AKUT
Renault Band Camp: Der andere Weg
Fünf Menschen, die sich einst der Musik verschrieben haben, dann aber doch einen anderen Weg gegangen sind, treffen sich zur Jam-Session. Das Ergebnis kann sich hören lassen.
Text: Franz J. Sauer
Irgendwann wurde das klassische Klavierspielen auf der Musikhochschule fad. Da war es doch viel lustiger, die Hammondorgel zu rudern, improvisiert, ohne Noten, zum Lärm der mit Gitarren, Bass und Schlagzeug bewaffneten Bandkollegen. Bald wurden aus Jams Songs, dann kamen ins AERA weit mehr Leute als erwartet, und plötzlich hatten wir das Pop-O-Drom gewonnen, den größten heimischen Band-Nachwuchswettbewerb. Da ist es doch nicht mehr weit zum internationalen Superstar, oder? Aber auch der Journalismus interessierte mich. Und im Gegensatz zur Musik brachte er regelmäßig Geld. Wiewohl Musikmachen ein wichtiger Bestandteil meines Lebens blieb, und es mir durchaus zuhilfe kam, jederzeit mit fast jedem jammen zu können (Fingerfertigkeit und Harmonielehre hatte man mir auf der Hochschule beigebracht), hielt ich mich letztlich doch an den Rat des Vaters: „Erhalte dir die Musik als Hobby. Berufe werden schnell grau.“ Gitarrist Michael Kaiser bespielte mit seiner Band Stahl sogar schon ausgewachsene Festivals. Trotzdem war dem Apothekersohn nahegelegt, ein Pharmazie-Studium zu machen, und weil ihm das gar so leicht fiel, war auch die folgende Karriere im internationalen Biochemie-Business nicht unlukrativ. Trotzdem beschloss der Perchtoldsdorfer, ein zweites Mal einen anderen Weg zu gehen: „Ich habe gekündigt und vier Jahre budgetiert, also die entsprechende Kohle zur Seite gelegt.
Jetzt mache wieder die Kunst zu meinem Lebensinhalt (Anm.: Was im Falle von Michael Kaiser auch das Schreiben von Büchern und das Zeichnen von Karikaturen beinhaltet). „Mal sehen, ob der Plan anspringt.“ Auch Gregor Josel betrieb das Schlagzeugspiel stets weit mehr als nur hobbymäßig, absolvierte das Studium an der Musikuni Graz und schlug sich ein gutes Jahrzehnt als Profimusiker durchs Geläuf. Sein aktuelles Leben als Herausgeber des vorliegenden Magazins gestaltet sich jobmäßig insofern hybrid, als er gelegentlich auch heute noch professionelle Studio-Jobs spielt, weil er eben einer der besten Schlagzeuger des Landes in gewissen Bereichen (vornehmlich Jazz) geblieben ist. Trotzdem ist für ihn das Trommeln die schönste Nebensache der Welt, bei allerdings stets hochklassigem Niveauanspruch. Andreas Wollinger ist seit 1980 Journalist, war lange Jahre Chefredakteur des WIENER, ist nun auch schon ein knappes Jahrzehnt als Chefredakteur im Red Bull Mediahouse tätig. Nicht ohne stets die Stromgitarre als wichtigen Lebensbegleiter zu betrachten: „Irgendwann in den Achtzigern stand kurz zur Disposition, mit einer Rockband auf Europa-Tournee zu gehen. Aber ich entschied mich, zum WIENER zu gehen. Das war ja damals auch fast wie Rockstar werden …“ Tja – wie sich die Zeiten ändern! Danae Hübl arbeitet als Liegenschaftsbewerterin, außerdem wurde sie jüngst Mama, was allerdings nichts an ihrem Bedürfnis ändert, über die Musik ihr ausgeprägtes Talent als „Rampensau, wie Zuhörer behaupten“, auszuleben. Man merkt ihr jedenfalls gleich die Routine an, als sie den Proberaum betritt und sich das Mikro schnappt.
Proberaum? Mikro? Nun ja. Der WIENER hat ein Bandcamp ausgerufen. Fünf „Crossovers“, also Menschen, die einst Musiker waren, dann einen anderen Weg einschlugen, sollten sich zu zwei Dates treffen, einmal zur ungezwungenen Jam-Session und einmal zur Aufnahme im Tonstudio. Das allerdings nicht in irgendeinem: Thomas Rabitsch würde uns die Pforten zu jener legendären Akustikkammer am Wilhelminenberg öffnen, wo schon so ziemlich jede Größe des heimischen Showgeschäfts (Hansi Lang, Falco, Willi Resetarits, you name it!) und auch schon ein Lenny Kravitz hinter den diversen Mikrofonen stand. Geschichtsträchtige Hallen also, in denen wir einen Coversong, der unser aller Zustand zum Thema Musik recht gut unter einen Hut bringt, auf Festplatte kratzen würden: „I Love Rock ’n’ Roll“, eigentlich von den Arrows, berühmt geworden durch die (ebenfalls) Coverversion von Joan Jett and the Blackhearts aus dem Jahr 1981.
Eine große Portion Respekt, ein paar Notenblätter Nervosität sowie einen heiteren Nachmittag im Proberaum später war das Stück so weit einstudiert, die Bandchemie stimmte auch gleich, was sich an ausuferndem Herumgegeige ohne jede Disziplin zeigte. Die Studioerfahrung war für alle Beteiligten eine tolle Sache, das erste Abhören des Titels über die ziemlich fette Soundanlage unseres „Bandbusses“ Renault Kadjar eine Sternstunde. Und Thomas Rabitsch war mit der Leistung der zusammengewürfelten Truppe auch nicht unzufrieden. Wir bitten also zum Soundcheck.
Fotos: Sandra Keplinger, Tav Film, Eryk Kepski /motorblock.at, Franz J. Sauer