AKUT

Spart euch euer Kicker-Bashing!

Hannes Kropik

Okay, Österreichs Fußball-Nationalteam hat den Aufstieg ins EM-Achtelfinale nicht geschafft. Das ist aber kein Grund, die Kicker zu verdammen. Das Leben geht weiter. Irgendwie.

Kommentar: Hannes Kropik

So. Jetzt habe ich ungefähr 32.601 Analysen zum Ausscheiden der Österreicher gelesen, gesehen und gehört. Manche waren klug, viele bissig („Dann werden wir halt Weltmeister“) und schadenfroh, enttäuscht sowieso und natürlich emotional. Und alle so unglaublich überzeugt. Vor allem die: Das war doch klar, das hätt´ ich dir vorher schon sagen können. Das war doch wieder typisch Österreich. Really?

Ich habe nach dem Island-Spiel mit einem dänischen Freund debattiert: „Your team sucks!“, hat er zusammenfassend kommentiert. Dass seine Dänen gar nicht erst dabei waren, habe ich ihm nicht unter die Nase gerieben (das habe ich am Ende der Quali schon zur Genüge getan). Hat er vielleicht recht? War das Team in Frankreich einfach scheiße?

Zugegeben, nach der Niederlage im ersten Spiel war ich extrem angespeist: „Niemand verliert gegen diese Ungarn. Nicht einmal eine Auswahl von blinden U17-Mädels aus dem Senegal in falsch herum angezogenen Skischuhen“, habe ich in eine private Whatsapp-Runde geworfen. Das würde ich jetzt, nach den beiden weiteren Auftritten der Ungarn, vielleicht etwas weniger drastisch formulieren. Aber ich darf das, ich bin Fußball-Fan, seit sehr, sehr langer Zeit schon (he, ich habe meine Rapid noch auf der Pfarrwiese spielen gesehen – wie lang das her ist? Googelts doch bitte selber). Wenn ich eines gelernt habe, dann: Niederlagen gehören zum Spiel. Gewöhnt euch dran.

Eine Analyse? Was nicht noch alles! Woher soll ich denn wissen, was da schiefgegangen ist? War ich in Frankreich dabei? Weiß ich, warum ein Christian Fuchs (dem mit dem Underdog Leicester die größte Sensation der englischen Fußballgeschichte gelungen ist), warum ein David Alaba (Meister in Deutschland), ein Marc Janko (Meister in der Schweiz) ein Aleksandar Dragovic (Meister in der Ukraine) plötzlich nicht mehr in der Form sind, in der sie während der Quali die Schweden in Schweden her g´haut haben wie einen Tanzbären?

Warum die beste österreichische Truppe, an die ich mich erinnern kann – und ja, ich kann mich an die 98er-WM erinnern und nein, scheiß auf Cordoba, das war eine andere Zeit, ein anderer Planet ­- jetzt so untergeht? Ich weiß es nicht. Ja, vielleicht wäre alles anders gewesen, wenn Alaba in der ersten Minute gegen Ungarn trifft, wenn sich Junuzovic nicht verletzt, wenn der Schiri in der Ungarn-Partie nicht gar so ein Eierbär ist, wenn der Dragovic nicht ausgeschlossen und dafür dem Hinteregger das Tor zuerkannt wird. Vielleicht aber auch nicht.

Wobei: Das 0:0 gegen Portugal, das war letztendlich schon in der Ordnung. Dass der Ronaldo den Elfer an die Stange nagelt? Geschenkt! (Exkurs, weil´s mich anzipft, wenn jetzt der Dragovic geschimpft wird: Es gibt, sagt man, vier Möglichkeiten, einen Elfer zu versenken, nämlich genau in eine der vier Ecken des Kastens, mit Schmackes, dann kommt der Goalie maximal mit sehr viel Glück rechtzeitig hin. Was der Drago und der Ronaldo gemacht haben: volles Risiko, all in! Das kann in die Hosen gehen, klar. Trotzdem: fettesten Respekt für den Mut, an beide Herren).

So, was war noch? Ach ja, der Vorwurf: Scheißmillionäre. Alter!? Geht’s noch billiger? Ja, gute Fußballer verdienen gutes Geld, das ihnen jene Menschen bezahlen, die glauben, dass diese Summen gerechtfertigt sind. Du wirst Fußballer, weil es das Beste ist, was dir im Leben passieren kann! Keiner da unten am Rasen denkt während so einer Partie auch nur eine Sekunde ans Geldbörsel. Die Buam wollen einfach nur spielen! Niemand verliert gern und keiner verliert absichtlich. Die Jungs wollten natürlich aufsteigen, die wollten natürlich gewinnen. Das wollten halt die anderen auch. Warum die Isländer bei ihrem EM-Debüt aufgestiegen sind und die Österreich nicht? Weiß ich nicht.

Was ich weiß: Euer Kicker-Bashing könnt ihr euch behalten. Jetzt ist nicht die Zeit, auf genau jene Leute hinzutreten, die vor ein paar Wochen noch die Superherorockstars waren, die schönsten und geilsten Typen des Universums. Ich wiederhole mich: Niederlagen gehören dazu. Und auch, wenn es natürlich nichts Wichtigeres gibt als Fußball: Das Leben wird schon weitergehen. Irgendwie.

Und noch etwas.Wer sehen (und vor allem hören) will, worum es im Fußball wirklich geht, zieht sich den Originalkommentar vom isländischen Fernseh-Menschen rein. Worum es nicht geht: Moneten! Dieses Tor kostet den Österreichischen Fußballbund ganz einfach 500.000 Euro, die von der UEFA für ein Unentschieden in der Vorrunde als Prämie ausgeschüttet werden, den Isländern bringt der Siegestreffer eine glatte Mille zusätzlich ein.

und hier die Abschrift des Moderatoren-Geplärrs nebst Übersetzung von der wunderbaren Eleonore Gudmundsson:

„Við erum komin í 16 liða úrslit. Við erum komin áfram, við erum að vinna Austurríki! Ég er að missa röddina._Það skiptir engu máli. Arnor Ingvi Traustason er að skora! Ísland tvö, Austurríki eitt. Þvílíkt og annað eins (2x). Ah. Það er búið að flauta til leiksloka hér og aldrei nokkurn tímann hefur mér liðið eins vel. Arnor Ingvi Traustason að tryggja okkur fyrsta sigurinn á EM. Aldrei tapað! Gleymiði því ekki: Aldrei tapað! En fyrsti sigurinn er staðreynd. Ísland tvö, Austurríki eitt. Takk fyrir komuna!“

„Wir haben die 16erauswahl geschafft. Wir sind weiter gekommen, wir sind dabei, Österreich zu besiegen. Ich verlier gerade die Stimme! Das macht nichts. Arnor Ingvi Traustason schießt. Island zwei, Österreich eins. Na, sowas! Na, sowas! Ah. Hier wird das Spiel abgepfiffen und mir ist es noch nie so gut gegangen. Arnor Ingvi Traustason sichert uns den ersten Sieg einer EM. Nie verloren! Vergesst es nicht: Nie verloren! Aber der erste Sieg ist eine Tatsache. Island zwei, Österreich eins. Danke für euer Kommen!“

Zufrieden, lieber Franz J. Sauer? (super, Island, und Superstars, unsere Isländisch-Studis!)