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Mahlzeit oder Sünde?

Jakob Stantejsky

Dass der Verzehr von Fleisch in vielen Religionen bestimmten Regeln unterliegt, ist allseits bekannt. Doch die Gründe dahinter kennt nicht jeder. Manche religiöse Vorschriften kann man aber auch einfach nur als herrlich skurril bezeichnen.

Text: Maximilian Barcelli/Jakob Stantejsky

Dass Hindus keine Rinder essen dürfen, weiß man ja. Schließlich gilt die Kuh als Verkörperung von Mutter Erde, der Göttin Prithivi Mata. Im Süden Indiens wird diese Regel allerdings oft nicht so streng genommen. Hier wird lediglich die Schlachtung an christliche oder muslimische Fleischhauer übergeben, das Fleisch wird jedoch gerne selbst verzehrt. Übrigens gelten sämtliche Ausscheidungen der Kuh als rein – nicht nur die Milch …

Pferdefleisch gilt nicht nur im Islam (ebenso wie Schweinefleisch) als „haram“, also unrein, sondern der Verzehr ist auch Juden verboten. Doch tatsächlich galt auch im Christentum lange Zeit ein vom Papst erlassenes Schlachtverbot für Pferde. Selbst im 16. Jahrhundert noch sah man den Genuss von Pferdefleisch als Beweis für Hexerei und satanische Umtriebe an.

Der Verzehr von Blut ist im Judentum allerstrengstens ver­boten, wie wohl ein jeder weiß. Doch auch in der Frühzeit des Christentums war der Konsum von Blut durch den Apostel Jakobus im neuen Testament untersagt. Der oströmische Kaiser Leo VI. sprach um 900 gar ein spezifisches Blutwurstverbot aus. Von einer „frevelhaften Erfindung fresslustiger Menschen“ ist da ebenso die Rede wie von Strafen, die von „harter Geißelung“ über „Scherung bis auf die Haut“ bis hin zu „ewiger Verbannung aus dem Lande“ reichen.

Die erste der fünf buddhistischen Ethikregeln lautet: „Ich übe mich darin, keine fühlenden Wesen zu schädigen oder zu töten.“ Also kein Fleisch für Buddhisten, richtig? Das könnte man zwar annehmen, doch tatsächlich schreibt der Buddhismus niemandem explizit vor, was er zu tun hat. Während viele Gläubige auf Fleisch verzichten, sehen andere kein Problem darin, das bereits verarbeitete Fleisch zu kaufen. Mönche müssen sich ihr Essen übrigens erbetteln und dürfen keine Speise ablehnen, auch Fleisch nicht.

Auch der Hase darf in einigen Religionen nicht verspeist werden. Im Judentum gelten Kaninchen und Hasen aufgrund ihrer „gespaltenen Klauen“ als unrein. Bei den Aleviten ist der Verzehr von Kaninchen- und Hasenfleisch ebenfalls untersagt, da beide als unheilvolle Tiere gelten, unter anderem, weil sie Merkmale von sieben verschiedenen Tieren aufweisen und somit nicht den biblischen Tierkategorien des Buches Genesis entsprechen. Hier knüpft der alevitische Glaube an die Argumentation des Judentums an.

Damit im Judentum Fleisch koscher und im Islam halal ist, wird ein Tier auf eine bestimmte Art geschlachtet: Man schlitzt die Halsschlagader durch und lässt es ausbluten. Hierzulande ist das sogenannte Schächten übrigens legal – zumindest mit einem anwesenden Tierarzt, der das Tier nach dem Schnitt sofort betäubt.

Das Fliegende Spaghettimonster setzt sich aus zwei Fleischbällchen und – obviously – Spaghetti zusammen. Es ist die Gottheit im Pastafarianismus, eine Religionsparodie, die vom Physiker Bobby Henderson als Verteidigung der Evolutionstheorie gegründet wurde.

Diverse Stämme in Neuguinea glauben an Khakhuas, bösartige Menschen mit dämonischen Kräften. Wird ein solcher entlarvt, gibt es nur eine Möglichkeit, diesen loszuwerden: Er muss getötet und aufgegessen werden. So richten beispielsweise die Korowai diesen mittels Herzschuss hin. Die Leiche wird dann ausgeweidet, zerstückelt und in Bananenblättern serviert. Mahlzeit!

Während die Katholiken lediglich an zwei Tagen auf Fleisch verzichten müssen (Aschermittwoch und Karfreitag – und nein, der Gründonnerstag ist kein Fasttag, Spinat hin, Spiegelei her), haben es die Mormonen schwerer. Für sie ist Fleisch den ganzen Sommer über tabu. Daran halten tun sich aber eh die Wenigsten.

Weil im Jainismus, eine mit dem Buddhismus eng verstrickte Religion aus Indien, Gewaltvermeidung als oberstes Gebot gilt, ist er die wohl veganste Religion weltweit.