IOC: Olympische Spiele in Rio sind der nächste Problemfall

2016 sollen die nächsten Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro stattfinden. Die sozialen Spannungen in Brasilien bringen das ganze Projekt an den Rande des Abbruchs.

Sechs Wochen nach den politisierten Olympischen Spielen in Sotschi warten auf das Internationale Olympische Komitee (IOC) schon die nächsten Probleme. Bei der Exekutivsitzung am Mittwoch und Donnerstag in Belek stehen für den Präsidenten Thomas Bach und die IOC-Granden die gravierenden Verzögerungen bei den Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro (im Bild die Bauarbeiten für das Olympische Dorf per März 2014) ganz oben auf der Agenda.

Ähnlich wie bei der Fertigstellung der zwölf Stadien für die Fußball-WM in diesem Sommer steht auch dem IOC-Mega-Event ein Wettlauf mit der Zeit bevor. Doch nicht nur der Ausblick auf Brasilien, auch die Rückschau auf Sotschi dürfte die Funktionäre noch einmal beschäftigen. Kritiker warfen Bach und seinen Kollegen mangelnde Distanz zu Russlands Staatspräsidenten Wladimir Putin vor, der die Winterspiele zur Selbstinszenierung genutzt hatte. Unterdessen hat der Deutsche die vergangenen Wochen genutzt, die Neuordnung im IOC mit der Besetzung der Kommissionen voranzutreiben.

Viel Erklärungsbedarf

Auf Nawal El Moutawakel, die marokkanische Chefin der Koordinierungskommission für Rio 2016, dürfte in der nächsten Zeit viel Arbeit zukommen. In den vergangenen Wochen hatte sich die Situation am Zuckerhut zugespitzt. Erst am Montag soll es zu Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Arbeitern auf dem Gelände des Olympia-Parks gekommen sein, Augenzeugen berichteten sogar von Schüssen. Verletzte gab es angeblich nicht. Rund 2.000 Arbeiter streiken seit Donnerstag. Grund sind die schlechten Arbeitsbedingungen und die zu geringe Entlohnung.

Zudem hatte Anfang vergangener Woche Rios Chefplanerin für alle kommunalen Olympia-Arbeiten, Maria Silvia Bastos Marques, ihren Rückzug angekündigt. Der Schritt kam nur zwei Wochen, nachdem die IOC-Inspektoren eine deutliche Warnung an die Organisatoren der ersten Olympischen Spiele auf südamerikanischem Boden ausgesprochen hatten. „Vollkommene Fokussierung und totalen Einsatz“ hatte El Moutawakel dabei gefordert. Das wurde als eine Gelbe Karte wie einst bei Athen 2004 gewertet.

Bedenken werden laut gemacht

Die Verbände der Sommersportarten dürften bei der Sitzung in dem türkischen Badeort Belek ihre Bedenken sehr deutlich machen: Die Fertigstellung der Wettkampfstätten ist in Gefahr, für viele Projekte sind nicht einmal Ausschreibungen rausgegangen. Die vor den Spielen üblichen Testläufe drohen auszufallen. Dazu kommen Haushaltsprobleme und die Sorge um die massiv verschmutzte Guanabara-Bucht, wo die Segelwettbewerbe stattfinden sollen. Rios Organisationschef Carlos Nuzman und Generaldirektor Sidney Levy sollten eigentlich in Belek Bericht erstatten, bleiben nun aber in Brasilien und sollen per Videokonferenz zugeschaltet werden.

Bach kümmerte sich indes in den vergangenen Wochen um die Einteilung der IOC-Kommissionen. Ng Ser Miang aus Singapur, einer von Bachs Rivalen im Rennen um die Präsidentschaft, tritt als neuer Chef der Finanzkommission die Nachfolge des zurückgetretenen Richard Carrion an. Unter Carrion wurden die IOC-Reserven von 100 (72,87 Mio. Euro) auf 900 Millionen Dollar (655,83 Mio. Euro) gesteigert. Der Japaner Tsunekazu Takeda folgt auf den Norweger Gerhard Heiberg, der nach zwölf Jahren den Vorsitz der Marketing-Kommission aufgab. Die wichtige Leitung der medizinischen Kommission übernimmt der Türke Ugur Urdener, nachdem der Schwede Arne Ljungqvist aus Altersgründen ausgeschieden ist.

Auffällig war auch, dass Scheich Ahmad al-Sabah aus Kuwait und Russlands NOK-Chef Alexander Schukow mit der Leitung einer Kommission betraut wurden. Al-Sabah, der Bach bei der IOC-Wahl unterstützt hatte, wird die Kommission für olympische Solidarität leiten. Schukow, ein Vertrauter Putins, ist nun oberster Aufseher bei der Evaluierung für die Winterspiele 2022. Dass diesbezüglich laut jüngsten Umfragen die Mehrheit der Norweger gegen Oslo als Olympia-Ausrichter sind, dürfte dem IOC alles andere als gefallen.