STIL

Keine Kopfhörerkabel, keine Probleme

Sarah Wetzlmayr

Apple ist mutig und schafft die Kopfhörerbuchse ab. Wir sagen nicht nur „is uns wurscht“, sondern sind bereit für ein lautes „Juhuuuuu“.

von Sarah Wetzlmayr

„Oida, was?“ war so ungefähr die Standard-Reaktion, als laut wurde dass Apple mit dem iPhone 7 die Kopfhörerbuchse abschaffen wird. Das Szenario erinnerte stark an Momente wie damals, als sich Stimme und Wortlaut der U-Bahn-Sprecherin änderten. Es gibt Dinge, die dürfen sich einfach nicht verschieben, nicht einmal einen Millimeter. Und abschaffen darf man die schon gar nicht, denn damit schafft einem immer ein anderer an einen Teil von sich selbst abzuschaffen – und das geht einfach gar nicht. Von der Abschaffung des U-Bahn-Schaffners noch gar nicht zu reden. Dafür müsste man noch einmal gesondert Luft holen. Die noch vorhandene Luft soll erstmal genutzt werden, nicht dem Ärger über das Verschwinden des verkabelten Musikhörens Luft zu machen, sondern der Freude darüber. Damit schafft es Apple nämlich beide der wohl wichtigsten Komponenten des Vorzeigeprodukts iPhone qualitativ auf ein neues Level zu heben: Fotos beziehungsweise Videos machen und Musik hören. Letzteres hat laut Apple mit der Abschaffung der Verkabelung nämlich eine deutliche Steigerung erfahren, denn die Sound-Qualität soll erheblich besser werden, weil in diesem Schritt ein Teil der Audiohardware in die Kopfhörer selbst wandert. Die Hersteller haben künftig also mehr Einfluss auf die Tonqualität als bisher.

Aber mal von diesem ganz hochtechnologischen Kramuri zu etwas was ganz plump aus der täglichen iPhone-Praxis gegriffen ist. Nämlich womit man in der Vergangenheit konfrontiert war, wenn man probierte dieses Ding mitsamt Kopfhörern aus der Tasche zu fischen. Das passierte nämlich meistens nicht an einer ordentlichen Angelschnur, sondern an einem Kabel-Knäuel. Damit ist man auch schon beim eigentlichen Kern der iPhone 7-Innovation angekommen. Dieses wilde Freestyle-Fischen ist mit der Entkabelung und den neuen, arg an den Aufsatz einer elektischen Zahnbürste erinnernden Stöpseln  im Ohr vorbei. Schön ist was anderes, das stimmt und da kann man kaum dagegen argumentieren, aber einen Kabelknäuel unter Kinn hängen zu haben ist halt eben auch wenig funktional und hübsch anzusehen ebenfalls nicht. Das Weglassen des Kabelsalats schafft also Freiräume, nicht nur sich andere Dinge unters Kinn zu hängen oder sich einen Vollbart wachsen zu lassen, sondern auch im iPhone selbst: Ein größerer Akku oder bessere Lautsprecher hätten da drin Platz. Außerdem ist man, neben der Akkubuchse, die zweite stark verstopfungsgefährdete Öffnung los. Jeder der schon einmal mit einer Sicherheitsnadel Dreck dort heraus operiert hat, weiß wovon hier die Rede ist.

Wir wissen Abschiede können verdammt weh tun. Was aber bestimmt über den Trennungsschmerz hinweghilft, ist sich zuzudröhnen – und zwar nicht an der Hausbar, sondern in der iTunes-Mediathek, die jetzt soundtechnisch ordentlich auftrumpfen kann. Und Salat haben wir fortan nur noch in der Tasche, wenn wir einen gekauft haben. Danke dafür. 

Fotos: Privat (1), Getty Images (2)