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Warum wir WIENER machen

In der allerersten Ausgabe des WIENER anno 1979 erläuterten die beiden Gründungs-Herausgeber Gert Winkler und Günter Lebisch, was sie mit dem neuen Zeitgeistmagazin, auf das laut Prof. Armin Fehle „niemand gewartet hatte“ vorhaben.

Sie halten die Nullnummer einer neuen Zeitschrift in Händen, die ab 1. Oktober 1979 monatlich über die creative Wiener Szene berichten wird. Mit diesem trockenen Statement wäre eigentlich schon alles gesagt. Und Sie werden beim Blättern in diesem Prototyp ziemlich rasch verstehen, wie wir diesen Auftrag, den wir uns·selber gegeben haben, verstanden wissen wollen.

Dennoch, weil es ziemlich spannend ist, eine neue Zeitung zu machen, und ziemlich spannend, eine neue Zeitung zu lesen, wollen wir doch noch einige Worte darüber verlieren.

,,Wiener“ ist verstanden wie Leute. Österreicher hätten wir sagen können, weil ja das ganze Land kaum mehr Einwohner zählt als eine ordentliche Stadt. Aber Österreicher klingt eben nicht so gut wie die präzise Bezeichnung für die Bewohner einer Metropole, über die man im Ausland besser denkt als hier. Von der man am East River, an der Seine, an Tiber, Themse und Rhein mehr erwartet als an der Donau.

Daß die hohen Erwartungen, die man anderswo in Wien setzt, nicht zu hoch gegriffen sind, wird „Wiener“ Monat für Monat beweisen, indem wir Wiener präsentieren. Und wenn die meisten Wiener nicht hier geboren sind, vielleicht nicht einmal hier leben, dann werden sie sich den Titel schon gefallen lassen müssen.

Wir wollen Leute präsentieren, die etwas machen. Die creativ sind. Also Leute, die sich in ihrer Arbeit verwirklichen, denen nicht Urlaub und Einkom­men die Maximen ihres Handelns setzen, sondern Anstrengung, Unruhe und Zweifel, die Triebfedern aller schöpferischen Leistungen. Diese Leistungen erstrecken sich in alle Bereiche des menschlichen Daseins. Wir werden nicht nur über das sogenannte „Schöngeistige“ berichten, wie diese Nullnummer z. B. mit dem Hauptthema Mode vielleicht weismachen könnte, sondern auch über das durchaus „Praktische“. Über das handfeste Tagwerk der Kaufleute, der Politiker. Über Büttel und Schergen genauso wie über die Anstrengungen des sozialen Fortschrittes, der humanen Zukunft.

Wir können damit vielleicht den vielen Einzelkämpfern der Wiener Szene Mut machen. Mut, einander kennenzulernen, Selbstvertrauen zu fassen in sich und in die Möglichkeiten, hier und jetzt etwas zu machen. Und von hier aus. Wien liegt weit im Osten, eine Vorhut des Clubs der reichen Demokratien, tausend Kilometer von jedem westlichen Zentrum entfernt, abgeschnitten von den tra­ditionellen Schwesternstädten Prag und Budapest, vereinsamt, ohne Hafen. Wien ist weder internationaler Luftknoten, noch sonst ein -Knoten. Aber Wien ist Wien.

Und was Wien noch alles sein kann außer Schlaffheit, eingebettet im Promille­gürtel von Grinzing bis Gumpoldskirchen, das werden Sie in Zukunft auf die­sen Seiten zu lesen bekommen.

Die Herausgeber – Gert Winkler, Günter Lebisch