GENUSS

Cocktail-Kult: The Great Mixology

Alex Pisecker
Der Cocktail-Kult kehrt wieder. Passend dazu stellen drei wahre „Cocktailians“ 230 Mixgetränke vor. Ein Buch wie ein guter Drink – zum Versinken!

Ralf Frenzel hat einen ziemlich ausgeprägten Qualitätsanspruch. Wenn dem deutschen Verleger Bilder für seine „Tre Torri“-Publikationen nicht gut genug sind, wird neu fotografiert. Auch wenn das im konkreten Fall heißen kann, dass der Fotograf erneut zu Claus Riedel nach Tirol fahren muss. Bei diesem Titel stellte sich die Fotofrage zum Glück nicht, und an der Textqualität gibt’s nichts zu bemängeln. Einem Schweizer Messer für Drink-Freudige ähnlich, beweist Cocktailian (siehe auch Infokasten) seine Qualitäten als Rezeptbuch, Werkzeugkunde und Kulturgeschichte des Alkohol-Mixens.

In dieser spielt Freibeuter Francis Drake – als Vater des Ur-Mojitos – genauso eine Rolle wie das von der Gin-Qualität abhängige Steueraufkommen in Großbritannien und die frühe Globalisierung. Dass ausgerechnet die Prohibition den Wendepunkt für die globale Bar-Kultur darstellt, hätten sich die strengen US-Gesetzgeber nicht gedacht. Gestreckte Drinks kamen in Mode und die exilierten Top-Barmänner exportierten ihre Kreationen nach Paris und London.

Natürlich geht es um die Herkunft der einzelnen Rezepte und Basis-Spirituosen, doch auch eine Kulturgeschichte des Eiswürfels darf nicht fehlen: Ohne die Kühlung der Drinks hätten sich speziell die tropischen Frucht-Cocktails niemals weltweit durchgesetzt. Faszinierend, was man bislang auch als echter Barfly alles nicht wusste; der Julep, kühlender US-Südstaaten-Drink par excellence (siehe auch unser Rezept auf dieser Seite), hat seinen Namen etwa aus dem Arabischen.

Neben der Fülle an sinnlosem Wissen wie diesem, lernt der Hobby-Schüttler, wie er bei der Poolparty mit Campari-Staub (!) auftrumpfen kann. Oder seine Steuerberaterin mit einem „Income Tax Cocktail“ gefügig macht. Wer nach dieser Rezept- und Faktenfülle denkt, damit ist alles gesagt, sei auf das (mittlerweile ebenfalls erschienene) Sequel verwiesen: Der zweite Cocktailian-Band widmet sich ausschließlich Drinks mit Rum und Cachaça. Cheers!

Rezept: Lemonbalm Julep

Zitronig & kühl: Der Südstaaten-Klassssiker mit dem Austro-Touch. Der Julep ist quasi der Almdudler unter den Drinks. Spirituosen und Zucker werden in den diversen Abwandlungen mit Kräutern kombiniert. Als Signature-Drink des US-Südens mit Minze gemixt, haben die „Cocktailians“ in ihrer Eigenkreation eine Austro-Variante vorgelegt – die nebenbei die in den Gärten wuchernde Zitronenmelisse männertauglich verwertet:

15 Blätter Zitronenmelisse werden zwischen den Händen „angeklatscht“. Danach sofort in ein vorgekühltes (Longdrink-)Glas mit sechs Zentilitern Bourbon, einem Bar-Löffel Zuckersirup und drei Spritzern Lemon Bitter geben. Fünf Minuten ziehen lassen. Klatschen dient wie das laufende Umrühren und Drücken der Melisse mit einem Löffel dazu, die ätherisch-zitronigen Öle in den Drink zu bekommen. Die Kräuter kommen wieder aus dem Glas, dafür wird mit gestoßenem Eis (reichlich davon!) aufgefüllt. Umrühren, bis das Glas beschlägt, Melissenblatt als Garnierung hinzufügen. Erfrischend auch mit Gin statt Whiskey.

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