet es charakterlich?
Ich habe im inneren Bereich niemals Kontrolle statt Vertrauen eingesetzt, das wäre furchtbar, als mieselsüchtiger Misstrauling alle zu bespitzeln. Aber natürlich, Kontrolle ist im äußeren Bereich wichtig und notwendig.
Und Zynismus siegt nie, verliert immer, vergiftet innerlich und äußerlich. Ironie kann eine interne Selbsthilfe sein. Außerdem: Was heißt Job aushalten? Wenn es nur darum geht, hört man besser auf, in jedem Job. Aushalten ist ein schreckliches Wort. Tatsächlich regen mich manche Dinge nicht mehr so auf, das ist auch gut so.
Nachsatz: Das Problem ist, dass das Mehl heutzutage gern die Hefe wäre, was dabei rauskommt, ist viel warme Luft. Keine Substanz, nur Ungereimtheiten und Halbwahrheiten, Gier und Eitelkeit, seit Nestroy hat sich da nicht viel geändert, die Nemesis geht um …
BECKER: Der Vorteil ist, dass es zu Nestroys Zeiten manche Blätter noch nicht gab. Die Nemesis konnte sich nicht so schnell ausbreiten. Heute: Skandal. Ab ins Netz damit. Varhols „famous for 15 Minuters“ ist heute quasi ein „famous in 15 seconds“. Die Menschen konnten schon seit jeher Viecherln sein, aber das Futter zu beschaffen, war früher schwerer.
Die Viecherln, die den Großteil der Erdbevölkerung darstellen, sind wahlberechtigt. Die können leider zwischen Ironie und Zynismus nicht unterscheiden.
Dafür darf man ja bei uns mit 16 wählen. Trinken nicht. Wegen Koma. Obwohl unsere gewählten Zyniker offenbar einige Koma-Saufgelage hinter sich haben. Gehirnzellen-technisch gesehen. Was Wahlversprechen betrifft. Und Ortstaferln. Hat mir gut gefallen, dass der Gusi zum Jörgi reist und weiterverhandelt. An einem Tag, an dem Herr Putin in Wien ist. Unauffällig. Zynismus? Hast du mit 30 politisch etwas bewegen wollen und inwieweit kann einem das mit Liedern gelingen? Oder bewegt die Politik die Lieder? Wie momentan das Lied von Pink – „Dear Mr. President“ …
DANZER: Also der Großteil der Erdbevölkerung lebt nicht in Demokratien, die nagen am Hungertuch oder werden ausgerottet, da ist nix mit Wählen und Wahlberechtigung, Analphabeten, Kindersoldaten oder wahnwitzie Chinesen, die ihr bisschen Hab und Gut an der Börse verspekulieren. Wir reden von den so genannten westlichen Industrienationen. Sollen sie mit 16 wählen, vielleicht wird dann ja Andy Knoll Minster für ich weiß nicht was. Barbara Stöckl im Familienministerium könnte ich mir gut vorstellen.
Das Lied von Pink nützt politisch gar nichts, es verkauft und nützt Pink und der Company. Bush spielt immer noch ein paar Ligen höher, der ist nur politisch zu entfernen. Glaubst du, „Imagine“ hat was politisch verändert? Und Lennon war ein anderes Kaliber als Pink. Natürlich wollte ich die Welt verändern mit 30. Vielleicht haben wir damals Zwentendorf mitverhindert? Aber die Arnen haben wir nicht gerettet. Die Jugend will immer das anscheinend Unmögliche durchsetzen, und das ist auch gut und richtig so, sonst bewegt sich nichts.
Dass Gusenbauer eine Enttäuschung sein würde, hatte ich schon geahnt. Trotzdem bin ich froh, dass wir nun eine Regierung haben, in der die Roten mitmachen. Es ist nicht leicht in einem Land wie Österreich, Politik zu betreiben, es ist alles so verschwommen und verwaschen, so kompromisslerisch und auch verlogen. Es werden keine Konsequenzen gezogen und Tatsachen werden einfach negiert. Der Alltagsrassismus, der Alltagsfaschismus usw. Das alles fällt einem erst wieder auf, wenn man längere Zeit im Ausland war. Die Macht der Kronen Zeitung ist unglaublich, so etwas gibt es weltweit kein zweites Mal, die Auflagenstärke und die Leserzahl prozentual an der Einwohnerzahl gemessen.
BECKER: Ich will hier nicht über Leben, Tod, Gesundheit und Krankheit mit dir sprechen. Doch würde ich aber gerne wissen, was die wesentlichen Dinge in einer Ausnahmesituation wie deiner sind (die für viele beinharter Alltag ist). Gibe es Anliegen und Wünsche, die es vor zum Beispiel fünf Jahren nicht gegeben hat? Weil man intensiver lebt und denkt?
DANZER: Es ist beides, eine Ausnahmesituation und beinharter Alltag. Für jeden, den es trifft. Ich denke, das größte „Ärgernis“ besteht darin, dass man an Kraft verliert. Es ist deprimierend, wenn man körperliche Leistungen nicht mehr schafft, wenn man vergleicht, wie fit man noch vor kurzer Zeit war. Ich glaube nicht, das man deshalb intensiver lebt und dnekt. Und dann ist da noch das Problem der Schmerzen, die man in den Griff bekommen muß. Alles Dinge, die für einen normalen, gesunden Durchscnittsmenschen völlig unerheblich sind. Man flüchtet sich in die Arbeit. Wenn die Stimme nicht mehr mitmacht, dann nur noch ins Liederschreiben. Mit gewissem Interesse verfolge ich die Ereignisse in Rostock. Ich bin gespannt, ob das G8-Treffen den Aufwand lohnt.
BECKER: Man könnte aber als gesunder Durchschnittsmensch lernen, ohne den Bezug zur Realität zu verlieren. Man kann zum Beispiel über die Gesundheit nachdenken, die Tschik wegschmeißen und etwas für sich tun. Leider braucht man da zumeist ein Ereignis, das einen aufweckt. Also hat jeder seine Funktion. Wenn es nicht das Singen ist, dann halt das Liederschreiben und damit vielleciht zum Aufwachen und Nachdenken animieren.
G8? Sind das die, die schon 2005 Versprechungen an Afrika gemacht haben, die sie bis 2010 einlösen? Die, die gegen CO2 2007 etwas tun? Weit weg von Kyoto, damit der reiche Onkel aus Amerika auch einem unterschreiben kann? Mir ist die U6 oder das U4 lieber. Irgendwie näher an der Realität.
DANZER: Ich fürchte, das ist alles nur gut gemeint. Ein Gesunder denkt selten darüber nach, wie wertvoll die Gesundheit ist. Jemand, der wild und ungezügelt lebt, denkt nicht darüber nach, welche Konsequenzen das später vielleicht haben mag. „Live fast, die young.“ Wer hätte mit dreißig je gedacht, dass er mit sechzig Lungenkrebs bekommen würde? Wir leben alle in der Gegenwart. Wenn jemand wie du sieht, wie es einem wie mir geht, dann allerdings kann er daraus was lernen und sein Leben ändern. Das glaube ich schon.
Und was den G8-Gipfel betrifft, meine Sympathie liegt unzweifelhaft auf Seiten der Organisation Attac, die diesen Gipfel vor Ort mit friedlichen Mitteln in Frage stellt. Man sollte es sich nicht so leicht machen wie unser Herr Grasser (ehemaliger Finanzminister und G8-Befürworter ohne Wenn und Aber) bei Sabine Christiansen. Man sollte sich solche Sendungen ansehen, statt das schlechte ORF-Programm.
BECKER: Schlecht? Ja, „Mitten im G8en“ könnte der ORF ja bringen. Who the fuck is Grasser? Nicht alles, was schön ist, ist auch gut. Maiglöckerl sind a giftig.
„Live fast, die young.“ Das sucht sich eh jeder aus. Auch ich lass oft (fast) nix aus. Wichtig ist: manchmal statt immer. Die Gegenwart ist momentan so mächtig. Die Vergangenheit ist schnell vorbei, oft vergessen. Die Zukunft gibt es noch nicht. Was wäre und ist dein sehnlichster Wunsch für die Zukunft?
DANZER: Was für eine Frage! Mein sehnlichster Wunsch. Ich möchte wieder gesund sein, diese Krankheit loswerden, völlig wiederhergestellt sein.
BECKER: Klar, das meinte ich aber nicht. Ich meinte all das, was auch dein Wunsch wäre, wenn man die Krankheit mal beiseite lässt. Vielleicht Visionen …
DANZER: Was das angeht, sind meine Visionen sehr diffus. Ich frage mich, ob es in Österreich jemals so was wie Eminem geben könnte. Wahrscheinlich gäbe es so jemanden, aber ich bin sicher, die Medien würden alles tun, um ihn oder sie nicht hochkommen zu lassen. Im Moment wird Deutschland geklont.
BECKER: Der müsste dann in unserer Landessprache etwas zum Ausdruck bringen. Zum Ausdruck nämlich! Man muss aber berlinesk klingen und Umsatz bringen, nicht Inhalt und Identität. Einem hiesigen Eminem müsste man ja erst ordentliche Rahmenbedingungen für seine Arbeit schaffen., Es gibt zwar kelien Labels und Künstler, die sich jedoch Werbezeiten nach Castingshows und Tanzbewerben nicht leisten können. Aber was soll’s. Ned jammern, lieber, wie gesagt, „unmögliche Ziele verfolgen“!
DANZER: Lieber Christian, ich denke wir beenden unsere Mail-Korrespondenz. Es war wirklich interessant, jemandes Meinung zu so vielen Themen zu hören, der 30 Jahre jünger ist als ich. Hat Spaß gemacht. Glück auf!
BECKER: Lieber Georg, recht so. Vielleicht interessiert es ja auch irgendwjemanden. Mal sehen. Danke für die Unterhaltung. Mach’s gut einstweilen.