GENUSS

Eiserne Reserve

Danke, Corona-Panik! Du hast gezeigt, dass wir nicht richtig „hamstern“ können. Der WIENER weiß Rat: wie man nicht mit einem Jahresvorrat Reis, zubereitet in Mineralwasser, endet.

Text: Roland Graf / Foto Header: Getty Images

Butter kann man einfrieren. Leider. Denn damit war – jeden zweiten Freitag – erneut ein Grund für die Kaperfahrt über die ungarische Grenze gegeben. Meterhoch stapelten sich 1984 auch die unsagbar fetten Paprikasalamis in Großmutters Speis. Dass derlei frühkindliche Einführung in das Hamstern in ­diesem Leben noch einmal von ­Nutzen sein würde, konnte man als Nicht-Nachkriegskind allerdings nicht ahnen. 36 Jahre später aber wird es Zeit seine Stimme zu erheben gegen Amateur-Anhäufer von Lebensmitteln, Möchtegern-Margarine-Stapler und selbsternannte Endzeit-Einkäufer.

Auch wenn das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Kata­strophenhilfe erst seit 2004 seine Hamster-Tipps gibt, kann die deutsche Behörde rechnen: „Halten Sie pro Person ca. 14 Liter Flüssigkeit je Woche vorrätig!“ Pasta-Hortung und Butter-Berge sind nämlich eher Priorität zwei beim Verstecken vorm Virus. „Ein Mensch kann unter Umständen drei Wochen ohne Nahrung auskommen, aber nur vier Tage ohne Flüssigkeit“, so das Bundesamt. Also: Drei Sixpacks mit den Zweiliterflaschen Mineral­wasser in das kühlste Eck der Behausung pflanzen geht einmal vor. Denn nimmt man das „Corona(re)“ Gedankenexperiment ernsthaft auf, muss man sich auch vom permanent verfügbaren Strom verabschieden. Blöd nur, wenn man sich da auf die Schiffsladung Tiefkühlpizza als Vorrat verlassen hat.

Lebensmittel, die ohne Kühlung haltbar sind, haben daher Vorrang im Einkaufskorb. Stromlos verarbeiten lassen sich die Vorräte in diesem Fall auch auf einem Gaskocher oder dem Holzkohlegriller. Braucht man den Brennstoff nicht (mehr), kommt er halt im Sommer wieder unter Steak und Co. Und natürlich braucht man gar nicht zu kochen, was bereits gekocht wurde: Gemüse in der Dose oder im Glas spart nicht nur den eh vielleicht gesperrten Weg zum Einkaufen, sondern auch Wasser und Energie. Selbst das rechtfertigt noch keine Konserven-Stapel aus dem Supermarkt des Vertrauens.

Ein Vorrat an Lebensmitteln für zehn Tage gilt für die Krisenexperten als ausreichend. Es geht also nicht im Sinne der „Prepper“ darum, eine Alien-Invasion, Armageddon oder die Zombie-Apokalypse über Monate auszusitzen. Zehn Tage! Da kann man das machen, was die meisten ja ohnedies tun: Junk-Menüs in der Mikrowelle aufwärmen (falls Strom da), Chips essen oder aus der Dose leben (wenn der Strom wegfällt). Und wer un­bedingt Nudeln horten möchte: Als Richtwert an trockenen Vorräten wie Getreide, Kartoffeln, Reis und eben auch Nudeln gelten für das Zehn-Tages-Intervall dreieinhalb Kilogramm. Da reichen je ein Kilo Erdäpfel und Reis und drei (!) ­Pasta-Packungen.

Viel wichtiger sind die Dinge rundherum, wenn man Profi-Hamster werden will. Öle vor allem, denn mit ihnen lässt sich schon eine Menge kulinarisch anstellen. Das gilt auch für das gute, alte Tomatenmark oder die Thunfisch-Dose. Vielseitig ist auch Sojasauce, die als Salz-Ersatz ebenso einsetzbar ist wie als Universalwürze. Etwa für die rechtzeitig gehamsterte Gemüsesuppe. Wenn das Covid-19-Virus also ­wenigsten etwas Gutes hat, dann, dass es kulinarisch erfindungsreicher macht: Guten Appetit wünschen wir zur „Pasta Placebo“!


Net hudeln mit die Nudeln!
Die fünf Prinzipien der Vorratshaltung

Mehr ist weniger
Statt möglichst vieler neutraler Grundlebensmittel (die fad sind und viel Platz brauchen) greift man zu bereits aromatisierten Produkten. Also: Statt Reis und Beilagen zu horten, lieber gleich Reissalat mit Thunfisch und Gemüse in der Dose kaufen. Drei davon brauchen den Platz einer Reispackung.

Spar „Thunfischsalat mit Gemüse – Mexican Style“, ca. 1,99 Euro


Einer für Alles
Allein aus einer Dose „Baked Beans“ lassen sich praktisch alle Küchen bespielen. Serbische Bohnensuppe geht natürlich, Chili und Koriander ergeben die „Masala Beans“ (= ein Rezept des Londoner Kult-Inders „Dishoom“). Oregano macht eine „italienische“ Instant-Sauce daraus; Bambussprossen und Soja ein asiatisches Reis-Topping.

Heinz „Baked Beans“, um 1,49 Euro (415-Gramm-Dose)


Scharf rechnen
Wie viel Fleisch ergibt eine Portion? Wie lange hält ein Viertelkilo Butter bei mir? Solche Dinge sollte man wissen. Und dass Vollkorn einen höheren Nährwert hat. Also: Eine halbe Packung Spaghetti macht mit 250 Gramm das Doppelte der Vorspeisen-Portion beim Italiener aus. Man wird davon also satt; Singles sogar zwei Mal. 20 Vorratspackungen sind also nicht notwendig.

Barilla „Spaghetti No.5 Integrale“, um 1,79 Euro (500 Gramm)


Kein Grieskoch
Auch wenn sich der Glaube hält, dass man Grundnahrungsmittel braucht: Heimische Eier und Mehl ergeben auch noch einen Pasta-Teig, wenn sich Italiens Stiefel von Europa absprengt. Viel wichtiger – auch im Sinne der Psychohygiene während einer Krise – ist Abwechslung: Stör in Dosen, gefrorene Krabbe und Champagner lassen sich auch einlagern!

chenkel „Störfilets in Olivenöl“, um 17,90 Euro (110-Gramm-Dose)


Meide Experimente
Bleiben Sie den Ernährungsgewohnheiten treu. Wenn Jahr und Tag kein Couscous gegessen wurde, sollte man nicht jetzt damit beginnen. Bei Lebensmittel­unverträglichkeiten muss man ohnehin genau schauen, was man in Massen heimträgt. Denn auch wenn Flitzekacke kein tödlicher Virus ist: Das Leben von daheim Kasernierten macht sie nicht angenehmer!

Wasa „Gluten- und laktosefrei“, ca. 3,99 Euro (240-Gramm-Packung)