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Artur Worseg trifft Manfred Rebhandl – Verdicken und verlängern
Artur Worseg, der berühmte Herr Doktor, ist nach einem langen Arbeitstag gut gelaunt. Er hat gerade ein Buch herausgebracht, das sehr gut läuft, und die Ordination ist gut gebucht. Nach 25 Jahren Arbeit am Körper weiß er alles über die Seelen der Menschen …
Datum: 29. März 2019, 19 h
Ort: Privatklinik Währing, 1180 Wien
Interview: Manfred Rebhandl
Fotos: Maximilian Lottmann
WIENER: Grüß Sie, Herr Worseg. Wir sind vom Männermagazin.
Worseg: Sehr gut.
Wir müssen also heute schon auch ein bisserl deppert reden, wenn wir von Schönheitschirurgie sprechen.
Ja ja, klar. Machen wir. Aber dann machen wir die Tür zu.
Sie waren in einem Knabenkonvikt. Da fängt man als Heranwachsender zwangsläufig an, viel an Fleisch zu denken?
Dort hab ich wirklich viel an Fleisch gedacht, ja.
Ist dann am Wochenende, wenn sie alleine in Wien bleiben mussten, ein bisserl verlockendes Fleisch hineingekommen ins Konvikt?
(lacht) Ich bin hinausgegangen zum „Fleisch“.
Dort haben Sie Ihre Leidenschaft entdeckt und in der Folge den Traumberuf vieler junger Männer ergriffen?
(lacht) Das wird halt assoziiert mit schnellem Geld, schönen Frauen, schönen Autos. Das ist das Klischeebild.
Und alle Klischees stimmen.
(lacht) Na ja, eh.
Sie durften dann auch der jungen Tara auf ATV neue „Pornotöpf“ machen?
Nein, das war der Knabl. Ich war der mit der Haller, weißt eh, der die Haller gemacht hat.
Wen?
Die Wahrsagerin..
Kenn ich nicht. Ist sie gut geworden?
Ich war zufrieden.
Und sie?
Hoffentlich auch. (lacht)
Haben Sie was „Großes“ gemacht bei ihr?
Na, die Haller ist ja schon älter, die hab ich eher kleiner und weiter nach oben gemacht.
Wir reden jetzt von den „Töpf“?
Von den Töpf?
Brüste heißen ja in der Branche Töpf, oder?
Keine Ahnung. Kommt das von mir?
Zu ihnen kommt keine und will Töpf?
Nein. Ich kenn das nur aus der Steiermark, dass die zu den Brüsten Töpf sagen, ich sag es nicht.
Was haben Sie heute schon alles gemacht außer „Töpf“?
Heute gar keine Töpf, nur Ordi. Gestern hab ich operiert, morgen werd ich operieren, übermorgen werd ich operieren.
Samstag und Sonntag werden Sie operieren?
Durch die Bank, non-stop. Ich weiß nicht, morgen 12 oder 13 OPs.
Ich sehe Ihnen eine gewisse Müdigkeit an. So geil ist der Job also doch nicht?
Müdigkeit stellt sich ein, sobald die Mitarbeiter am Abend draußen weg sind …
Dann entspannt man sich und wird müde?
Genau. In dem Moment, wo’s los geht, bin ich voll da. Aber wenn’s aus ist, ist’s aus.
Das ist dann fast ein bisserl wie Leistungssport, Ihr Operieren?
Nicht körperlich, aber kopfmäßig.
Wir beschäftigen uns im Heft mit „Fleisch“. War das eine gute Idee der Evolution, den Köper mit „Fleisch“ zusammenzuhalten?
Wenn’s hängt und schwach wird, ist es grundsätzlich schlecht für Mann und Frau. Die Frauen tun sich da leichter, weil die können sich, was hängt, wieder hinaufheben lassen, straffen, vergrößern. Anderes Fleisch, das schlaff wird und hängt, ist weniger leicht zum Hinaufbringen.
Wir sind also beim Gammelfleisch der Evolution, dem männlichen Penis. Wie hoch ist der Anteil von Männern, die deswegen zu Ihnen kommen?
20 bis 25 %
Mit dem klassischen Penisverlängerungswunsch? Man liest häufig, wir Männer hätten durch den übertriebenen Konsum von Pornos ein falsches Bild davon, wie ein Schniedl beschaffen sein müsste.
Na ja, das. Und das andere sind die Fitnessclubs, die Duschen, die Sauna, das höre ich immer wieder.
Dort entwickelt der Mann eine spezielle Form des Penisneides? Der andere schlägt nicht nur beim Tennis härter auf, sondern hat auch den größeren?
Wenn du was anderes siehst, was Größeres, dann fühlst du dich halt selber schlechter.
Können Sie uns vielleicht endlich sagen, wie groß er sein muss?
Es gibt eine „Idealgröße“, sowohl was die Länge als auch den Umfang betrifft, aber ich weiß sie jetzt nicht.
Was kann man also tun? Die klassische Penisverlängerung, wie sie einem im Internet auf jeder Pornoseite nahegelegt wird?
Hab ich früher viel gemacht, heute nicht mehr so viele. Ich habe heute Urologen hier in meinem Spital, die sich nur auf das spezialisiert haben, und ich schwöre dir, die sind ausgebucht auf ewig und operieren hier drei Tage in der Woche.
Da wird der Penis rausgezogen? Oder wie funktioniert es?
Na, aussaziehen tust da nichts. Du kannst ein paar Bänder lösen, aber was sehr häufig gemacht wird: Der Penis wird verdickt oder geradegestellt. Viele Penisse haben einen Knick drinnen, das taugt den Leuten nicht. Also verdicken, geradestellen, verlängern …
… Die Dreifaltigkeit der Penischirurgie. Verdickt wird mit was? Mit Botox?
(lacht) Nein, das würde den gegenteiligen Effekt erzielen. Verdickt wird mit Eigenfett. Das wird aus dem eigenen Körper abgesaugt und reingespritzt, funktioniert ganz gut.
Halbes Kilo?
Na, aber so, dass man halt wirklich was sieht.
Ist das leistbar für einen durchschnittlichen Installateur?
Für den vielleicht weniger, aber so ab 3 bis 4000 sind Sie dabei. Das ist ja eine richtige Operation und muss sehr sauber gemacht werden, du kannst das nicht einfach so im Vorbeigehen reinspritzen.
Bei den Frauen kommen die Männer oft mit und haben „Ideen“ – umgekehrt auch?
Natürlich.
Wer ist im Gespräch gehemmter? Männer oder Frauen?
Die Männer sind gehemmter. Die Männer haben schon ein Problem, aber irgendwie ist es ihnen auch wieder wurscht dann. Für einen Mann muss der Körper funktionieren, egal wie. Dadurch wird der Körper oft zum eigenen Feind. Für eine Frau hingegen ist ihr Körper ihre Identität, das ist ein Riesenunterschied. Also wenn wir schon so männermagazinmäßig reden, dann schaut es so aus: Wenn im Bett nichts mehr geht, dann ist für den Mann die Frau schuld und er sucht sich eine andere. Für die Frau ist auch die Frau schuld, aber sie sucht sich keinen anderen, sondern denkt sich, es ist wegen meinem Busen oder meinem Hintern.
Gut oder schlecht?
Für den Mann gut, für die Frau schlecht. Die Frauen zweifeln, kommen zu mir und glauben, wenn sie irgendwas verändern, dann will der Mann wieder …
Was Sie in Ihrem Buch ja abstreiten, dass Schönheitsoperationen zu einem wieder besseren Sexleben führen.
Das geht nicht, der kommt nicht zurück, der hat längst eine andere oder halt einfach keine Lust. Es ist manchmal natürlich traurig. Wenn Frauen älter werden und er hat eine jüngere Freundin mit einem großen Busen, dann kommen die zu mir und sagen: Ich will auch einen großen Busen. Aber dann sag ich: Auch mit einem größeren Busen geht sich das nicht mehr aus. Aber wenn sich jemand Schmerzen aussetzt und den Risiken einer Operation, dann sieht man, wie groß der Druck ist.
Der Eröffnungssatz lautet oft: Schauen Sie mich an, was würden Sie machen?
Das ist die unangenehmste Frage. So geht das Spiel aber nicht, sag ich dann immer. Das geht umgekehrt.
Sie drücken, zerren, ziehen an den Frauen herum und ertasten über die Haut „die Seele“?
Du spürst sehr vieles. Du spürst aber auch schon sehr viel, wenn du jemandem gegenübersitzt, so wie wir.
Großes Thema Gewicht: Früher sagte man oft: Viel Arsch, viel Freude …
Das ist immer noch so. Das höre ich immer wieder auch von Frauen, die mit dem Gewicht unzufrieden sind, aber der Mann mag die Dünnen gar nicht, sondern eh sie, weil er ein bisserl was in der Hand hat.
Trotzdem weist die Statistik als dritthäufigsten Grund für Verspätungen in der New Yorker U-Bahn Frauen aus, die wegen ihrer Diät in Ohnmacht fallen.
Internet, Selfies, Selbstwahrnehmung, der Druck steigt.
Vor allem auch bei jungen Frauen. Die klassische Brustvergrößererin ist jung und solo?
Oder gerade in Trennung. Es gibt Studien, dass Frauen mit Brustvergrößerung eine deutliche höhere Scheidungsrate haben. Wobei Brustvergrößerung nicht Brustvergrößerung ist. Diese junge 20-Jährige von B auf C oder B auf D …
Das ist die Jennifer aus der Vorstadt?
Genau. Die hat dann drei Wochen überlegt und ist dann auch öfter unzufrieden. Wenn aber eine Frau nach der Schwangerschaft kommt und lässt sich die Brüste auffüllen, dann ist das etwas anderes. Sie hat länger überlegt und weiß, was sie tut.
Die Innenstadt-Osteuropäerin ist so, wie wir Vorstadtbuben sie uns vorstellen?
(lacht) Die haben schon ein sehr ausgeprägtes Schönheitsideal, die konkurrieren untereinander auch stark, und bei denen darfst du dann entsprechend auch etwas
sehen, wenn sie was gemacht haben …
Dicke Lippen, dicke Brüste, dicke Wangen.
Genau, die zeigen das auch. „Je natürlicher, desto besser“ spielt es bei denen nicht, das Natürliche kommt eher schlecht.
Und er zahlt?
Die Rollenverteilung ist klassisch, ja. Sie spielen Fraulichkeit aus, um bei ihm Dinge zu erreichen, und das passt auch so (lacht). Es gehören ja immer zwei dazu.
Sie haben sicher auch schon die eine oder andere Oligarchengattin operiert, was ist das für eine Welt?
Villen, Hubschrauber am Dach, alles pipifein (lacht). Ich kann mich erinnern, einmal außerhalb von Kiew, alles wunderschön, da hab ich meinen Buben mitgehabt. Wir sitzen dort am Pool, und der sagt: Papa ich will schwimmen. Na, zieh ich ihn aus und er hupft hinein, und alle feinen Herren ziehen auch ihre Anzüge aus und springen hinein, und dann siehst du ihre Tätowierungen und Einschusslöcher (lacht). Da glaubst du, du sitzt in der Pratersauna in den 70er-Jahren, der Bub hat sich ein bisserl gefürchtet.
Die bezahlen dann alle bar?
So geht das heute auch nicht mehr, das hat sich ein bisserl aufgehört. Die Russen haben das Geld zwar, aber sie kriegen es einfach nicht mehr raus, Bargeld schon gar nicht.
Wie hoch geht da Gage für eine OP?
Die geht da schon mal in die Zehntausende.
Wie operiert sich’s im Nahen Osten mit seinem ganz anderen Frauenbild?
Ganz eigenes Thema. Ich war früher viel in Dubai. Du bist natürlich nie alleine mit diesen Frauen, entweder der Gynäkologe ist mit dabei oder der Mann, also musst du unter ihrem Kleid mit den Händen das Bauchfleisch tasten. Einmal war ich im Hotel Intercont bei irgendwelchen Prinzessinnen, die dort den ganzen Stock gemietet haben, du kommst dort rein und die rennen da alle halbnackert herum, und du genierst dich, musst dir die Hand vor die Augen halten, denkst dir: Jössas.
Wird Ihnen auch manchmal angeboten, in Naturalien zu zahlen? Und ich rede jetzt nicht von einer Dose Kaviar.
Ja, sicher. Jetzt weniger, weil ich ja schon älter bin, aber früher war das natürlich schon ein Thema. Es gab ja eine gewisse Spannung zwischen Patientin und Arzt … (lacht). Das Klischee, sagen wir, ist nicht ganz falsch. Aber früher war früher, und jetzt ist jetzt.
Sie hatten also eine schöne Zeit?
Ja. Und jetzt hab ich auch eine mit meiner Frau und den Kindern.
Sie schreiben: Bis zu 40 % der Leute, die zu Ihnen kommen, zeigen psychische Auffälligkeiten wie z. B. Medikamentenmissbrauch. Wie weit ist ein vielbeschäftigter Arzt da selbst anfällig?
Na ja, schon. Man braucht ja nur weggehen am Abend. Früher waren die Lustigen irgendwelche Leute. Jetzt sind die Lustigsten meistens die Ärzte oder die Anwälte … (lacht)
Wie ist Ihr „Dauerpatient“ Richard Lugner, den Sie botoxen?
Der ist ein ganz ein feiner Kerl ohne jeder Auffälligkeit.
Haben Sie manchmal ein bisschen Angst wegen der psychischen Auffälligkeiten anderer Patienten?
Es gibt Leute, die sehr aggressiv sind. Entweder weil es nicht so geworden ist, wie sie es sich vorgestellt haben, oder noch viel schlimmer: Weil sie das Gefühl haben, du nimmst sie nicht ernst. Wenn da einer kommt, der was will – meist Männer -, und du sagst: Na, das geht nicht, dann gibt es welche, die richtig durchdrehen. Aber die meisten sind vorher schon auffällig, die sollte man gar nicht angreifen.
Kam auch schon mal einer, der seine Frau zurückgeben wollte, weil ihm die „Skulptur“ nicht gefallen hat?
Eine Zeit lang war es modern, die Jungfernhäutchen wieder zu rekonstruieren, das hat wieder ein bisserl aufgehört. Aber einmal ist so ein Häuptling hereingekommen und hat gefragt, ob ich das getan habe, und hat gedroht mit Mord und Totschlag, weil das in seiner Kultur ein Betrug ist, wenn du das Jungfernhäutchen rekonstruierst. Ich hab nachher gehört, dass der bei drei, vier anderen Plastikern auch war, weil er nicht gewusst hat, wo die das hat machen lassen …
Männermagazinfrage zwischendurch: Ist das die schönste Operation für einen Plastiker?
(lacht) Depp.
Dann holen wir Sie wieder runter: Wie schaut’s mit der Hygiene aus?
Man wundert sich oft, wie sehr die Leute etwas verändert haben wollen, und wie wenig sie sich gleichzeitig um ihre eigene Hygiene kümmern. Die Leute sind oft sehr „oberflächlich sauber“, sage ich mal.
Nasen sind das Wappen einer Familie?
Sie ist oft das Familienkennzeichen. Und wenn das verändert wird, ist das oft ein Verrat an der Familie.
Die Nase des Mannes ist wie sein Johannes? Wenn Sie auf seine Nase schauen, dann wissen Sie schon, was Sie in seiner Hose erwartet?
(lacht) Also ganz ehrlich: Ein Mann mit einer kleinen Nase …
Sie haben einen schönen Zinken.
Ich bin zufrieden. (lacht)
Wie ist meine?
Mittelmaß.
Sie beschrieben sich als jemanden mit großer Menschenliebe.
Ich bin Humanist, habe mich viel damit beschäftigt, war viel im Ausland mit dem Kampfsport, auch in Asien. Da kommst ins Philosophieren …
Auch ins Religiöse?
Religion im weitesten Sinn erleichtert einfach das Sein, ich habe ein Vertrauen, dass es sich immer irgendwie ausgehen wird. Krisen muss man als gegeben hinnehmen. Das Schlimmste ist, wenn man hadert: Warum ich?
Warum bin ich so reich?
Ja, zum Beispiel (lacht). Oder warum glauben alle, ich bin es.
Haben Sie eine Notfallnummer? Falls mal die Implantate platzen im Nahkampf.
Freilich. Aber weniger wegen der Implantate. Früher habe ich ja viele Penisse konstruiert, und da gibt es so eine Pumpe, die man betätigen muss. Und da haben mich dann immer wieder welche angerufen, wie das jetzt genau geht.
Weil Sie die Gebrauchsanweisung nicht beigelegt haben?
(lacht) Ja genau.
Wie ist die Wiener Society?
Lustig, teilweise entspannend. Man trifft immer dieselben Leute, man kriegt immer ein Bussi. Und wer kriegt heute schon ein Bussi?
Zwei oder drei Bussis?
Wenn du ganz cool sein willst, gibst natürlich immer drei.
Dann drei Bussis von uns.
Danke.
Univ. Doz. Dr. Artur Worseg
wurde 1959 in Kärnten geboren, promovierte 1988 an der medizinischen Universität Wien und absolvierte die Ausbildung zum Facharzt für plastische Chirurgie im Wilhelminenspital. Zahlreiche Auslandsaufenthalte während seiner Studienzeit u. a. in China und Amerika, prägten den Werdegang des bekannten Schönheitschirurgen. Er war auch hervorragend in zahlreichen Kampfsportarten.
Deine Nase kann nichts dafür
Wie lernen wir, unser Äußeres zu lieben und warum tun wir es manchmal nicht? Die Gründe liegen meist tiefer als wir denken. Wer seine Nase nicht mag, lehnt vielleicht seinen Vater ab. Frauen, denen ihre Brüste nicht gefallen, könnten ein Identifikationsproblem mit ihrer Mutter haben. Informativ und lesenswert, lustig und traurig zugleich.