Interview

Püribauer ist nicht zu fassen.

Kunstsuperstar und Enfant terrible Bernd Püribauer, „Tier der Woche“-Zeichner des „Falter“ und Kopf der Band „Turbodeli“, wendet sich in seiner neuen Bilderserie dem Thema „Scheißhäusln“ zu. Damit wird er auf der Kunstmesse „Parallel Vienna“ ab 24. September am Stand der Galerie „Kolonie 5“ zu sehen sein, wo er anschließend den ganzen Oktober über ausstellt.

Interview: Manfred Rebhandl / Fotos: Dominik Goraus

wiener: Herr Püribauer, Sie haben für den Falter in den letzten 20 Jahren über 1000 Tiere der Woche gezeichnet. Sind Sie jetzt Vegetarier?
püribauer: Nein, Vegetarier bin ich wegen meiner Oma. Die hat mir früher immer gefüllte Paprika gemacht.

Mit gemischtem Faschiertem?
Nein, mit Schweinernem!

Sind Sie irritiert, wenn jemand mit Ihren Zeichnungen und Bildern nicht gleich etwas anfangen kann?
Was? Wer bitte soll das sein?

Woher kommt die größte Anfeindung?
Wenn sich wer aufregt, dass die Euter zum Beispiel bei irgendeinem Tier der Woche nicht am richtigen Platz sind. Ist doch wurscht, wo die Dutteln sind! Das Gegenständliche, das ich zeichne, ist halt bei uns vielen schnell zu abstrakt.

Und zu ordinär auch?
Natürlich auch zu ordinär. Dabei male ich überhaupt nicht zu viele Geschlechtsteile, ich male halt auch Geschlechtsteile. Jedes Tier hat ja auch ein Geschlechtsteil, und warum soll ich das nicht malen, wenn ich das Tier auch male? Wenn ich über die Almwiese gehe und da steht eine Kuh, dann seh ich auch die Geschlechtsteile von der Kuh, eh klar, oder? Aber wenn ich die Kuh mit dem Arschloch male, regen sich die Leute auf, und zwar nicht über die Kuh, aber über das Arschloch von der Kuh. In Thailand arbeitens das Arschloch von den Drachen extra fein mit Blattgold aus, und das im Tempel. Also wer hat hier ein Problem?

Die Ablehnung ist für mich unverständlich. Mit Bildern wie „Das letzte Arschloch“ (ein in einem Glassturz ausgestelltes Arschloch) oder „Pob Art“ (ein Po mit einem behaarten Arschloch, das wie ein Bart aussieht) sind Sie doch schon sehr nahe an der hohen Kunst dran.
Das wollen wir hoffen.

Viele Ihrer Tiere sind angebissen oder zerschnitten oder sonst wie verunstaltet.
Die Natur ist halt brutal, was soll ich machen?

Wie und wo reiht sich der Mensch in dieser Natur und in Ihrer Welt der Tiere ein?
Der Mensch ist ja kein Tier, der ist ein Alien, ein Außerirdischer.

Ist das Ihre feste Überzeugung?
Auf jeden Fall.

Mögen Sie lieber gestreifte oder gepunktete Tiere?
Beides. Am liebsten sind mir Zebras die sich mit Dalmatinern paaren.

Und darauf sitzt eine gestreifte Biene?
Und auf der Biene treibens zwei gepunktete Marienkäfer. Die Abwechslung ist wichtig.

Wie lange brauchen Sie durchschnittlich für ein Tier der Woche?
Wie lange brauchen wir noch für dieses Interview?

Sie haben jetzt Ihr Wohnmobil verkauft – weil Sie angekommen sind?
Das kann man so sagen, ja. Das hat über 4 Tonnen gehabt, aber nur 60 PS. Jetzt hab ich mir was gekauft, wo ich ein bisserl schneller herumfetzen kann – ein Motorrad. Zum Hirnauslüften.

Sind Sie auch reifer geworden?
Nein, eigentlich nicht. Nach wie vor bin ich ein Enfant terrible, wie das, glaub ich, heißt. Und das soll bitte auch so bleiben. Letztens hab ich mich nach 10 Jahren mal rasiert und unterm Bart Falten entdeckt. Zack, die Nachtcreme meiner Oma draufgeschmiert. Nein das ist mir wurscht. Aber im Kopf will ich nicht zu alt werden. Das ist wichtig für meine Arbeit. Da müssen immer wieder neue Ideen her.

Als Enfant terrible haben Sie ein eigenes Fukushima-Aquarium geschaffen nach der dortigen Atomkatastrophe, mit grotesk durch die Strahlung deformierten Fischen. Das haben Sie dann im MuseumsQuartier aufgestellt …
… und die japanische Botschaft hat sich beim Direktor vom MQ beschwert, dass sie das wegräumen sollen, sonst Probleme! Ich hab den Brief noch daheim, ich hoffe, die Oma hat ihn nicht weggeschmissen. Daraufhin hab ich beschlossen, das Ganze mobil zu machen. Jede Stadt der Welt wird jetzt so eine Pestsäule bekommen. Mit viel schwarzem Rauch.

Das Aquarium kommt als mahnende Botschaft ebenso gut an wie als großartiges Kunstwerk?
Das ist sehr gut gebucht, weil es jetzt auf meinem Arttruck steht. Grad war’s in Salzburg. Von dort geht’s nach Weiz ins Kunsthaus, dann weiter ins Karikaturmuseum zur Langen Nacht der Museen. Nächsten Frühling dann mal ans Meer. Ich war damit letztes Jahr auf der Contemporary Messe in Wien, da ist das Püribauer-Double, der Fleischmann Manfred, der mich in letzter Zeit oft spielt und zwei Meter groß ist und 200 Kilo schwer, aus dem Lastwagen gestiegen, und weil er so eine schwere Motorradverletzung hat, ist er gleich der Contemporary-Chefin vor die Zehen gefallen, wie ein nasser Fetzen. Das war´s.

Das Püribauer-Double gibt es also auch nicht mehr?
Schon, aber nur noch als Hulk! Ich finde, es ist Zeit. Ich werde mir zu Herzen nehmen, was meine Oma mir schon vor ihrem Ableben gesagt hat.

Stand der Truck mit dem Waterfuck-Aquarium auch schon in Ihrer Heimat Ternitz?
Wie ich ihn in Ternitz am Hauptplatz stehen gehabt habe, hat sich einer mit seinem Würstelstand drangehängt. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, dass es sich hier um ein „Kunstwerk“ handelt, meinte er: „Wos ist des? A Scheißdreck is des! Und du! Du bist a Oarschloch!“ Er hat seinen Würstelstand an meinem Kunstwerk hängen lassen. Ich bin dann noch einmal hin zu ihm, aber da war nix zum Reden mit dem, der hat ein fettes Messer in der Hand gehabt und geschrien: „Glaubts ihr, ihr kennts de Wöd varbessern?“ Ich hab ihm dann ein Würstel abgekauft und das ganze in Waterfuck is This umbenannt.

Sie machen jetzt auch keine Pop-Art mehr, sondern …
… Ich nenne es DebArt, das spricht man aus wie Depardieux. Eigentlich komme ich ja von den Dadaisten, aber das ist mir halt auch zu deppart. Ich bin letztens draufgekommen, dass „Pue“ auf französisch „Stinken“ heißt, also wäre Püribauer übersetzt „der Stinkebauer“. Jahrzehntelang habe ich überlegt, wo mein Name herkommt, jetzt weiß ich es.

… Dürfen wir das exklusiv bringen?
Ja, von mir aus.

Und jetzt, wo sie angekommen sind, machen Sie als Stinkebauer eine neue Serie mit dem Titel „Heisl“. Also eigentlich „Scheißhäusl“.
Also das mit dem Ankommen ist so eine Sache. Ich glaub, das ist dann erst soweit, wenn der Tunnel kommt. Bei manchen, wie zum Beispiel dem Presley Elvis, soweit ich das weiß, kommt der am Klo. Den habens doch tot am Klo g’funden. Die Heislserie taugt mir grad sehr. Da hat mich letztens bei einem unserer letzten Konzerte im Fluc das Klo dazu inspiriert. Die Fliegen und der ganze Dreck. Herrlich! Hab mir gleich Fliesen und die passenden Farben gekauft. Gold, Rot, Braun. Wunderbar!

Früher war alles schwarz-weiß.
Ja, aber jetzt eben nicht mehr! Ich steht ja total drauf, Farben einzukaufen, das macht mich richtig geil, ich kaufe Farben in Mengen, das packt keiner, ich hab so viele verschiedene Pinktöne daheim, so viele Neonfarben, alles. Aber im Winter frieren mir die dann in meinem Atelier immer ein, weil es dort so arschkalt ist, und wenn ich dann im Frühjahr anfangen will zum In-Farbe-Malen, dann habe ich nur mehr erfrorene Farben zuhause.

Wieso starten Sie mit der Heisl-Serie auf der „Parallel“?
Die „Parallel“ ist ja die Kunstmesse für alle, die auf der „Contemporary“ nicht dabei sein dürfen … Dort, wo die Etablierten ausstellen. Letztes Jahr bin ich zum ersten Mal durch die „Parallel“ maschiert, und da hab ich mir gedacht: Ja das ist alles irgendwie heislmäßig hier, aber sympathisch. Das passt zu mir.
Während der Arbeit verfluchte ich mich ja schon wieder, weil ich ein komplettes Heisl bin, weil ich das mache. Die Vorbereitung für die Fliesen, bevor ich anfangen kann zu malen, das dauert schon so lange! Dass die überhaupt mal alle genau picken bleiben, und dann noch die Fugenmasse … Heislmäßig. Dann hab ich mir auf Amazon ein Pissoir bestellt …

Man soll sich aber auf Amazon nichts bestellen.
Na gut, beim Installateur ums Eck hab ich mir eins bestellt, und dann hat es die Transportameise vor der Haustüre fallen lassen und es war kaputt, und der Opa hat es wieder zurückgeschickt, weil er sich gedacht hat, dass ein Pissoir was gleichschauen muss.

Ist das der Mann von der Oma?
Ja.

Kriegt der oft gefüllte Paprika?
Sehr oft.

Muss er oft aufs Klo?
Na, geht eigentlich.

Wie viele Objekte wird es geben von der Häuslserie?
Zehn bis zwanzig. Jedes wird ein Stück Häuslwand sein, 80 x 80, und da sind natürlich auch Elemente dabei wie Glory Holes und so, oder Blut von einem Schädel, der gegen die Häuslwand gedroschen worden ist, wegen der Eifersucht …
Rebhandl, Sie könnten mir da noch bei den Titeln für die Bilder helfen.

Ein Afro glory hole?
Nein, so viel Platz haben wir nicht. Und es wird oft „Pü! Pü! Pü!“ auf den Bildern stehen.

Wer ist die Käuferzielgruppe für die Häuslserie?
Erfolgreiche Yuppies zum Beispiel, die können sich ein Stückerl ihrer Jugend in ihre Lofts hängen.

Danach eröffnet die Ausstellung in der Galerie „Kolonie 5“ von Hannes Eder.
Genau. Darauf freu ich mich schon besonders. Da gibt’s auch ein schönes Häusl, da waren Sie ja schon mal, oder? Dort wird es eine Übersicht über mein gesamtes bisheriges Schaffen geben. Vielleicht auch Fotos von der Oma. Mal schauen. Kurz vor der Vernissage kommen mir meistens noch ein paar gute Ideen.

Und im Dezember gibt es dann noch ein besonderes Schmankerl?
Ab 15. November werde ich auf dem Spittelberger Christkindlmarkt Merchandise anbieten, da werden wir ein bisserl hineinfahren mit den Produkten in die traditionelle Angebotspalette. Vogel- und Schweinekrippen und wenn das schiefläuft mit Mohnkapselglühtee zum Chillaxen. Haha! Im 2. hat‘s geben eine Blumenhandlung, da ist draußen gestanden, an Drogenabhängige wird nichts verkauft. Aber wenn du reingekommen bist, waren die Mohnkapseln in 100er- und 200er-Schilling-Sackerl abgepackt. Oder Neunkirchner Mohnkipferln und statt den Maronis bunter Schwammerlmix aus dem Wechselgebiet.
Dann war ich in Hinterglemm wegen einer nächsten Ausstellung, da war gerade die Sache mit dem Sandler. Die haben ihn rausgehaut, der Chef dort hat gesagt, sie haben eh total viele Hängematten für ihn im Wald aufgehängt, aber er hat das nicht verstanden. Für „DasWerk“ mache ich im Herbst wahrscheinlich auch noch was. Und und und. Im Oktober hab ich in einer Woche 8 Vernissagen.

Sie haben auch einen Onlineshop, wo Sie ihre Wandfelle und sonstiges verkaufen?
Nein. Wüsste ich nicht. Da müssen sie schon zu mir aufs Land kommen oder eben zur Kolonie.

Werden Sie im öffentlichen Internet verkaufen?
Nein! Wenn nur im Darknet natürlich.

Werden Sie auch Tauschgeschäfte akzeptieren?
Sicher, wenn ich einmal eine Rolle Stacheldraht brauche oder so.

Haben Sie noch eine Botschaft an die Leser in diesen schwierigen Zeiten?
Ist das Interview jetzt zu Ende?


Püribauer @ Kolonie 5
Die Galerie „Kolonie 5“ (Hamburgerstr. 11,1050 Wien) zeigt vom 1.– 31.10. einen Auszug aus Bernd Püribauers Arbeiten. Als Teaser gibt es Püribauers neue Heislserie schon davor auf der „Parallel Vienna“ (24.-29.9.) zu sehen. Mit dabei auch sein legendärer Arttruck mit dem „Fukushima-Aquarium“ aus der „Waterfuck is this“-Tour.
Infos: www.parallelvienna.com