STIL

The Sound of Austria

Markus Höller

Unsere Alpenrepublik gilt nicht nur dank Mozart, Neujahrskonzert oder Trapp-Familie international als musi­kalische Instanz. Auch in technischer Hinsicht bürgt Österreich für ­Topqualität.

Text: Markus Höller

Wenn man sich in den 23. Bezirk am Rande Wiens begibt, reiht sich ein unscheinbares Industrie- oder Bürogebäude an das andere. Und es ist auch eines jener Gebäude, wo sich seit 2017 die eigen­tümergeführte Firma Austrian Audio und ihr hochkompetentes Team anschickt, die internationale Pro-Audio-Branche, aber auch den heiß umkämpften Consumermarkt aufzumischen. Schon wieder.

Warum „schon wieder“? Nun, hier muss man in die Zeit des Nachkriegs-Wiens zurückspringen, als die Firma Akustische und Kino-Geräte Gesellschaft m. b. H. gegründet wurde, die sich schon bald vor allem mit ausgezeichneten Mikrofonen und Kopfhörern einen Namen machte und in den 70er- und 80er-Jahren neben Giganten wie Shure oder Sennheiser zu einem Global Player aufstieg. Nach der Eingliederung in den Harman-Konzern in den 90ern begann der Stern von AKG jedoch, allmählich zu verblassen, seit Mitte der 2010er-Jahre ist Samsung Eigentümer von Harman und somit auch AKG, was letztlich nach 70 Jahren das Ende der Entwicklung und Fertigung in Wien bedeutete.

Austrian-Audio-Geschäfts­führer Martin Seidl drehte den drohenden Braindrain nach dem AKG-Aus zu einem international erfolgreichen Start-up. In Wien wird wieder fleißig getüftelt und ­gefertigt.

Viele hochqualifizierte In­genieure mit Dutzenden Jahren Erfahrung, eine motivierte Vertriebsmannschaft und gut gepflegte Artist Relations waren dem ehemaligen AKG-Manager Martin Seidl ein viel zu kostbares Paket, um es nach der Schließung des Standorts einfach gehen zu lassen. Mit vereinten Kräften wurde Austrian Audio aus der Taufe gehoben, und schon nach vergleichsweise kurzer Zeit stellte das Unter­nehmen der staunenden Fachpresse höchst innovative High-End-Produkte vor, die nicht nur der spirituellen Nachfolge des einstigen Spitzenunternehmens AKG würdig sind, sondern deutlich aus dem langen Schatten hervortreten. Man ist versucht, hier einen lahmen Phönix-Asche-­Vergleich anzustellen, aber das würde beiden Marken nicht gerecht. Denn AKG hält nach wie vor Hunderte Patente und entwickelt „trotz“ koreanischer Führung nach wie vor Topprodukte. Austrian Audio aber beschreitet technisch völlig neue Wege, hält ebenfalls schon einige Patente und konnte gleich im ersten Anlauf zwei TEC-­Awards-Nominierungen einheimsen. Nicht schlecht für den Start und ein kräftiges Lebenszeichen des Technologiestandorts Österreich!

Wiewohl die professionellen Mikrofone wie das OC818 schon beim Neujahrskonzert 2021 zum Einsatz kamen und in internationalen Studios gerade richtig angesagt sind (so wie auch die professionellen Kopfhörer Hi-X55), macht man sich in der Wiener Eitnergasse gerade mal erst warm. Denn auch hinter den Kulissen – sprich: als Zulieferbetrieb und Entwicklungspartner für andere Marken und Hersteller – ist Austrian Audio sehr gefragt. Namen können leider keine genannt werden, aber so mancher Autofahrer oder Handybesitzer benutzt bereits unwissentlich Produkte oder Technologien mit ­österreichischem Stammbaum.

Das Herzstück eines professionellen Recording-Mikrofons, die Großmembran-Kapsel. Dank neu­artiger Keramik-Fertigung mit bis dato unerreichter Präzision.

Audiophile und Casual Listener sowie die nicht erst seit Covid-19 boomende Heimstudio- und Podcast-Szene können sich aber schon bald auf eine Fülle an neuen Produkten freuen. Nach Auskunft von Martin Seidl kommen noch dieses Jahr einige Prosumer-Innovationen auf den Markt, auch im Portfolio von Mediamarkt, Amazon und Co. wird sich einiges tun.

„Wenn wir ein Produkt auf den Markt bringen, dann muss irgendwas drin sein, das »geil« ist. Und das haben wir auch in unserem Slogan: ‚Making Passion Heard‘.“
– Martin Seidl