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Diese Woche hassen wir: Menschen, die Menschen hassen die nicht abheben

Sarah Wetzlmayr

Wenn ich irgendeine Art von Label verdient habe, dann ist das „Unerreicht in Österreich“. Und ich werde es weiterhin kultivieren. 

„Unerreicht in Österreich“ ist ein bekannter Werbeslogan, der auf mich genauso zutrifft wie auf ebenjenen Fachhandel. Ich hebe nämlich nur sehr ungern ab, wenn es bei mir klingelt – wofür ich in regelmäßigen Abständen kiloweise Spott, Hohn und auch Ärger ernte. Man muss schließlich immer erreichbar sein – Erreichbarkeit ist ein Gütesiegel für angemessenes soziales Verhalten. Nun ist es aber so, dass man sich ohnehin in so vielen Lebensbereichen sozial angemessen verhalten muss – beispielsweise kann ich nicht einfach Tschick kaufen gehen ohne dafür zu zahlen oder stattdessen einfach mit einem alten Pullover bezahlen. Auch wenn ich gerne würde. Ab und zu nicht abzuheben eröffnet mir eine kleine Nische von der aus ich properes Sozialverhalten mit beinahe einem Minus an Energieaufwand unterwandern kann.

Dieser Akt der Mini-Rebellion ist allerdings nicht der einzige Grund gegen meine Klingel-Resistenz. Meistens ist es schließlich so, dass Mama („Hast du heut was Gscheid’s gegessen?“) oder Oma („Wann kommst denn wieder?“) in den unpassendsten Momenten anrufen. Nämlich meistens dann, wenn man eigentlich gar nicht abheben kann. Stimmt nicht ganz – natürlich könnte man, doch ist den besten Freund zu unterbrechen, wenn er dir gerade zum ersten Mal in 10 Jahren Freundschaft sein Herz ausschüttet, wirklich weniger unhöflich als ein „Hast du heut was Gscheid’s gegessen“ abzuwehren? Ich finde eigentlich nicht. Deshalb kultiviere ich meine Unerreichbarkeit – ganz gleich ob manche mir dafür verachten oder als Sozialfall  mittleren Grades einstufen. Ich werde jedenfalls bei diesem Fachhandel mal nachfragen, wie sie es geschafft haben ihre Unerreichbarkeit als ihr Markenzeichen zu verkaufen.

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