Meinung

Niederschmetternde Tristesse

Alex Pisecker

Ich wurde 1967 im „Summer of Love“ geboren. Ich lebe also schon ein bisschen länger auf diesem Planeten. Seit ich ein kleines Mädchen war, beschäftige ich mich mit Mode. Im Kindergartenalter bastelte ich bereits Kleider für meine Puppen, später entwarf ich Ensembles für die heißgeliebten Barbies, die ich aus Stoff- und Wollresten anfertigte. Im Alter von 14 Jahren entschied ich mich eine Modeschule zu besuchen. Nach der Matura arbeitete ich für viele Jahre im Einkauf großer österreichischer Textilketten. Mein Traum. Ich war richtig gut in meinem Job. Mode faszinierte mich, immer wieder entdeckte ich neue Trends, Farbkompositionen und Farbkombinationen, die mich den Atem anhalten ließen, etwas noch nie dagewesenes Spannendes. Die Pantone-Ringmappe, mit all den bunten kleinen Farb­abschnitten wurde zu meiner Bibel. Internationale Mode-Messen, Modeschauen, Einkaufsreisen in alle Herrenländer – mein berufliches Glück nahm kein Ende. Ich tat das, was ich am besten kann – Kollektionen erstellen. Und dann geschah das Unvorstell­bare. Die Gleichschaltung.

Irgendwann nach der Jahrtausendwende, ich kann es nicht mehr richtig datieren, kam jegliche Individualität zum Erliegen. Es gab einfach nichts mehr Neues. War das modische Potential für immer ausgeschöpft? Hatten alle Designer eine Kreativblockade (die bis heute andauert) erlitten? Mir erschien, als wären plötzlich alle gleich gekleidet, in immer den gleichen Farben. Die Masse hatte stilistisch und farblich maoistische Züge angenommen. Aus. Nix mehr. Nada. Schaufenster strotzen von dilettantisch umgesetzten abgespeckten 70er und 80er Revivals. Mode ist so derartig langweilig geworden, was wahrscheinlich auch mit dem unheilvollen Bequemlichkeitsanspruch zusammenhängt, dass ich mich nicht mal mehr aufraffen kann, deswegen noch eine Schnappatmungsattacke zu erleiden. Oder vielleicht versteh ich es auch einfach nicht mehr…


Elvira Trevira
Fashion is her Profession. Sie kolumniert im WIENER und bloggt unter BLOG-MAG.NET