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Far Cry 6 – ¡Ay Caramba!

Markus Höller

Im neuesten Teil der beliebten Premium-Shooter-Reihe verschlägt es uns erstmals seit Teil 3 wieder in tropische Gefilde. Das Setting jedoch bleibt gewohnt verrückt, aber unterschwellig gesellschaftskritisch – und in der Antagonistenrolle hochkarätig besetzt!

Text: Markus Höller / Fotos: Hersteller

Kein Geringerer als Giancarlo Esposito, seinerzeit als Mastermind Gus Fring in der Kult-Serie „Breaking Bad“ in den Olymp der besten Bösewichte aller Zeiten aufgestiegen, gibt in „Far Cry 6“ den Oberfiesling. Damit schließt sich in unerwarteter, aber wunderbarer und hochqualitativer Weise ein Kreis zu „Far Cry 3“. Denn in Teil 3 des Franchises wurde nicht nur die grundlegende Ausrichtung der Serie erstmals festgelegt, sondern mit Michael Mando als Vaas auch einer der besten Villains der Videospielgeschichte präsentiert – jener Schauspieler, der eben auch im „Breaking Bad“-Ableger „Better Call Saul“ den komplexen Gangster Nacho Varga gibt.

Doch genug des Besetzungskarussells, hinein ins Spiel. Das Basis-Setting ist, wie schon in den Vorgängerversionen, leicht erklärt: ein lokaler Capo beherrscht und terrorisiert die Region. Als unfreiwillig(e) Held(in) – man darf sich das Geschlecht des Protagonisten aussuchen – macht man sich mit Hilfe lokaler Verbündeter daran, das Regime zu beenden. Nach einer Pirateninsel, dem Himalaya und dem amerikanischen Montana, wo man es jeweils mit einem Sklavenhändler, selbsternannten König und irren Prediger zu tun hatte, landen wir diesmal in der karibischen Inselrepublik Yara. Hier will der faschistische „El Presidente“ Antón Castillo (Giancarlo Esposito) sein nepotistisches Regime zugunsten von Sohnemann Diego mit aller Härte aufrechterhalten.

Wie schon bisher folgt das neue „Far Cry“ also einem gut durchdachten und ebenso abwechslungsreichen wie unterhaltsamen Narrativ, das aber im Rahmen einer detailverliebten Open World relativ frei verfolgt werden kann. Erneut kann man als Spieler im Kampf gegen unzählige Gegner und Unterbosse hier nicht nur auf tatkräftige Unterstützung von NPCs zählen, sondern auch auf tierische Verbündete, die man mit Maul und Klauen auch mal die Drecksarbeit erledigen lassen kann. Hier kann man den schrägen Humor des Entwicklerteams von Ubisoft besonders genießen: ein sehr spezieller Dackel namens Chorizo, Krokodil Guapo und Gockel Chicharrón peppen das Spielgeschehen ungemein heiter, wenn auch mitunter sehr rustikal, auf. Auch die spritzigen Dialoge lockern in bester 80er-Action-Oneliner-Manier das explosive Geschehen äußerst humorvoll auf. Viele weitere Features der Vorgängerversionen wurden weiter verbessert, so gibt es wieder umfangreiche Crafting-Optionen, eine üppige Auswahl an Waffen und vieles mehr. Ein paar Irrungen des eher mediokren unmittelbaren Vorgängers und „Far Cry 6“-Spinoffs „New Dawn“ wurden zum Glück weggelassen bzw. deutlich aufgebohrt. Auch die nach wie vor im Einsatz befindliche Dunia Engine 2 macht ihren Job mit weiteren Verbesserungen nach wie vor sehr gut; man merkt auch, dass der Ursprung der Serie mit der seinerzeitigen Crytek-Engine den tropischen/karibischen Dschungel quasi in der DNA hat und sich visuell so richtig daheim fühlt. War im mittleren Westen mit vielen urbanen Strukturen oder am Fuß der kargen Achttausender nicht so!

Darüber hinaus bietet „Far Cry 6“ natürlich auch jede Menge Stoff für Streber und Overachiever: zig Sidequests, Minigames und Easter Eggs versprechen umfangreichen Spielspaß abseits der Haupthandlung. Diese ist, und das muss abschließend auch erwähnt werden, trotz aller Shooter-Gaudi auch sehr politisch, das Game geizt nicht mit Anspielungen, Kritik und harter Kante gegen Diktaturen in Schwellen- und Entwicklungsländern. Wie schon im wenig subtilen Angriff auf die amerikanische Waffenlobbys und christliche Sektierer in Teil 5, bringen die Entwickler im Kontext des Spiels auch reale Probleme wie Freunderlwirtschaft, Korruption, Zwangsarbeit usw. aufs Tablet. Böse Zungen behaupten, das Castro-Kuba stand hier Modell, aber leider fließen hier auch zahllose Beispiele aus der Vergangenheit und Gegenwart ein, von der iranischen Revolution bis zum heutigen Weißrussland. Ein durch und durch spannendes, hochwertiges und zeitloses Action-Spektakel also, das die „Far Cry“-Reihe weiterhin als eines der besten FPS-Franchises festigt.

Far Cry 6
Entwickler: Ubisoft
Publisher: Ubisoft
Erscheint für: PC, Xbox One, Xbox Series X/S, PS4, PS5, Stadia, Luna
Engine: Dunia Engine 2
Spieler: Singleplayer, Multiplayer