Essen

Silvester Grillage 22/23 – Gemma Lugner, Švabo!

Christian Jandrisits

Zwischen All-you-can-eat-Buffets und Burger-­Schnellimbiß grätscht nun Mario Bernatovic mit seinem „ostalgischen“ Bosnien-Hit namens „Yu-go Grillage“ dazwischen. Ziemlich geil, nicht nur bei den Ćevapi! 

Text: Roland Graf Fotos: Yu-Goh, MATO JOHANNIK

Mit der Balkanküche verhielt es sich lange so: Wer Migrationshintergrund hatte, wusste, wo es die beste in Wien gab. Alle anderen machten um teilweise nicht vertrauenserweckende Lokale der Marke „Slivo mit Tee“ einen Bogen und glaubten, dass die Westbalkan-Küche nur aus filetiertem Edelfisch und Škampi Buzara im 1. Bezirk besteht. Dass nun Spitzenköche, die sich stolz „Yugo“ nennen, für balkanesisches „Fast Good“ sorgen, hat Neuheitswert. Während aber Max Stiegl das noble „Spittelberg“ zum Balkan-Grill verwandelt, ging Mario Bernatovic vom „Albert“ in der Josefstadt in die Vollen: Adidas-Hose als Servierkleidung, Lugner-City als Standort!

Ostalgisch zitiert seine „Yu-Go-Grillage“ mit rot-weiß-blauem Boden und Stern-förmiger Beleuchtung die Flagge des zerbrochenen Nachbarlands. „Unsere Küche will vereinen“, findet sich neben dem bosnischen Kajmak auch eine Kombination, die Bernatovic immer am Busbahnhof von Zadar genoss: Hühner-Sandwich mit Mayonnaise-Salat. Die vorbeiwandernden Lugner City-Stammgäste gibt es kostenlos dazu. Zu viert hat man dessen kleine Karte rasch durchgekostet, doch die Leidenschaft Bernatovic‘ zeigt sich in den Details. Der Trüffelmayo, beispielsweise. Was anderswo aus der Tube kommt, wird mit Zitronensaft und Kapern säuerlich-frisch abgeschmeckt, die erdigen Pilzaromen sind ein Kontrapunkt. Das merkt man etwa bei einem nahezu provokant simplen Angebot: Salatblätter mit dieser Mayonnaise – so schmeckt uns Grünes! Und zum Glück gibt es dieses Suchtmittel auch auf die Fritten, für echte Balkanesen samt scharfen Paprika.

Der Ajvar namens „Mama’s“ kommt aus Nord-Mazedonien und die rauchige „grüne“ Fassung der Melanzani-Paste passt wunderbar zu den Haus-Bratwürsteln. Bevor der geneigte WIENER-Leser aber glaubt, wir sind vor lauter Deix-Menschen-Zählen nicht über die Saucen hinausgekommen: Widmen wir uns dem Herzstück der Grillage! Ćevapčići werden klein gehalten und vom Onkel des Chefs zu 100% aus Rindfleisch gewuzzelt. Der befolgt auch eine andere Regel: Nur minimale Würzung. Salz und Pfeffer reichen für dieses ­Faschierte, das perfekt ange­prasselt wird auf der Grillplatte. 

Die Saucen verrichten das Werk des Schärfens, alternativ kann man natürlich auch zu einem Rauchpaprika greifen. Pflicht ist hingegen sich Lepinja einzuverleiben. Entweder mit „Ćevapi“ gefüllt oder als Beilage am Teller. Denn der Trick, wie dieses Brot so schlotzig wird, basiert auf Rindsuppe. Sie träufelt Bernatovic vorm Grillen auf das Brötchen, das durch den Dampf aufgeht und fingerabschleckende Intensität gewinnt. Nur willensstarke Gäste im „Fünfzehnten“ werden danach einem Karlovačko oder San Servolo zum Nachtrinken widerstehen. Warum aber gibt es hier Heineken, Mario? „Wegen dem roten Stern“! Tja, die „Yugos“ hatten immer schon den besten Schmäh.

LETZTE PRAIS – Ewig nur schnell Burger fressen ist längst nicht mehr in. Da lob ich mir doch die Pljeskaviča im Lepinja!

YU-GO GRILLAGE

In der „Lugner-City“, Gablenzgasse 5-13, 1150 Wien, täglich 11-23 Uhr, https://yu-go.at

Preise: Die Boxen mit Ćevapčići und Beilagen wie Pommes kommen auf 8,90 Euro, die Burger liegen bei 9,90 Euro. Die feine Baklava zum Espresso wiederum macht vier Euro aus.

Pflicht-Kauf: An den Ćevapčići (6,50 Euro für fünf Stück) führt kein Weg vorbei – sie vertrauen auf Fleischgeschmack mit minimaler Würzung. Ebenfalls fein im Fladenbrot: die Kalbsbratwürstel (7,50 Euro)..

Ideal für: Alle Freunde der bosnischen Küche, aber auch Fast Food-Fans, denen Burger und Kebap schon ein bisserl „anstehen“. Und auch zum staunenden Leute-Beobachten eignet sich der Platz.