Gott hasst die Menschen und die Barbara Karlichs sind schuld.

Text: Hannes Kropik

Gott ist ja, lehren seine Mittelsmänner hier auf Erden, allmächtig und allwissend. Weder das eine noch das andere ist per se eine schlechte Voraussetzung für eine unterhaltsame Existenz, bei Pferdewetten zum Beispiel sorgen beide für einen soliden Wettbewerbsvorteil. In Verbindung mit einem wochentäglichen TVTalk sind diese Attribute aber ein echter Hirnpreller.

Stell dir einfach vor: Du hörst alles und siehst alles. Alles! Also hörst und siehst du die Aufzeichnung jeder einzelnen Folge der „Barbara Karlich Show“. Seit 1999. Du siehst sie aber nicht einfach nur so von oben herab, sondern zusätzlich durch die Augen jedes einzelnen Studiogastes, jedes der dutzenden Besucher auf den Rängen. Durch die Augen der Kameramänner, der Regieassistenten und Kabelträger. Und natürlich aus Sicht von Barbara Karlich selbst auch noch. Vermutlich nimmst du diese Szenen sogar durch alle denkbaren Sensoren jeder einzelnen Mikrobe im Raum wahr. Und dann hörst du noch all die Erzählungen, zu Hause, am Telefon, in der Eisenbahn, in denen geschwärmt wird, wie tiefsinnig diese Gespräche von und mit Barbara Karlich nicht wieder waren.

Dann siehst du den ersten Rohschnitt und später die Sendung selbst – die du ja dank der Aufzeichnung bereits aus hunderten Perspektiven kennst: „Egoismus ist die Basis einer guten Beziehung“, „Du wirst mich nie für dich alleine haben“, „Liebe kann auch wachsen“ – also wirklich allerbanalster Schrott.Und dann siehst du dieses unendlich langweilige Getratsche auf 250.000 Fernsehschirmen oder mehr. Gleichzeitig. Du siehst die Sendung durch die Augen dementer Heiminsassen, komplett wehrlos gekiffter Loser und tausender trauriger Existenzen, die wirklich nix Besseres mit ihrer Zeit anzufangen wissen. Und dann später, als absoluter Tiefpunkt der Demütigung, nochmals, weil irgendein Freak die Sendung sicher auf VHS aufgenommen hat, um damit absurdeste Fantasien zu befriedigen. Da soll Gott nicht vor Zorn mit dem Fuß aufstampfen?

Zumal es so eine Barbara Karlich ja nicht nur in Österreich gibt. Die gibt es in Burkina Faso, in Peru und in Schweden. In Indien gibt es sicher drei davon, und in China 297 oder mehr (und das nicht nur werktags!). In den USA heißt Barbara Oprah, sonst ist aber alles gleich. Rund um die Uhr rennt irgendwo eine „Barbara Karlich Show“.

Und Gott ist – nicht zu vergessen – allwissend. Gott merkt sich jeden einzelnen Satz jeder einzelnen Show. Jeden einzelnen. Tag. Für. Tag. Für. Tag. Natürlich ist Gott letztendlich selbst schuld, denn eine moderne Plage biblischen Ausmaßes und Schluss wäre es mit der Television. Und mit der „Barbara Karlich Show“. Vielleicht lädt sich der Allmächtige aber auch irgendwann einfach selbst in die Sendung ein. Das Thema: „Das nächste Universum erschaffe ich in fünf Tagen – ohne euch.“