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Okay, der lange Urlaub dräut, wohin mit uns, möglichst lässig, möglichst erholsam, möglichst billig? Sollte man pleite sein, ist es ja keine gute Idee, Fernweh zu haben. Geht mangels selbigem Urlaub auf Balkonien nicht, dann heißt es kreativ werden. Ein Beispiel dafür, wie es dabei mit ein wenig Glück sogar zu einem Happy Liebesende kommen kann, erzählten Bekannte, zwei Freundinnen. Die haben sich letzten Sommer dazu entschlossen, sogenannte Wohnungstauschferien zu machen. Man zahlt über ein Internetportal eine kleine Mitgliedschaft und sucht sich eine Destination aus. Irgendwie muss man es schaffen, den Leuten die eigene Wohnung schmackhaft zu machen, in einem Land ohne Meer, in einer Stadt schon gar nicht am Meer, aber dafür mit viel Kultur, sprich Museen, die in der Hitze abzuklappern sind. Sie wählten Barcelona und fanden tatsächlich ein spanisches Paar, das sich in der gleichen Zeit dafür zwei Wochen lang Wien um die Ohren schlagen wollte.

Eigenartig war er schon, dieser geplante Urlaub in der Privatsphäre von Wildfremden. Die Freundin, die ihre Wohnung zur Verfügung stellte, hatte vor ihrer Abreise mächtig damit zu tun, alles was möglichst keiner sehen sollte, in einen Kasten zu sperren. Das wurde dann nach reichlicher Überlegung ein ganzes Zimmer, das sie absperrte. Darin wurden alle persönlichen, peinlichen oder wertvollen Utensilien verstaut. Dann reisten die beiden ab, zu einer Adresse mit der Anweisung, sich von den Nachbarn die Schlüssel zu holen. Um es kurz zu machen, die Wohnung dort war komplett leer geräumt, nur ein paar Möbel gab’s. Und ebenfalls ein verschlossenes Zimmer. Ein Blick durchs Schlüsselloch bot einen beeindruckenden Kisten- und Möbelturm. Ohne die paar Fotos an der Wand hätte man nicht einmal gewusst, wie die Tauschkollegen aussahen. Eine echte Sensation gab es aber, abgesehen von der Schönheit der Stadt: die gut aussehenden Nachbarn der Wohnung mit dem Schlüssel. Die standen als Highlight gar nicht im Inserat. Sie entpuppten sich als zwei äußerst adrette Spanier, deren Gastfreundschaft bemerkenswert war. Sie zauberten zur Begrüßung ein Abendessen, sie begleiteten die Damen am nächsten Tag zu den Sehenswürdigkeiten. Und im Folgenden traf man sich jeden Abend in diversen Tapas-Bars und kam sich so näher. Und näher. Und ganz nahe. Schlussendlich zog am Ende der ersten Woche der eine Nachbar „bei ihnen“ ein und die zweite Freundin ging in die Nebenwohnung. Amor hat also gefuhrwerkt, aber hallo.

Jetzt, ein Jahr später, haben sich die Wogen geglättet. Die eine Freundin führt eine solide Jedes-zweite-Wochenende-Beziehung. Und möchte sie zumindest so lange halten, solange die Fluglinien Schnäppchen verhökern. Die andere blieb überhaupt gleich dort. Für immer. Seine Blase einmal zu verlassen ist hilfreich für neue Erkenntnisse und Erlebnisse. Wenn man das im Sinne von lagerversöhnenden Maßnahmen auf die Wahlsituation im Mai ummünzen möchte, sollte man den Neubauer Bobos aus Wien ein paar Wochen im innviertlerischen St. Georgen gönnen, wo über 80 Prozent der Wähler Norbert Hofer gewählt haben. Gar nicht auszudenken, welch wunderbare Erkenntnisse bei ein wenig Schnuppern am anderen daherkommen. Zum Beispiel, dass alle nur Leut‘ sind. Und dass man mit ein wenig Übung eine gute Zeit miteinander haben könnte. Peace!

Wenn sie nicht liest oder Musik hört, arbeitet die zweifache Mutter selbstständig als Kommunikationsmanagerin und freie Autorin.