Film & Serie
The Northman: Rustikaler Sagenstoff
Wenn sich ein Schauspiel-Hüne aus dem schwedischen Skarsgård-Clan und ein gefeiertes Regie-Wunderkind zu einer Wikinger-Saga zusammentun, kann nur Gutes dabei rauskommen. Der WIENER traf zwei Ausnahmekünstler bei einem Screening in Hamburg.
Text: Markus Höller / Fotos: © 2022 FOCUS FEATURES LLC.
Auch die Allergrößten haben mitunter abgeschrieben. So zum Beispiel William Shakespeare, der sich für sein Meisterwerk Hamlet bei einer mittelalterlichen dänischen Sage rund um den rachsüchtigen Amleth bedient hat. Ebenjene Sage in der Ursprungsform diente nun als Vorlage für den epischen Wikinger-Film „The Northman“, den der gefeierte Regisseur Robert Eggers („The Witch“, „The Lighthouse“) als seinen erst dritten Spielfilm inszenierte. Die Geschichte ist hinlänglich bekannt und daher kurz erzählt: Königssohn ist auf der Flucht, nachdem Onkel den Vater tötete, und kehrt erwachsen und erstarkt zurück, um sich zu rächen und den ihm zustehenden Platz einzunehmen.
Wiewohl der Stoff wenig neu oder originell ist, macht es hier das Setting im historisch passenden Kontext und vor allem die kompromisslose Inszenierung aus. Es gibt wahrlich wenig zu lachen, wenn im großem Stil gemordet und gebrandschatzt wird, die Wikinger werden hier nicht als edle Kultur, sondern äußerst effiziente Räuber dargestellt. Vor allem Alexander Skarsgård, der schon in „Tarzan“ oder der Serie „True Blood“ seine imposante Physiognomie zur Schau stellte, passt hier optimal als zwar nachdenklicher, aber keineswegs gnadenvoller Rächer. Überhaupt ist das Ensemble eine wahre Freude: Die Kidman, wie immer höchste charismatisch, als Mutter des Recken. Sowohl Anya Taylor-Joy als auch Willem Dafoe geben sich schon zum zweiten Mal die Ehre in einem Eggers-Film; Ethan Hawke und erfreulicherweise auch Björk kehren endlich wieder auf die Kinoleinwand zurück. Apropos Kino: diesen Film muss man auf der großen Leinwand sehen, alleine schon der druckvolle Soundtrack von Robin Carolan und Sebastian Gainsborough braucht Raum.
Bei einer Vorpremiere in Hamburg standen Hauptdarsteller und Regisseur einer kleinen Auswahl an Journalisten zur Verfügung, um über den Film und die Dreharbeiten zu plaudern. Dabei kamem immer wieder die extremen Bedingungen beim Dreh in Island und Irland zum Gespräch.
Skarsgård: Es waren bei Weitem die fordernsten Dreharbeiten, die ich bis jetzt erlebt habe, physisch und mental. Ich habe zwar schon zuvor körperlich anstrengende Rollen gespielt, aber zum Beispiel wurde „Tarzan“ auf einer Soundstage in London gedreht. Mit mehreren Kameras, und dann wurde aus einem Take viel zusammengeschnitten. Robert arbeitet so nicht. Er dreht auf Film, nicht digital, und immer mit nur einer Kamera für lange Shots. Das verlangte allen viel ab. Robert und sein Kameramann Jarin Blaschke sind Perfektionisten, und so war es manchmal ein Alptraum vor der Kamera. Ein kleines Detail fehlerhaft, wie ein Huhn an der falschen Stelle, und wir mussten den Take wiederholen, manchmal 25 oder 30 Mal. Speziell die Kampfszenen sind hier schwierig, denn beim nach dem ersten Mal ist dein ganzes Adrenalin aufgebraucht. Aber Robert ist so ein talentierter Regisseur, und seine Visionen haben uns alle immer wieder motiviert. Zum Beispiel die Idee, den Überfall aufs Dorf als One Shot zu drehen.
Eggers: Wir haben wirklich hart gearbeitet, und so etwas mache ich nie wieder, weil es zu anstrengend und schmerzhaft war. Aber das hat den Film besonders gemacht, und eigentlich zu dem, was ich angekündigt habe: den unterhaltsamsten Eggert-Film bisher. Ich bin sehr stolz darauf.
The Northman
Produzenten: Mark Huffam, Lars Knudsen, Robert Eggers, Alexander Skarsgård, Arnon Milchan, Regie: Robert Eggers, Drehbuch: Sjon, Robert Eggers, Hauptdarsteller: Alexander Skarsgård, Nicole Kidman, Anya Taylor-Joy, Ethan Hawke, Willem Dafoe, Björk Verleih: Universal, Start: 21. April 2022