Interview

Waterloo im Interview – Glücklich ist wer glücklich ist

In einer Welt, wo sich alle gegenseitig anschütten, sieht Hans Kreuzmayr alias Waterloo die Sache viel einfacher: „Ein Mensch musst du sein!“, ist die Kernaussage, die ihn selbst glücklich sein lässt. Über einen, dessen Lebensfreude und Menschenliebe ansteckend sind.

Interview: Manfred Rebhandl
Fotos: Peter M. Mayr
Ort: Haus von Hansi und Andrea Kreuzmayr im Burgenland
Zeit: Freitag, 2. September, 13 Uhr

WIENER: Herr Waterloo, was hat es mit Ihrem schönen Amulett auf sich?

WATERLOO: Das hab ich von einer Dame bekommen aus Eibiswald, die hat ein Behindertenheim geführt mit 70 Kindern, die hat mich öfter eingeladen, mit der bin ich sehr befreundet, eine ganz tolle Frau, die Hildegunde Neumann, eine sensationelle Frau, wenn du die siehst, die ist genauso alt wie ich, die musst du sehen, die ist so gut drauf, weil sie das macht, was sie will.

WIENER: Mir kommt vor, am besten auf der ganzen Welt sind Sie drauf. 

WATERLOO: Da hast recht! Da hast du ganz recht! Aber schau dich um. Die Andrea, meine Frau, die ich über alles liebe, und ich sind da in unserer Piccolo Villa Gräfin Mariza, unserem kleinen Häuserl, wir schauen auf den See, und unser Hund, der Maximilian Prinz von Brunz rennt herum. Da vorne steht der Schmetter­lingsbaum mit den Schmetterlingen, wir haben einen Kakteengarten angelegt, das heißt, die Andrea hat ihn angelegt (lacht). Früher hab ich Trottel immer so große Hüttn gehabt! Sinnlos!

WIENER: Die Haare haben Sie auch immer noch schön.

WATERLOO: Pass auf, da war ich 50, da hat mich einer auf der Straße angeredet: Na, Oida, jetzt kriegst aa a Glatzn! Österreicher halt. Aber ich hab da hinten wirklich eine Glatze gekriegt wie alle anderen Österrei­cher halt auch. Hab ich also gesagt: Pass auf, nächste Woche lass ich sie mir machen. Hat er gesagt: Das kostet ja ein Geld! Hab ich gesagt: Na und! Ist ja mein Körper und mein Geld! Die schneiden dir den Schädel auf, holen die Haare heraus und stecken sie dir da wieder eini, Eigenhaar­verpflanzung – das Beste, was es gibt!

WIENER: Hat das Leben Sie denn nie enttäuscht?

WATERLOO: Freilich! Freilich! Aber schau her, ich hab einen sehr lieben Bekannten, der ist mit, was weiß ich, 19 enttäuscht worden von einer Dame und hat danach nie wieder eine wollen, jetzt ist er fast 60, und ich sag zu ihm: Pass auf, man muss immer wieder neu starten, immer wieder! Morgen schon wieder! Wenn es nicht passt, dann hat es halt nicht gepasst, dann darf man nicht böse sein, dann sagt man: Ich wünsche dir alles Liebe, alles Gute!

WIENER: Da hast noch das Haus …

WATERLOO: Genau, da, nimm du das Haus! (lacht) Ein Geld kriegst nicht mehr, aber ein Busserl, wennst noch eines willst, und dann fertig. Das Leben ist so was von kurz, wennst denkst: Wir leben auf einem der kleinsten Planeten der Welt, und was machen wir daraus die 70, 80 Jahre, die wir haben? Nur Blödsinn!

WIENER: Sie sind nie böse auf etwas, das hinter Ihnen liegt?

WATERLOO: Na, überhaupt ned! Überhaupt ned! Wenn ich jetzt eine Frau heirate, und ich hab drei Mal geheiratet, und es passt nicht, dann darf ich nicht ihr die Schuld geben, darf ich nicht mir die Schuld geben, sondern ich muss halt sagen: Es hat ned passt! Trotzdem wünsch ich Dir alles Gute.

WIENER: Ihr Leben war aber nicht immer nur schön.

WATERLOO: Na, wirklich nicht. Aber schon auch schön! Ich bin bei Altheim in OÖ auf die Welt gekom­men, gleich nach dem Krieg 1945, dort bin ich noch in den Kindergarten gegangen. Dann hat auf einmal mein Papa keinen Job mehr gehabt, der war Elektriker, aber wenn der Krieg kommt, dann bist kein Elektriker mehr, dann musst du schießen, dann musst halt tun, was die Politiker von dir wollen, seit 2000 Jahren ist das das Gleiche, furchtbar (weint beinahe).

WIENER: Ist er heil nach Hause ­gekommen?

WATERLOO: Mit einem Kopfschuss, das war furchtbar, furchtbar! Da hats ihm alles ausseghaut da hinten, es sind ihm wieder die Haare drüber gewachsen, er hat sehr schöne Haare gehabt, Gott sei Dank. Aber horch zu: Mein Papa war ein ausgesprochen herzlicher Mensch, ein ausgesprochen herzlicher, wirklich! Und die Mama kam aus Wien, ihr Papa aus Ungarn, ich hab ein bisserl Mischlingsblut in mir, sie war auch sehr herzlich. Solche Seelen findest du heute kaum mehr, solche Menschen, außer meine Frau natürlich und meinen Hund (lacht). Dann hat der Papa gesagt, wir müssen auswandern vom Innviertel nach Linz, weil dort ist die VOEST, und dort kriegt er einen Job. Geht er also hin und kommt er wieder heim und hat ein bisserl geweint, weil er nicht als Elektriker einen Job gekriegt hat, sondern am Hochofen, weil er nicht das Parteibiachl gehabt hat, na ja, lassen wir die Politik. 

WIENER: Der Papa war wichtig für Sie?

WATERLOO: Der Papa hat immer viel geredet mit mir, die Mama auch, die hat gut gekocht auch noch, die waren beide immer sehr lieb zu mir, sehr lieb, ich hab immer das Gefühl gehabt, dass sie mich mögen, dass es gut ist, dass ich da bin, ganz liebevoll waren die, da fang ich heute mit 77 noch zum Weinen an, das gibt’s heute nicht mehr, diese Ehrlichkeit, das spürst du ja als Junger auch schon, weil du hast ja als Kind auch schon eine Seele. Das hat der Dalai Lama dann später gesagt: Passts auf die Seele auf, dass die mit dem Hirn zusammenpasst, weil wenn das nicht passt, dann brauchst gar nix machen, dann brauchst nicht einmal zur Schule gehen. Weil mit deinem Hirn tust nur Leit daschiaßen, wie sie es heut wie­der tun, da kriegst ja einen Vogel, ich will die Namen gar nicht nennen. So viele Kriege haben wir schon gehabt, und dann fangt der noch einen an!

WIENER: Wollte der Papa, dass Sie auch in die VOEST gehen?

WATERLOO: Na geh! Der Papa hat immer nur gesagt: Tu was! Tu nicht ummanaund, tu was, und bleib ein Mensch, glaub an die Liebe und das Leben! Wir haben in der Nähe von der VOEST gewohnt in einer Holzbaracke, ganz arm, ganz arm, das kannst dir nicht vorstellen! Dort hat uns niemand geholfen, nix, null, null, null, keine Menschen waren dort, nur Leute. Aber später, ich bin ja sehr viel gereist, habe ich so viele Menschen kennengelernt, wunderbare Menschen, das ist die größte Bildung überhaupt, da hilft dir kein Studium, wennst dich nur für den Gosausee interessierst oder für eine Latschn irgendwo bei Wien. Wenn du als Mensch wo hin kommst, spüren das die Menschen, und die Leute, die brauchst du eh nicht, du brauchst Menschen. Und die hab ich überall kennengelernt. Ich bin so dankbar! Japan, Russland, Ostdeutschland, Amerika, Afrika, das ist ja praktisch meine zweite Heimat. Ich bin ein sehr offener Mensch, für alle Menschen und Rassen auf dieser Welt, für mich gibt’s nur die Dummen und die Nicht­dummen, der eine wachst da auf, der andere dort, ist doch wurscht, ob der arabischstämmig oder bayerischstämmig ist, das ist wurscht! Wurscht! Das hab ich von meinen Eltern schon gelernt, offen zu sein.

WIENER: Bekannt ist Ihre Liebe zu den native Americans oder Indianer, wie wir früher sagten.

WATERLOO: Menschen! Ich hab da drüben Menschen kennengelernt, das kannst du dir nicht vorstellen! Ist einer in Colorado vorm See gesessen, stundenlang, tagelang, wenn’s geregnet hat, ist es ihm auch wurscht gewesen, er hat ja einen Hut aufgehabt. Geh ich an ihm vorbei und sage: Hello, I am from Austria. Ist ihm auch wurscht gewesen, der hat mich nicht angschaut, gar nichts. Aber ich hab das damals noch nicht gewusst, dass der das einfach braucht, dass der seine Ruhe braucht. Wir ­lassen uns ja dauernd stören da im Westen oder wie das heißt, darum sind wir ja fix und fertig, aber der hat sich nicht stören lassen. Nach ein paar Stunden bin ich wieder retour gekommen, und auf einmal hat der den Hut herunter getan und mich angeschaut. Und ich hab Augen gesehen, die hab ich vorher nicht und nachher nie wieder gesehen. Der hat ge­strahlt, gefunkelt, der war so freundlich, so happy, wir haben eine Zeitlang geplaudert, es war wunderbar. A Mensch halt!

WIENER: Hat der Papa Sie auch mal an den Ohrwascherln gezogen oder sonst wie erzogen?

WATERLOO: Schau, einmal, da war ich elf oder zwölf, sind wir von der VOEST mit der Straßenbahn nach Linz hinein und sind wir spazieren gegangen, mein Papa hat sich eine angeraucht und gesagt: „Da Bua, jetzt rauch!“ Hab ich gesagt: „Aber Papa, du hast doch gesagt, ich soll nicht rauchen.“ „Rauch!“, hat er gesagt. Hab ich einmal angezogen, das werd ich nie vergessen, und mir ist so schlecht geworden, dass ich fast umgefallen bin. „Siehst!“ hat er gesagt. „Und jetzt entscheidest du selbst, ob du rauchen willst.“ Er hat mir was beibringen wollen an dem Tag! Wie es mir wieder besser gegangen ist, sind wir an einem Puff vorbeigegangen und er hat gesagt: „Hansiburli! Da brauchst du nie hineingehen, da zahlst du nur drauf! Du willst das nicht! Du bist das nicht! Nimm deine Seele in die Hand und geh daran vorbei! Da sind Frauen drinnen, die bezahlst du, und dann kommst du heraus und bist erledigt!“ Hab ich gesagt: „Okay, Papa.“ Und dreißig Jahre später in Hamburg geh ich mit dem Robinson auf der Reeperbahn spazieren, wir waren da gerade bei einer super Plattenfirma. Auf einmal geht die Türe auf: „Servus, Waterloo! Was tut denn ihr da? Kommt rein!“ Ich hab gar nicht gemerkt, dass das ein Puff war! Wir gehen hinein, sitzen lauter Mädels herum, hahaha, hihihi, und die kommen her und fragen: „Was dürfen wir denn trinken?“ „Mir wurscht, trinkts irgendwas!“, hab ich gesagt. Auf jeden Fall waren wir auf einmal 400 Mark schuldig, wir haben die Plattenfirma anrufen müssen, die uns das Geld geliehen hat, dass wir da rauskommen. Und der Papa hat recht gehabt: „Du zahlst nur drauf, Bua! So oder so!“

WIENER: Sie waren aber schon sehr beliebt bei den Frauen?

WATERLOO: Absolut! Und eine Frau ist für mich ein Geschenk Gottes, etwas Wunderbares. Aber das hat nix damit zu tun, dass ich in ein Puff gehen täte oder so, das interessiert mich überhaupt nicht, überhaupt nicht! Dass ich um 100 Euro eine schnacksln tät und dann erledigt ummanaundahäng, na! Na! 

WIENER: Mit Ihnen wollten aber gewiss viele schnackseln.

WATERLOO: Die haben im Hotelzimmer auf mich gewartet, keine Ahnung, wie die da reingekommen sind, aber es hat mich nicht interessiert. Oder wie ich den Winnetou gespielt habe in Winzendorf, drei Monat lange, mein Originalgewand hängt eh noch da drinnen, sitzen auf einmal zwei bei mir im Bus und sagen: Wir können eh aufs Zimmer auch mit dir gehen. Sag ich: Ich will das nicht! Ich brauch das nicht! Obwohl ich so ausgeschaut hab, und der Robinson nicht so ausgeschaut, hat er immer die Mädels gekriegt, aber das war in Ordnung! In Ordnung! 

WIENER: Den haben Sie in Ihrer sehr erfolgreichen Damenboutique in Linz Urfahr kennengelernt. Dabei haben Sie schon viel früher gemerkt, dass die Musik Ihres ist.

WATERLOO: In der Schule war ich nicht gut in Mathematik, da hab ich einmal einen Fünfer gehabt, das werd ich nie vergessen. Bin ich zur Frau Lehrerin gegangen und hab gesagt: „Darf ich Ihnen was vorsingen?“ (lacht) Ich bin so! Ich hab da keine Probleme damit! Und sie hat gesagt: „Na gut, sing mir halt was vor, Hansi.“ Hab ich ihr was vorgesungen, und sie hat gesagt: „Na gut, machen wir dieses Mal noch einen Vierer draus, weil du so schön gesungen hast.“ Und daraus hab ich gelernt! Du lernst aus solchen Sachen! Ich hab gelernt, dass ich mit Musik den Menschen Freude machen kann, aber ned als Oarschloch, sondern wenn ich so bin, wie ich bin, ein Mensch! Bleib a Mensch! Wenn du das verstehst, dann ist das Leben schön und wertvoll.

WIENER: Also sind Sie ein Mensch geblieben, der Musiker geworden ist?

WATERLOO: Genau! Ich hab als 14-Jähriger schon die MELODIAS gehabt, ich hab Bass gespielt, einen Ibanez, den ich beim Wilburger in Linz gekauft habe, und mir das selbst beigebracht, Gitarre hab ich auch gespielt. Da war auch ein Hauptschullehrer dabei, der hat ­Klavier gespielt, der Hannes Peters, und so hat die Band Hannes Peters Showdancers geheißen, aber das wollt ich nicht, weil er ist am Klavier gesessen und hat keine Show gemacht, die Show hab ich gemacht, weißt eh. Da hab ich mir gedacht, wir nennen uns MELODIAS, und der Lehrer hat das akzeptiert. Im ehemaligen Rosenstüberl in Linz ­haben wir eine Nummer gespielt, und ich hab meinen ersten Plattenvertrag gehabt, Ende der 50er Jahre.

WIENER: Trotzdem mussten Sie zum Militär.

WATERLOO: In Ebelsberg als Fernschreiber, aber pass auf, dort hab ich auch viel gelernt. Dort hat ein Offizier gefragt, ob wer Haareschneiden kann, und ich hab gesagt: Ich! Weil ich hab gewusst, das kann ich, da brauchst du dich nur bemühen aus ganzem Herzen, und die Zeit dazu hab ich auch gehabt, weil es war ja nix zum Tun. Auf einmal war ich Friseur, obwohl ich keiner war, und es war schön. Aber wieso hab ich das gemacht? Schau her: Andere waren beim Militär, die haben einen Hass gehabt auf die Offiziere, aber ich hab  mir den Hass erspart und ihnen die Haare geschnitten. Verstehst?

WIENER: Dabei waren Sie ja ­Tischler.

WATERLOO: Fast Innenarchitekt, da hab ich einen Kurs machen müssen und hab sogar Zeichnen dürfen, hab für das führende Möbelhaus in Linz gearbeitet und wieder was ­gelernt. Der Besitzer, auch so ein kleiner Mann… weißt eh, dem seine Frau hab ich immer gegrüßt, eine liebe, hübsche Frau – Grüß Gott! Grüß Ihnen! –, und die hat ihm das erzählt, dass der Hansi Kreuzmayr sie immer freundlich grüßt. Der war dann eifersüchtig und kommt zu mir, ich soll sie nicht grüßen! So sind halt die Leute, das hab ich da gelernt.

WIENER: Also lieber Damenboutique als einen kleinen Chef haben?

WATERLOO: Genau. Und da hab ich dann gelernt, dass Österreich das neidigste Volk auf der Welt überhaupt ist, aber ab da war es mir auch wurscht. Mode hat mich immer interessiert, für Frauen vor allem, die Mode hab ich eingekauft in Italien, in Wien, dort hab ich einen guten Typen gehabt aus Israel, der Herr Stein, danke, dass ich den kennenlernen durfte, der hat mir sehr geholfen, wobei mir viele andere nicht geholfen haben. (lacht). Aber wurscht, so sind die Leute! 

WIENER: Wichtig war, dass der ­Robinson vorbeigeschaut hat in der Boutique.

WATERLOO: Genau! Für die Boutique hab ich einen gebraucht, der mir das alles ein bisserl dekoriert, man hat mir gesagt, frag auf der Kunstschule, dort sind eh lauter so Typen, die nichts können, vielleicht zahlst einem ein paar Schilling und er macht dir was. Genauso war es, wie der Seppo Krassnitzer hereingekommen ist. Ich hab ja hinten meine Gitarren gehabt, und er fragt, ob ich spiele? Sag ich: Ja. Sagt er: Aber ich spiel besser. Sag ich: Auch recht, dann bist du der Musiker und ich der Sänger. Aber Hansi und Seppo nennen wir uns nicht, weil da müssten wir ­Hallaheedüülliö singen die ganze Zeit, und das brauch ich nicht. Der Seppo war auch ein ­kleiner Mann, das hat ihm zu schaffen gemacht, dass er zwei Köpfe kleiner war als ich, also war ich die Rampensau. Ich hab kein Problem gehabt, wenn ich auf die Bühne gegangen bin und ins Publikum gesagt habe: „Mah, gnädige Frau, Sie haben so schöne Augen!“ Weil es ehrlich war! Immer ehrlich!

WIENER: Sie waren auch immer der gepflegte Typ, untypisch für Österreich.

WATERLOO: Ich hab aufgepasst auf mich, wenn ich wo einen Fleck gehabt habe auf der Hose, den hab ich nicht wollen, den hab ich herausgeputzt, bis er weg war, ich war so! Heute sind ja die Lederhosen wieder aktuell, nicht wahr? Brauch ich dir eh nicht erzählen, wer die anhat (lacht). Als Bua, als Sechsjähriger, hab ich auch eine angehabt, den ganzen Sommer, da hast du gespielt darin und dich angemacht. Aber irgendwann hab ich so einen frischen Deckel vorne drauf gekriegt, der war so schön, dass ich mir gedacht habe, auf den pass ich auf, den wollt ich nicht mehr anmachen. Hab ich wieder was gelernt! Dass ich aufpasse auf mich. 

WIENER: Drogen haben Sie nie nehmen müssen, um auf der Bühne und im Leben so glücklich rüber zu kommen?

WATERLOO: Na, wollt ich nie. In Frankfurt, super Studio, da sind sie gekommen: Passt auf, zieh dir was. Sag ich: Mag ich nicht, will ich nicht, brauch ich nicht! Aber wenn du unbedingt willst, zieh ich einmal an, damit ihr eine Ruhe gebt’s. Das war’s. Ich brauch das nicht!

WIENER: Ihre Andrea, mit der Sie seit 23 Jahren glücklich sind, lieben Sie sehr. Singen Sie ihr hin und wieder auch was vor?

WATERLOO: Na klar! Und am neuen Album hab ich ein Lied für sie: „Ich liebe nur dich!“ Aber das spielt in Österreich keiner, da musst du in der Lederhose stecken, damit sie dich spielen, aber ich gehöre niemandem an, bin aber dafür für alle da (lacht). Und das war ein Problem, wie ich einmal für die Falschen gesungen habe …

WIENER: 2005 im Wahlkampf der FPÖ.

WATERLOO: Genau! So viele Türken waren da, und die haben mich so gerne mögen und ich sie! Aber dann hat mir irgendwer den Reifen vom LKW aufgeschnitten, ich fahr nach Linz, und auf einmal … na, lassen wir die Politik.

WIENER: Was tun Sie, um glücklich zu sein?

WATERLOO: Auf mich aufpassen. Auf den Planeten aufpassen, dass man niemandem weh tut, dass man Respekt hat, wie der Häuptling ­Seattle gesagt hat. Auf die Tiere aufpassen, ich esse keine Tiere, naja, ein paar Fischerl hin und wieder aus dem See. Aber wenn ich einen Wurm seh, bring ich ihn zu den Vogerln hinten und sag denen: Schaut’s, da habts einen Wurm. Der Papa hat Katzen mitgenommen aus der VOEST, weil die haben sie dort weggeschmissen, aber das kannst du nicht machen, das tut man nicht, man tut das nicht! Da fehlt jeder Respekt.
Ich pass auf die Kinder auf, auf die Frauen auf, und die Männer, die
sollen machen, was sie wollen. 

WIENER: Was denken Sie über diese Großeiertypen, die uns allen auf den Sack gehen?

WATERLOO: Die kannst nicht ändern, die hat’s immer gegeben. Wenn du schaust ein paar Tausend Jahre zurück, mich interessiert Geschichte sehr, irrsinnig sehr, das war nie ­anders. Schau dir an die Typen, ­warum tun die das? Immer wieder Krieg! Anstatt dass sie sagen: Mein Land, dein Land, kumm her, helfen wir zusammen, machen wir aus unseren beiden Ländern noch viel was Schöneres … Na, hören wir auf.

WIENER: Wann gehen Sie schlafen?

WATERLOO: So kurz vor Zwölfe immer. Bis dahin liegen wir beinander, die Andrea und ich, wir reden über viele Dinge, miteinander reden ist ganz wichtig, zumachen und nix sagen und dann einen Blödsinn machen, das ist ganz schlecht! Redets miteinander!

WIENER: Sind Sie zuversichtlich, was unseren Planeten angeht?

WATERLOO: Auf diesem Planeten wird das nix mehr. Schau, ich hab ja selbst so viel zerstört, ich hab ein Haus gebaut, wieder verkauft, ein noch größeres Haus gebaut und wieder die Natur zerstört. Das ist eine Katastrophe mit uns, wir machen uns alle fertig. Wir in den westlichen Gefilden, oder was weiß ich wie das ganze Klumpert heißt, wir glauben, wir sind die Größten, weil wir alles haben. Aber na, wir haben gar nix, wir haben viel verloren. 

WIENER: Den Glanz in den Augen?

WATERLOO: Genau. Den Respekt. Das Mensch-Sein …   

Waterloo 

wurde 1945 als Hans Kreuzmayr in Altheim in OÖ geboren, er lernte Tischler und eröffnete in Linz eine sehr erfolgreiche Damenmodenboutique. Dort lernte er Seppo Krassnitzer kennen, mit dem zusammen er ab 1974 internationale Erfolge feierte, „Good old Hollywood is dying“ verkaufte sich 13 Mio. mal, sie schafften sechs Goldene und eine Diamantene Schallplatte und nahmen mit „Little World“ am Songcontest teil. 1981 trennte sich das Duo. Waterloo war als Solokünstler und in Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen Musikern erfolgreich, gerade produzierte er sein 35. Album, sein letztes Album „Alles Leben dieser Erde“ erschien 2019. Er hat fünf Kinder und ist in dritter Ehe mit der Fotografin Andrea verheiratet. 

https://youtu.be/Hir3SU8TqSo