AKUT

Diese Woche hassen wir: #soberoctober

Sarah Wetzlmayr

…oder eigentlich all diese Hashtags im Allgemeinen, die einem vorschreiben wollen, wie man zu leben hat wenn man ein erfülltes Leben – also eines mit gut gefülltem Insta-Account haben möchte.

Zumindest aus Filmen sollte bekannt sein, dass Psychologen und Psychotherapeuten ihren Patienten und Klienten stets empfehlen Dinge klar und deutlich aufzuschreiben. Das ist wichtig um sich die aktuelle Situation einfacher vergegenwärtigen zu können und sie damit ein Stück von sich selbst weg zu rücken. Die Netz-Generation, oft auch sanft euphemisierend Digital Natives genannt, tut, in einer etwas abgewandelten und angepassten Version genau dasselbe: Ganz allein durch die hübsche Verpackung ihres momentanen Zustands in Hashtags, wissen sie wie sie sich aktuell fühlen. Sie tun das aber nicht weil eine nette Dame in Hornbrillen ihnen genau das gesagt hat, sondern weil es ihnen Netz und diverse Insta-Algorithmen das so vorgeben. Instagram als Therapeut – klingt zumindest deutlich günstiger und frei von Stress mit der Gebietskrankenkasse.

Das funktionierte schon mit Yoga, mit gesundem Essen und mit diversen Fußabdrücken ganz gut. Ernüchternderweise auch mit Alkohol, denn #soberoctober ist voll im Gange und feiert einen nüchternen, gesunden Lifestyle genau dort wo man sich am einfachsten als nüchterner, gesunder Mensch selbst erfinden kann – auf Instagram. Gerade noch ein Partyfoto mit den Augen auf Halbmast und einer fettigen Strähne mitten durchs Gesicht gepostet, zeigt man sich ein Foto später von einer ganz anderen Seite: Nicht mehr zu, auch nicht die Augen, sondern alles offen – auch die Augen, die zukunftshungrig in die Ferne schauen. Prinzipiell ist das ja alles so schlecht gar nicht, denn der #soberoctober oder auch #octsober entsprechen eigentlich einer australischen Kampagne, die Kinder vor Alkohol- und Drogenmissbrauch schützen soll. Daran kann man nichts schlecht reden. Auch daran nicht, dass man mal andenken könnte etwas weniger zu trinken  – vor allem dann, wenn man beginnt, alle Pläne für die Woche rund um möglichen Alkoholkonsum zu konstruieren.Vielleicht täte es aber all den Klienten des großen Psychotherapeuten Internet ganz gut, bei solchen Entscheidungen auf sich selbst zu hören und nicht darauf was Micro- oder Micromicro-Influencer gerade als ihrem Lebensstil angemessen erachten. Man könnte ja wieder einen Hashtag daraus machen – so etwas wie #höraufdeineleber. Aber dann kommt man da halt niemals raus. Vielleicht einfach: Weniger trinken. Oder zumindest: Weniger oft.

Topless Tuesday… Bicep’s pending. ?? #backinthegym #soberoctober ? by @bcharlesjohnson

A post shared by Jordan Grace (@jordangrace1) on

Pres and I are doing Octsober. Last night we drank water with our dinner and it was awful ??? 1 day down-30 to go #nobeersforus #octsober

A post shared by wax✚tan✚brows. Byron✚Ballina (@bewaxedandtannedbyronbay) on

Foto Header © Getty Images