AKUT

Gott ist tot – eine kleine Anekdote

Franz J. Sauer

Der Schlagerstar Karel Gott ist gestorben. Der Autor dieser Zeilen hat einst eine nette, kleine Anekdote mit der „Goldenen Stimme aus Prag“ erlebt, welche die charmante Eitelkeit des Sängers gut beschrieb. Diese sei nun aufgerufen, als Ehrerbietung an den Meister, sozusagen.

von Franz J. Sauer

Es war 1999, Karel Gott feierte eines seiner triumphalen Wien-Gastspiele, diesfalls im Konzerthaus. Gott-Shows waren gerne frühzeitig ausverkauft, also ein gutes Geschäft für alle Beteiligten. Als Mitarbeiter der sagenhaften Konzertagentur Stimmen der Welt, die der Wiener Unternehmer Kai Sailer damals gerade frisch revitalisiert hatte, bekam ich das Vergnügen, den Meister einen Tag vor der Show vom Wiener Flughafen abzuholen. Und mit ihm und dem Veranstalter hernach Sushi essen zu gehen. Ein damals noch nicht so allgemeines Take-Away-Vergnügen wie heute.

So besorgten wir also einen 7er-BMW und fuhren zum Flughafen, um die Entourage von Karel Gott entgegenzunehmen. Diese bestand überraschenderweise nur aus dem Künstler selbst. Kein Management, keine mühsamen Personal Assistents, die sich zumeist wichtiger nahmen, als die Hauptperson selbst. Nur Gott kam da aus dem Ankunfts-Bereich des alten Flughafen. Gut gelaunt, in federnder Frische, schwarze Hose, schwarzes Hemd, graues Tweed-Sakko. „Hallo. Sie müssen die netten Leute des Veranstalters sein. Ich bin Karel Gott.“

Fahrt nach Wien

Der Abend war lau, die Fahrt nach Wien staufrei, wir nahmen die A4 und dann die Lände entlang des Donaukanals. 1999 feierten die sogenannten Schwarzplakatierer noch feierliche Urständ, die Kandelaber der Stadt, die Stromkästen, die Geländer, überhaupt jede plane Fläche, auf die man ein A1-Plakat applizieren konnte, wurde von ihnen in Besitz genommen. Und Kai Sailer, der Wirkung einer Marke bewußt, war ein Freund der vollflächigen Plakatierung. Was sich darin manifestierte, dass auch der Weg vom Flughafen in die Stadt ringsherum von zahlreichen Showankündigungen des Gott-Gig im Konzerthaus gesäumt war. Sinnlos diesfalls – das Konzert war ja schon ausverkauft. Dennoch wollte man mit derlei Akklamation dem Meister auch ein wenig huldigen.

Bloß war dieser nicht ganz so begeistert von den durchwegs orangen Schriftplakaten, die in schöner Typo (Sailer war und ist hier Ästhet durch und durch) und groß den Namen „KAREL GOTT“ in die Wiener Nacht hinausposaunten. Es war eine gewisse Unruhe auf dem Rücksitz zu merken, als Gott die zahlreichen Poster wahrnahm. Und schließlich beugte sich der Meister nach vorne, zwischen die Sitze, wie ein frecher, kleiner Bub, der Papa und Mama, die vorne sitzen, etwas fragen möchte.

„Bitte, ich habe eine Frage: Warum haben Sie hier überall diese großen Schriftplakate mit meinem Namen drauf? Ich meine, die Ankündigung ist toll – aber warum nur mit Schrift auf orange?“ Wohlgemerkt gab es auch Bild-Poster von der anzukündigenden Show im Konzerthaus. Aber in der Zeit des reschen Poster-Wildwuchs war mit dunklen Bildplakaten und kleiner Schrift kein Staat zu machen, gegen die schrillen Neonposter mit den großen Namen drauf, derer sich schließlich auch alle anderen Konzertveranstalter der Stadt bedienten. So hob ich also an, dem Meister die Plakat-Gepflogenheiten der Stadt zu erklären. Dass man eben unterginge mit den zwar sehr schönen, aber doch weit weniger auffälligen Fotopostern des Meister, die sein unverwechselbares Antlitz groß ins Bild rückten.

Dennoch schien Gott nicht zufrieden mit der Lösung. Im Gegenteil: „Wissen Sie, solche Schriftplakate wirken nicht ganz so edel wie die Bildplakate. Und wir haben uns sehr viel Mühe gegeben mit den Fotos. Ich denke, da kann man schon gut Karten verkaufen mit so schönen Bildern, meinen Sie nicht?“ Abermals brachte ich ein, dass das wohl stimme mit den schönen Bildern, man aber in der Flut von Neon-Pink, Neon-Grün und Neon-Rosa mit schwarzer Schrift aber doch mehr unterginge. Ein Risiko, das man letztlich doch nicht eingehen wollte.

Karel Gott war noch immer nicht zufrieden. Und hob zu einer wahrlich legendären Erklärung seiner Plakat-These an: „Glauben Sie mir, Bildplakate sind bei meinen Konzerten immer besser.

Weil – in meinem Publikum sitzen keine Kerle!“