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Zurück aufs Land: Hausbau im ländlichen Raum
Lange Zeit wollten viele Menschen, die in einem Dorf am Land groß geworden sind, als Erwachsene nur eines: das vertraute Nest rasch verlassen und ab in die Stadt. Mittlerweile ist jedoch ein Gegentrend feststellbar: Immer öfter zieht es Leute aus der Stadt wieder zurück oder erstmalig aufs Land. Einer der Hauptgründe, den Familien hierfür nennen, sind ihre Kinder. Diese sollen wohlbehütet am Land aufwachsen – in einer möglichst grünen Umgebung. Teilweise spielt auch das vorhandene Budget eine Rolle, denn die Grundstückspreise sind am Land oft noch niedriger. Darüber hinaus wird die eigene Gesundheit als Beweggrund genannt, schließlich ist die Luft in unverbauten Gebieten besser. Weitaus seltener spielen hingegen berufliche Aspekte bei dieser Entscheidung eine Rolle. Aber welche Vor- und Nachteile sind damit verbunden? Worauf sollten Interessierte beim Grundstückskauf und Hausbau speziell achten? Und ist das Leben am Land wirklich besser?
Wohnen auf dem Land: Vor- und Nachteile
Genauso wie auch das Wohnen in der Stadt Vor- und Nachteile hat, so hat auch das Leben am Land Sonnen- und Schattenseiten. Zu den jeweils wichtigsten Faktoren zählen:
Vorteile
- für das gleiche Geld erhalten Interessierte meist größere Grundstücke
- weniger dichte Bebauung, sodass sich oft ein schöner Ausblick in die Ferne genießen lässt
- weitläufige Grundstücke ermöglichen mehr Flexibilität in puncto Hausgröße, Erweiterungen wie Carport oder Garage und Außengestaltung
- naturnah
- gesunde Landluft
- in der Regel besteht die Möglichkeit, frische regionale Lebensmittel vor Ort günstig zu erwerben
Nachteile
- meist schlechte Infrastruktur, d.h. Kindergarten, Schule, Arbeitsplatz, Supermärkte etc. sind nicht immer zu Fuß zu erreichen
- eingeschränkter Anschluss öffentlicher Verkehrsmittel, wodurch ein Auto oft notwendig wird
- geringere Anzahl an Kulturangeboten, darunter Theater, Museen und Kinos
- in zahlreichen ländlichen Regionen fehlt noch immer ein schnelles Internet, da der Breitbandausbau zum Teil noch in den Kinderschuhen steckt
Interesse an Eigenheimen ungebrochen
Seit der Corona-Krise hat aber nicht nur das Landleben generell an Attraktivität gewonnen, sondern aktuell wünschen sich auch weitaus mehr Österreicher ein Eigenheim anstatt einer Mietwohnung. Ähnlich verhält es sich in Deutschland. Der Gründer der Deutschen Reihenhaus AG, Daniel Arnold, äußert sich dazu wie folgt: „Den Menschen ist das Thema Wohneigentum nach meinen Beobachtungen wichtiger geworden.“ Er führt dies darauf zurück, dass für Familien insbesondere in schwierigen Zeiten ein krisensicheres Dach über dem Kopf und Zusammenhalt zählen.
Während vergangener Lockdowns gab es zwar zunächst verunsicherte Menschen, die sich abwartend verhielten, wodurch die Zahlen kurzfristig einbrachen. Kurz darauf schossen diese aber wieder durch die Decke – das Interesse an Wohneigentum ist also weiterhin groß. Viele potentielle Bauherren loten ihre Möglichkeiten aus und die Bereitschaft, in den ländlichen Raum zu ziehen, steigt. Nicht zuletzt trägt auch die Niedrigzinspolitik ihren Teil dazu bei, dass der Traum vom Eigenheim erfüllbar ist. Doch worauf sollten Interessierte dabei speziell achten?
Länderspezifische Bauordnungen
Wer sich mit dem Hausbau am Land beschäftigt, kommt zunächst nicht um das Baurecht bzw. länderspezifische Bauordnungen herum. In Österreich kommt es nämlich ganz darauf an, wo gebaut wird: Da das Bauwesen der Landesgesetzgebung unterliegt, gibt es neun verschiedene Bauordnungen. Sodann muss eine Bauplatzbewilligung bei der jeweiligen Baubehörde schriftlich beantragt werden. Dieser müssen neben einem Plan auch einige weitere Informationen beigelegt werden – zum Beispiel Angaben darüber, wie der Bauplatz mit dem öffentlichen Straßennetz verbunden werden soll oder wie die Energie- und Wasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung erfolgen werden.
Grundsätzlich sind in jeder der österreichischen Verordnungen auch Passus enthalten, die dafür sorgen, dass jede Bebauung sorgfältig geplant wird und nicht unnötig viel Fläche versiegelt wird. So ist in der Bauordnung für Wien etwa enthalten, dass bei der Festsetzung oder Abänderung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen immer darauf zu achten ist, dass adäquate Umweltbedingungen erhalten oder geschaffen werden, die gesunde Lebensgrundlagen in puncto Wohnen, Arbeit und Freizeit sichern. Auch ein möglichst sparsamer, ökologischer, klimaverträglicher Umgang mit Energieressourcen sowie Grund und Boden ist in diesem Gesetz verankert. Ein eigener Punkt widmet sich sogar der Erhaltung des Wienerwaldes.
Es wird also sorgfältig geprüft, ob ein Bauprojekt am jeweiligen Ort zulässig ist. Nicht nur das Bauvorhaben selbst bedarf einer Bewilligung, sondern meldepflichtig sind beispielsweise – wie etwa in der Niederösterreichischen Ordnung angeführt – auch das Aufstellen oder der Austausch von Heizkesseln mit einer Nennwärmeleistung von mehr als 50 kW, das Aufstellen oder der Austausch von Feuerungsanlagen mit einer Nennwärmeleistung von mehr als 400 kW, die Veränderung der Höhenlage eines Geländes oder das Aufstellen von Windkraftanlagen. Auch überdachte und höchstens an einer Seite abgeschlossene bauliche Anlagen müssen der Baubehörde vor ihrer Ausführung bekanntgegeben werden. Darunter fallen zum Beispiel die beliebten Carports. Darüber hinaus können – je nach Region oder Siedlung – noch weitere Vorgaben hinzukommen – zum Beispiel hinsichtlich Dachform, Geschossanzahl oder Bau der Garage. Darüber sollten sich Bauherren schon zu Beginn des Hausbaus im Zuge der Garagenplanung informieren.
Was Bauherren vor dem Grundstückskauf beachten sollten
Wer sich über die Rechte in Bezug auf ein spezielles Grundstück informieren möchte, sollte zunächst die zuständige Baubehörde konsultieren und einen Blick ins Grundbuch werfen. Es wird dringend empfohlen, dies vor Abschluss eines Kaufvertrages zu tun, um negative Überraschungen zu vermeiden. Entnehmen lassen sich daraus viele bedeutende Faktoren, darunter
- eingeräumte Wegerechte
- bestehendes Vorkaufsrecht
- eingetragenes Baurecht
Darüber hinaus sollten künftige Hausbesitzer das Baulastenverzeichnis unter die Lupe nehmen. Dort finden sich Hinweise über öffentlich-rechtliche Verpflichtungen des Grundstückseigentümers gegenüber der Baubehörde. Dieser hat demnach beispielsweise bestimmte Dinge auf seinem Grund und Boden zu dulden, zu unterlassen oder auszuführen. So können etwa Abstandsflächen festgelegt worden sein, die den Eigentümer dazu verpflichten, diese von einer Bebauung mit abstandsrelevanten Immobilien auszuschließen. Oder aber es besteht eine Vereinigungsbaulast. Damit werden zwei unterschiedliche Grundstücke per Gesetz als eine Einheit betrachtet.
Auch der Verdachtsflächenkataster kann weitere, wertvolle Informationen liefern. Dieser beinhaltet gemeldete Altablagerungen und Altstandorte, für die der Verdacht einer erheblichen Umweltgefährdung aufgrund früherer Nutzungsarten ausreichend begründet ist. Diese Verdachtsflächen teilt der jeweilige Landeshauptmann bzw. die jeweilige Landeshauptfrau der Umweltbehörde mit. Verkäufer verschweigen selbstverständlich gerne derartige Informationen. Erst, wenn die attraktive Gartenbepflanzung wie schützende Hecken und farbenfrohe Blumen später aus unerklärlichen Gründen die Köpfe hängen lassen, stellen Käufer fest, dass sie ihre Investition in den Sand gesetzt haben. Doch Achtung: Wurde eine Liegenschaft in den Verdachtsflächenkataster aufgenommen, so bedeutet dies noch nicht automatisch, dass auch wirklich eine erhebliche Gefahr von diesem Grundstück ausgeht, sondern dass zunächst entsprechende Untersuchungen nötig sind, um dies festzustellen. Wer also auf Nummer sicher gehen möchte, prüft das gewünschte Grundstück auch dahingehend.