KULTUR
Games: Beste Schräglage – Ride 3
Die italienische Softwareschmiede Milestone S.r.l. gilt mit ihren Titeln MotoGP, MXGP und Ride als erste Instanz punkto Zweirad-Games. Mit dem dritten Teil von Ride zementieren die Mailänder eindrucksvoll ihre Kompetenz und bescheren uns die derzeit wohl beste Motorrad-Simulation zwischen Himmel und Asphalt.
Text: Markus Höller
Wem ultrarealistischer Topspeed à la MotoGP ein wenig zu zackig und zu wenig anschaulich war, der konnte seit 2015 auf die Games Ride und Ride 2 konzentrieren. Ein wenig mehr Arcade-Feeling, ohne dabei auf realistische Fahrphysik verzichten zu müssen, dazu ein paar szenische Strecken im Mix mit Klassikern wie der Nordschleife oder Laguna Seca. Jede Menge Abwechslung unter den Pneus, dazu ein gerüttelt Maß an Motorrädern aus allen möglichen Bauarten, Herstellern, Kubaturen und Jahrgängen. So konnte sich auch der Schönwetterbiker in der grauslichen Jahreszeit am Controller mit dem Bike-Adäquat zu dem in der Garage vergnügen. Dennoch: im Vergleich zu den hochpolierten Pendants auf vier Rädern wie Forza oder Gran Turismo musste das Zweirad-Gefetze dann punkto Grafik, Sound und generellem Look & Feel immer ein wenig Federn lassen. Bis jetzt.
Der WIENER hatte schon einen Monat vor dem offiziellen Release am 30. November die Gelegenheit, im Beisein von Entwicklern eine recht fertige Version von Ride 3 anzuspielen, und die ersten Eindrücke sind schlicht umwerfend. Das liegt vor allem am erstmaligen Einsatz der Unreal Engine 4. Der Schritt zu dem leistungsfähigen Unterbau öffnet der ohnehin schon guten Plattform nun Tür und Tor zu wirklich essenziellen Features: 4K HDR Unterstützung, erstmals verfügbare Nachtrennen und eine großartige Szenerie neben, über und unter der Rennstrecke. Penibles Modeling von über 230 verschiedenen Motorrädern (über 70 mehr via DLC im Köcher!) verspricht auf 30 Tracks realistischen Fahrspaß via Kette, Kardan und Zahnriemen. Die wunderschönen Details der Tracks sind auf das neuartige Drone Modeling zurückzuführen; mittels Videodrohne wurde zusätzlich zu den topografischen Daten auch die jeweilige Landschaft erfasst und perfekt nachmodelliert.
Wie bei jedem Rennspiel lassen sich die Settings zwischen „ultrarealistisch“ und „Anfänger“ variieren, wobei prinzipiell auf grundsätzlich guten Zugang für alle Arten von Spielern Rücksicht genommen wurde. Sprich: auch wenn man im echten Leben am Ellenbogen um die Kurve wetzt und Grobmotoriker am Controller ist, kommt man gut zurecht – und umgekehrt. Der Entwicklung kommt hier auch die große Begeisterungsfähigkeit des Entwicklerteams für Motorräder entgegen (no na in Mailand), im persönlichen Gespräch ließen mich die Jungs von Milestone die Begeisterung für Biker, Ehrfurcht vor den Irren auf der Isle of Man und Wertschätzung für das private Bike von mir ehrlich und herzlich spüren.
Ride 3 kann mit Fug und Recht als das aktuelle Opus Magnum von Milestone S.r.l. in Kooperation mit Bandai Namco bezeichnet werden – der mit Sicherheit beste Zweirad-Racer, seit es Pixel-Biker gibt. Da beste Feature zum Schluss: kein – ich wiederhole – kein anderes Rennspiel verfügt aktuell über einen besseren Motor-Sound als Ride 3. Kopfhörer, Heimkino, egal: wer einen so präzise und mit so viel Cochones Zweitakter, Reihenvierzylinder, V2-Langhub etc. samt all ihren Auspuffvarianten hören und spüren lässt, verdient tiefsten Respekt!
Ride 3
Entwickler: Milestone S.r.l.
Publisher: Bandai Namco
Erschienen für: PS4, Xbox One, PC
Spieler: Single/Multiplayer
Engine: Unreal Engine 4