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„Ausgangssperre“ – Heidi Lists Kolumne im WIENER #W431

Was würden Frauen abends tun, wenn Männer ab 21 Uhr Ausgangssperre hätten? – Diese Frage schleuderte die bekannte US-amerikanische Transgender-Frau Danielle Muscato in die Twitter-Runde.

Eine Twitter-Userin, die recht bekannte Bürgerrechtlerin und Transgender-Frau aus den USA namens Danielle Muscato, fragte kürzlich, was Frauen denn tun würden, wenn Männer ab 21 Uhr Ausgangssperre hätten. Die Frauen forderte sie auf, zu kommentieren, und die Männer bat sie, aufmerksam mitzulesen. Sie wusste, wieso genau sie diese Frage stellen musste, lebte sie doch zuerst als Mann, dann als Frau. Und als Frau weiß sie Bescheid um die Anspannung, mit der Frauen immer leben müssen. Auch wenn ihnen das eigentlich gar nicht so klar ist. „Es geht nicht nur um Vergewaltigung und Mord. Es geht auch um Freiheit von gruseligen Typen, selbsternannten „netten Kerlen“, ­schleimigen Typen, Frauenhassern und Besserwissern“, wird sie zitiert.

Über 22.000 UserInnen folgten dem Tweet. Mehr als 11.000 retweeteten. 8.500 kommentierten. Und die Antworten waren erstaunlich. Denn es waren sehr einfache, ganz alltäg­liche Dinge, die diese Frauen tun würden, die sie aber ihrem Gefühl nach nur in Begleitung oder am Tage tun können. Wie alleine im Park joggen zu gehen. Doch noch einen Kaffee trinken zu gehen, ganz alleine, ein paar Häuserblocks weiter. Eine Freundin zu besuchen, spontan, alleine. Je mehr Kommentare sich sammelten, desto mehr stärkte es das Bewusstsein der Frauen darüber, wie eingeschränkt sie eigentlich sind, mit einer so ­vertrauten Selbstverständlichkeit, dass ihnen das in dem Ausmaß ­selber gar nicht klar war. Und die Männer erkannten, wie wenig sie davon wirklich wussten.

„Der Fairness halber fragte ich dann einen Freund, was er täte, wenn alle Frauen ab 21 Uhr zu Hause bleiben müssten …“

So schrieb eine Userin: „Ich kann nicht glauben, dass ich gerade den Tränen nah bin. Ich denke, wir merken gar nicht, wie gefangen wir uns eigentlich in unseren eigenen vier Wänden fühlen. Ich würde die ganze Nacht durch die Parks und Städte und entlang der Flüsse und Strände laufen.“ Eine andere würde Nacht-Angeln gehen. „Ich würde lange im Büro bleiben und mir ­zwischendurch einen Kaffee im Coffeeshop holen“, schrieb eine ­andere. Oder: „Ich könnte meinen Heimweg von der Bibliothek genießen, statt Angst zu haben und meinen Katzenohr-Schlüsselanhänger zur Selbstverteidigung bereitzu­halten“. „Ich würde Absatzschuhe anziehen, ohne mir Gedanken zu machen, dass ich darin nicht ­rennen kann“. Und: „Allein daran zu denken, irgendwo ohne Angst hinzugehen, erscheint wie ein Traum. Fühlen sich so Männer?“

Die Männer reagierten auf den Post unterschiedlich. Natürlich gab es die, die sich schnell angegriffen und pauschaliert verurteilt fühlten. Die reagierten dementsprechend mürrisch. Viele dieser Kommentare mussten gelöscht werden. Aber ­viele Männer lasen mit und waren berührt. So fragt sich ein User zum Beispiel, was er besser machen könnte: „Kann ich euch als männ­licher Jogger irgendwie zeigen, dass ich keine Bedrohung bin? Oder soll ich einfach Abstand halten? Manchmal nicke ich anderen ­Joggerinnen höflich zu, aber jetzt mache ich mir Sorgen, dass das falsch rüberkommen könnte. Eure Antworten sind herzzerreißend und machen mich wütend“, schrieb er.

Es herrschte aber auch allgemeiner Konsens darüber, dass nicht jeder Mann eine Bedrohung ist und niemand ausgeschlossen werden soll. Manche Frauen würden auch ausgehen, irgendwohin, wo Männer sind – halt irgendwo hinter verschlossenen Türen, weil Haus­arrest. Danielle Muscato fasste zusammen: Frauen brauchen, dass Männer sie respektieren und ihnen auf Augenhöhe begegnen. Natürlich machte ich ebenso eine Umfrage unter Freundinnen. Eine würde im Brunnen am Schwarzenbergplatz baden. Die andere alleine in den Sternwartepark gehen. Und die dritte ins Kino, weil der Mann mit seinem Hausarrest auch gleich aufs Kind aufpassen kann. Der Fairness halber fragte ich dann einen Freund, was er täte, wenn alle Frauen ab 21 Uhr zu Hause bleiben müssten. „Nichts. Bier und dann heim,“ sagte er.
Ach so.

Fotos – Header: (c) Pamela Russmann