Sex

Biologie, Baby! Die starke Geschlecht

Christian Jandrisits

Wenn Soziologen das weibliche Geschlecht dem männlichen ebenbürtig machen wollen, ist das auch angewandte Degradierung. ­Biologisch gesehen ist die Frau das starke Geschlecht, der Mann ihr Assistent.  

Text: Manfred Sax

Ich habs schon mal erwähnt. Dass die Frau eine Göttin ist, dem Mann in den meisten Belangen überlegen. Bis auf den Treibstoff Testosteron, davon hat er 20mal mehr. Mit dem trug er unter anderem zu ihrer Überlegenheit bei, wenn auch nicht bewusst. Es hat mit ­sexueller Selektion zu tun, die eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung von Organismen spielt. Mit der ersten Zellteilung begann ein Prozess, dynamisiert durch den Wettbewerb unter Männern, der weibliche Organismen immer komplexer machte, also perfekter. Evolutionär gesehen ist es offenbar die Funktion des Mannes, die Frau zu ermächtigen. Das ist logisch, und man kann es auch anders darstellen. Zum Beispiel so, wie hier: „Müsste man dafür einen Vergleich mit der Schweizer Uhrmacherkunst heranziehen, so ähnelte das weibliche Hormonsystem einer hochwertigen Markenuhr, das des Mannes eher einer billigen Uhr aus dem Kaugummiautomaten.“ Das Buch heißt „Wunderwerk Frau“ und ist soeben erschienen. Endlich eine Würdigung der Göttin in ihr, und das von kompetentester Quelle – dem legendären Wiener Gynäkologen Professor Joannes Huber. (1) Klar, dass ich ihn kontaktieren musste. Die Frau ist fleisch­ge­wordene Natur, und die Natur kann nicht verstanden werden. Aber ein führender Hormonforscher kommt da schon recht nahe. 

Die Situation, sage ich, zwischen den Geschlechtern ist ja … „Na“, sagt Huber, „das ist ja eine Kata­strophe. Und das wird von der deutschen Regierung auch noch favorisiert. Unglaublich. Die Mädchen können sich ab 14 die Brüste abrationieren lassen, damit sie sich einbilden, sie sind ein Bub. Die deutsche ­Bioethik-Kommissionsvorsitzende meint, wir sollen Menschenmilch statt Muttermilch sagen. Muss man sich vorstellen!“ Kurz: Huber hat Triggerworte, wie Menschenmilch. Oder Gendering. Da fällt ihm Judith Butler ein, Ikone der Gender Studies, die über „Das Unbehagen der Geschlechter“ schrieb. „Biologische Unterschiede zwischen Frauen und Männern seien ihr zufolge durch Sprache begründet – und nicht durch Mutter Natur und die Evolution.“ (Huber) Das hieße auch, soziologisch das weibliche dem männlichen Geschlecht ebenbürtig zu machen, dabei aber die biologische Überlegenheit der Frau zu verdecken; den Masterplan, mit dem die Evolution die Frau förderte. Und nennen Sie es bitte nicht ­„Biologismus!“, Madam, das ist ­toxisch besetzt. Hier geht es um eine Huldigung. 

Biologie, Baby! 

Kalinka Kalaschnikow, selfportrait

Beginnen wir von vorn, vor über einer Milliarde Jahren, als die Sache noch ungeschlechtlich war. Da gab es einen Einzeller, Eukaryote getauft, der tausende Jahre dahinparasitieren konnte. Diese Amöbe leistete sich eine Zellteilung. Dadurch wurde die Lebenszeit kürzer, die Lebensqualität aber besser. Dieser Quantensprung ist vor knapp 200 Millionen Jahren noch einmal ­elementar geworden, eine neue Technologie bot sich an, erklärt Huber: „Nicht so wie bei den ­Fischen, mit dem exogenen Laich der weiblichen Tiere und der Spermawolke der Männchen. Die Befruchtung sollte im Inneren eines Lebewesens stattfinden.“ Es begann, was die Wissenschaft „die Epoche der endokrinen Innenpolitik“ nennt und wir als Sex kennen. Zwischen zwei Geschlechtern. Da wurde auch diskriminiert, nämlich zum Vorteil der Frau: „Die Evolution hat bei der Frau alles umgestellt. Das Herz-Kreislauf-System ist anders als beim Mann. Immunsystem, Stoffwechselsystem, alles ist anders. Überlegener. Frauen leben länger. Die Gehirnfunktion ist bis zur Menopause besser, die Zugriffsfunktion zu den richtigen Daten ist besser. Das Immunsystem ist überlegen, es schützt wesentlich besser etwa vor COVID. Der Stoffwechsel ist extrem toll, die Frau braucht ja in der Schwangerschaft 140 000 zusätzliche Kalorien, das muss organisiert werden.“ Und vieles mehr. Gynäkologen können bei diesem Thema leidenschaftlich werden. 

Die Quelle von all dem: Der Mann besitzt 100 Gene, sagt Huber, die Frau um 1000 Gene mehr. Sie ist höher entwickelt, also auch komplizierter, aber jedenfalls besser. Er ist ein wenig primitiv. Und Grund dafür ist das, was Frauen häufig unrund macht: das Y-Chromosom. Vor Aktivierung der „endokrinen Innenpolitik“ geschah das, was sich für Männer wie ein Unfall anfühlt: „Das 23. Chromosomenpaar verspürte einen Bruch. Ein Teil des langen Armes brach, rotierte und wurde verkehrt wieder eingesetzt. Kein Ausgleich zwischen zwei gleichen Chromosomen mehr. Das Y-Chromosom war gezwungen, für sich allein zu leben, ohne sich gegenseitig austauschen zu können.“ (Huber) Und ein signifi­kan­ter Punkt dabei ist dieser: Mit Entstehung des Y-Chromosoms wurde Adam geboren. Soll heißen: Eva war früher da.

Es muss viel evolutionäre Denke im Spiel gewesen sein, als beschlos­sen wurde, die Frau aus den besten Bestandteilen zu bauen, den Mann dann mit den Ersatzteilen. Ja, sagt Huber, Männer sind halt die Assistenten.

Die Ungleichheit bei der Verteilung wird anno Pubertät ausgesprochen transparent. Die Frau beginnt, drei Hormone zu bilden, der Mann nur eines. Sie hat ­Östrogen (Blutgefäße-Service), Progesteron (Beruhigung) und Testosteron (Libido), der Mann hat nur Testosteron, „das kommt aus den Hoden undifferenziert raus, wie Wasser aus dem Gartenschlauch.“ (Huber)

Es gäbe jetzt noch unglaublich viel an der Frau zu bewundern, von der Genialität, wie sie von ­Befruchtung bis Geburt die Entwicklung des Fremdkörpers managt, von ihren Stadien bis zur Menopause und vieles mehr. Aber der Platz hier wird knapp. Daher noch kurz zur Endokrinen Innenpolitik, zum Sex. Da ist der Mann ausbaufähig, wenn ihm klar ist, dass sie die Göttin ist, er der Assistent. Bei guter konsensualer Führung macht da sein Hypothalamus das Hormon Dopamin frei, das Belohnungshormon. Beim Sex kann die Belohnung groß sein, den nimmt das Gehirn wichtig, weil Reproduktion eine evolutionäre Überlebensstrategie ist. Hier wäre an Bord zu nehmen, was die australische Urologin Helen O’Connor 1998 entdeckte: Dass die Klitoris, der über den Labia hervorlugende Lustknopf, nur die Spitze eines Eisbergs ist. Der klitorale Rest kann die ganze Intimzone animieren. Die Klitoris ist der einzige Körperteil des Menschen, der ausschließlich der Lust dient. Noch so eine Überlegenheit, für manche Leute der Beweis, dass Gott eine Frau ist. Dem sollte adäquat gehuldigt werden. Der Blowjob möge vergessen werden, der ist so out wie noch nie. Jetzt geht es um den Cunnilingus. Der ist gar nicht so kompliziert, meint da ein Kurzweiler auf Reddit, „beginne wie ein auf einer Blume landender Schmetterling, und ende wie ein Mayonnaise fressender Hund.“ Okay, etwas primitiv formuliert, wie Y-Chromosomträger kraft ihrer mangelnden Ausstattung eben sind. Aber ein Anfang. 

(1) Prof. Dr. Johannes Huber: Wunderwerk Frau, Gräfe und Unzer Verlag, München 2022, gu.de