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This is the Post-Synthetic Era – Enter the Bio-Tech Age!

Alex Pisecker

Das italienische Unternehmen Trerè, mit seiner Sportbrand UYN, eröffnete am 5. Oktober 2023 in Asola (Provinz Mantua, Italien) sein brandneues, innovatives Forschungs- und Entwicklungslabor AREAS – eine Akademie für Innovationen im Bereich technischer Bekleidung, sowie auch eine wissenschaftliche Einrichtung zum Test von biotechnischen Textilien.

Redaktion + Text: Alex Pisecker / Fotos: Hersteller

Hochtechnische Funktionsbekleidung kommt hauptsächlich im Sport, beziehungsweise Spitzen- und Extremsport zum Einsatz. Die führende Marke in diesem Bereich UYN – Unleash Your Nature – mit ihren Headquarters in Asola, setzt hier mit der Eröffnung von AREAS neue Massstäbe. Neben dem Hauptsitz des Unternehmens wurde ein 3500m2 großer zweistöckiger Komplex errichtet, der ein hochmodernes Forschungs- und Entwicklungslabor, einen Creativ Hub für Produkt- und Kommunikationsdesign, sowie eine Akademie für Wissenschaftler und junge Talente im Textilbereich beherbergt. AREAS.

Ursprünglich war Trerè ein Sportsocken Fabrikant, der für viele Firmen produzierte. Irgendwann wurden aus den Socken dann Sportschuhe. Auf Grund der hohen Qualität der Produkte und dem Bestreben, die Herstellungsprozesse weiter zu entwickeln – man arbeitet mit Herstellern von Strickmaschinen und anderem Gerät, dass in der Produktion verwendet wird zusammen, um neue Maschinen zu erfinden oder bestehende weiter zu verbessern – fand man bald Partner in namhaften Unternehmen wie Dior, Prada, Giorgio Armani, Canada Goose, Puma, Jack Wolfskin, Luis Trenker, Lamborghini, KTM, Harley Davidson, Husquarna, Rossignol und viele andere. Außerdem arbeitet Trerè für Replay, Jeep und Citroen in Lizenz. Trerè ist spezialisiert auf die Produktion von Sportbekleidung für Aktivitäten wie Wintersport, Laufen, Radfahren, Wandern, Bergsteigen, Motorsport (es existiert unter anderem eine Kooperation mit Valentino Rossi) und Reisen.

Marco Redini, CEO von Trerè, motivierte der Gedanke, die fortschrittlichste Forschungsakademie im Bereich technischer Bekleidung zu gründen, mit der Aufgabenstellung einen idealen physischen Raum zu schaffen um die Zusammenführung mehrerer Wissensbereiche zu ermöglichen. Aus der Synergie von Wissenschaft, Design, Kommunikation und Kunst können sich wegweisende Innovationen entwickeln um die Zukunft zu gestalten und das zu entwerfen, was noch nicht existiert – dafür wurden die Labors von AREAS eingerichtet.

Ziel ist es durch Forschung und die schon existierende Fertigungskompetenz eine neue Entwicklungsphase in der Sportbekleidung zu starten. Es bedeutet, dass Leistung, Nachhaltigkeit, Natur und Technologie keine Gegensätze mehr bilden. AREAS ist das „Gehirn“ der Trerè-Gruppe und fungiert als die Basis dieser Strategie. In den kommenden Jahren ist eine Erweiterung in Form eines Campus für Studenten, Besucher und Kunden angedacht.

In den Labors von AREAS widmet man sich der Erforschung von Biomaterialien, so wie neuen Textilstrukturen, außerdem der Analyse der Leistung dieser Produkte. Athleten testen diese Materialien und durch die entstandenen Erfahrungen werden die Artikel immer weiter verbessert. Die Kernkompetenz von AREAS liegt im „Brain Unit“. Hier handelt es sich um eine Klimakammer, in der kontrollierte Temperatur und Luftfeuchtigkeit herrscht. Es werden sowohl die Produkte (Laufschuhe, Bekleidung etc), als auch die Leistung der Athleten getestet und analysiert. Die Daten werden gesammelt und anschließend ausgewertet. Unter anderem umfasst die „Brain Unit“ eine Station zur Untersuchung von Bewegungsabläufen und kognitiven Fähigkeiten von Athleten, neuroreaktive Laufbänder (sie bewegen sich mehrdimensional, vergleichbar mit einem kleinen Boot auf Wasser), eine oszillierende TITICI (TITICI = ein weiteres Unternehmen der Trerè-Group) Fahrradstation und dem thermischen Mannequin „Hyper“.

Bei „Hyper“ handelt es sich um einen humanoiden Roboter, der die physiologischen Reaktionen des menschlichen Körpers nachahmen kann. Er überhitzt, unterkühlt, schwitzt wie Athleten und misst mittels hunderter Sensoren sie Atmungsaktivität und Isoliereigenschaft der Kleidung, die er trägt. Auf diese Weise gewinnt man objektive Daten, die in Kooperation mit dem CeRiSM (Forschungszentrum Sport – Berg – Gesundheit) der Universität Verona (viertbeste sportwissenschaftliche universitäre Abteilung weltweit, Quelle: Global Shanghai Ranking) ausgewertet werden.

In den „Arktis- und Monsunkammern“ erfolgen Tests bei extremen klimatischen Bedingungen. In der „Arktiskammer“ wird das Verhalten der Kleidung bei -20 Grad gemessen, eine thermische Kamera analysiert dabei die Verteilung der Körperwärme. Die „Monsunkammer“ dient dazu die Wasserdichte der Bekleidung bei intensivem Wasserstrahl zu testen.

Abgesehen davon werden im „Brain Unit“ auch Belastungstest am Endprodukt vorgenommen, wie unter anderem Abriebfestigkeit, Farbechtheit, Waschbeständigkeit oder pH-Wert der einzelnen Bestandteile. Die exakten Analysen gewährleisten die Konformität mit den gesetzlichen Vorschriften und natürlich ebenso höchste Qualität.

Die wohl interessanteste Abteilung bildet die „Biotechnologische Einheit“. Hier beschäftigt man sich mit der Erforschung neuer Biomaterialien. Eine Top-Priorität des Unternehmens ist es, seine Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren. Daher gilt es petro-chemische Materialien durch natürliche Materialien zu ersetzen und Alternativen zu erforschen, die zur Zeit noch nicht existieren.

Eines dieser Materialien ist „Natex“, eine Faser für kommende Generationen. Es wird aus Rizinusöl-Samen (Samen des tropischen Wunderbaumes Ricinus communis = Wolfsmilchgewächs) hergestellt und hat keinerlei Auswirkungen auf die menschliche oder tierische Nahrungskette, außerdem wachsen die Pflanzen in sehr trockenen Gebieten. „Natex“ ist leicht und elastisch und absolut schnell trocknend. Es verursacht 25% weniger CO2 als Polyamide, die Pflanze braucht kaum bewässert zu werden, ist um 25% leichter als Polyester, trocknet um 50% schneller als PA (PES) und wirkt auf natürliche Weise bakterienhemmend.

Es könnte zum Game-Changer, nicht nur in der Sportbekleidungsindustrie werden.

Weiters verwendet das Unternehmen für seine Artikel Merino Wolle, jedoch nur aus Südafrika, dort ist das grausame „mulesing“ verboten, bei dem die Hautregion um den Schwanz des Schafes herum ohne Betäubung einfach abgeschnitten wird um einen Befall von Fliegenmaden zu verhindern. Daneben wird noch Yak Wolle verarbeitet.

Aus Abacá, das auch Manila-, Bananen-, oder Musahanf genannt wird entsteht der sogenannte „Paper Cotton“. Dem traditionellen japanischen „Washi“, der dort üblichen Herstellung von Papier folgend, wird dieser mit Baumwolle gemischt um die Leichtigkeit des Materials zu erhöhen. Das so entstandene Produkt ist drei Mal leichter als herkömmliche Baumwolle, bakterienhemmend, saugfähig und schützt vor UV-Strahlung.

Ein weitere Wunderfaser der Natur nennt sich „Kapok“ und wird aus der Frucht der „Ceiba Pentranda“ gewonnen, die aus den Regenwäldern Südamerikas stammt, 60 Meter hoch wächst und dort als heilig gilt. Bei ihr handelt es sich um eine Hohlfaser mit äußerst geringer Dichte und kann somit körpereigene Wärme einschließen, eine isolierende Barriere bilden und daher Temperaturschwankungen ausgleichen. Sie ist die leichteste Faser der Welt, sehr weich, schnell trocknend, gilt als hygroskopisch (Luftfeuchtigkeit/Wasser bindend), weiters punktet sie mit antibakteriellen und hypoallergenen = unterdurchschnittlich allergische Reaktionen erzeugend) Eigenschaften.

Eine weitere Ansage gegen petro-chemische Fasern nennt sich „Flexicorn“, das aus Maissamen (die nicht für den menschlichen Verzehr vorgesehen sind) und pflanzlichen Bestandteilen aus erneuerbaren Quellen produziert wird. „Flexicorn“ ist ein Bio-Polyester auf pflanzlicher Basis, somit recyclebar und verursacht wesentlich geringere CO2 Emissionen – kurz gesagt – die biotechnische Antwort auf das synthetische Elasthan.

Weiters verwendet das Unternehmen Fasern auf Zellulose Basis, die aus verantwortungsvoll bewirtschaftetem Anbau stammen. Dazu gehören Buchenholz, das Produkt nennt das Unternehmen „Biolight“ und Eukaluptusholz, als „Eukalypt“ bezeichnet. Der gesamte Produktionsablauf von „Eukalypt“ ist durch einen geschlossenen Herstellungskreislauf gekennzeichnet. Das verwendete Wasser und die eingesetzten Enzyme werden zu 100% zurückgewonnen und in den darauffolgenden Produktionsprozessen wieder verwendet.

Trerè hat sich der „Mission: Null Auswirkung“ verschrieben. Das bezieht sich nicht nur auf die Herstellung umweltfreundlicher Materialien sondern auch die Umsetzung nachhaltiger Praktiken in jeder Phase der Herstellungsprozesse. Zu diesen Zielen gehören vorrangig: Null CO2 Emissionen, 100% Recycling von Abfällen, Schutz des Wassers vor Verschmutzung mit Microplastik und Chemikalien. Weiters unternimmt Trerè Anstrengungen um die Treibhausgase, die durch die Produktionsprozesse entstehen zu minimieren und verwendet ausschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen. Pro Jahr werden 410 Tonnen CO2 eingespart – was einer 66-maligen Erdumrundung (2,7 Mio Kilometer) eines Autos entspricht. Abgesehen davon verfügt Trerè über eine spezielle Wasserfilteranlage, die täglich über 425.000 Microplastikfragmente auffängt, das sind über 100 Millionen im Jahr, was einem Microplastikfaden von über 382 Kilometer Länge entspricht. Es gelangt somit nicht in Meer und Flüsse, sondern wird recycled und zur Herstellung von Dämmstoffen verwendet.

Im „Creativity Hub“ von AREAS, einem großflächigen Raum im Obergeschoss des Gebäudes soll ein Treffpunkt für Wissenschaftler, Ingenieure, Industrie- und Grafikdesigner, Künstler und Kommunikationsexperten entstehen. Revolutionäre Ideen und Visionen können dort entstehen – ein gegenseitiger Austausch wird stattfinden. Der „Creativity Hub“ bietet Bereiche für Bekleidungs- und Schuhdesign, ebenso für „Product-Storytelling“. Junge Talente und Hochschulabsolventen, die sich im Bereich technischer Bekleidung spezialisieren möchten, finden hier ihren zukünftigen Arbeitsraum.

AREAS ist ab sofort der Öffentlichkeit zugänglich. Touren durch das Unternehmen sind zu buchen auf: uynsports.com und areas-academy.com. Hier ist es möglich die UYN Produkte kennen zu lernen und auch die wissenschaftlichen Geräte zu testen.

Am 5. Oktober fand die offizielle Eröffnung im Beisein des UYNNER Teams statt. Es besteht unter anderem aus den nationalen Ski Teams aus Österreich, Italien, der Slowakei, der Tschechischen Republik und Spanien, sowie diversen Welt- und Europameistern aus Fussball, Wasserball, Küstenrudern etc. Neben einer Modenschau wurde auch die neueste technische Unterwäsche Kollektion „Biotech“ die erste, die ausschließlich aus hochleistungsfähigen biobasierenden Fasern hergestellt wird, präsentiert.