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History zur SPÖ Mitgliederbefragung: Die Parteivorsitzenden seit 1945

Christian Jandrisits

Nach erfolgter SPÖ Mitgliederbefragung entscheidet sich heute wer neuer Bundesparteivorsitzender wird. Babler, Doskozil oder doch wieder Rendi-Wagner? – Wir bringen Kurzportraits aller bisherigen roten Parteivorsitzenden seit Ende des zweiten Weltkrieges.

Text: Christian Jandrisits/Fotos: SPÖ/pixabay/Deix

Am 12. April 1945, drei Wochen vor dem Ende des 2. Weltkrieges treffen sich die Granden der österreichischen Sozialdemokratie im schwer beschädigten Wiener Rathaus und gründen die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ). Adolf Schärf wurde zum provisorischen Vorsitzenden ernannt. Erst am 15. Dezember 1945 wurde er zum ersten offiziellen Parteivorsitzenden der SPÖ gewählt.

Nummer 1: Dr. Adolf Schärf 1945 – 1957

Der gelernte Jurist (* 20.04.1890, Nikolsburg/Mikulov (Mähren) 28.02.1965, Wien) war der erste Parteivorsitzende der neu gegründeten SPÖ. 1934, 1938 und 1944 war er mehrere Wochen in politischer Haft – zum Bundespräsidenten gewählt wurde er 1957, dieses Amt hatte er bis zu seinem Tode im Jahr 1965 inne!

Nummer 2: DDr. Bruno Pittermann 1957 – 1967

Seine Doktortitel machte der gebürtige Wiener (*03.09.1905) in Geschichte/Geografie (Dr. phil.) und Jus (Dr. jur.) – letzterer wurde ihm anfangs von den Nazis verwehrt, da er eine jüdische Frau geehelicht hatte. Pittermann war unter anderem für seine Vorliebe für Virginia Zigarren bekannt, gegen Ende seines Vorsitz geriet die SPÖ in eine schwierige Schieflage, befeuert durch den Skandal um ÖGB-Chef und Innenminister Franz Olah, der Gewerkschaftsgelder zur Finanzierung der FPÖ und der Kronenzeitung verwendet hatte und nach Parteiaustritt eine eigene Partei gründete. Nach vier Schlaganfällen und völliger Erblindung starb er am 19. 09. 1983.

Nummer 3: Dr. Bruno Kreisky 1967 – 1983

Kreisky und seine berühmte Brille …

„Ich bin der Meinung …“, „Lernens Geschichte Herr Reporter!“, „Ich fahr nach Mallorca auf Urlaub, weil Kärnten kann ich mir nicht leisten.“ – mit seiner sonoren Stimme und seinem Auftreten prägte der Sonnenkönig wie kaum ein anderer die österreichische Innenpolitik. Dr. Bruno Kreisky, der „Politik-Godfather“ der 1970er Jahre, wurde am 22. Januar 1911 in Margareten/Wien geboren. 1936 – ein Jahr Kerkerhaft im Zuge der „Sozialistenprozesse“, 1938 – Emigration nach Schweden, 1953 – Rückkehr nach Wien, ab da aussenpolitischer Berater von Bundespräsident Theodor Körner (SPÖ), als Staatssekretär im Aussenministerium Mitverhandler des österreichischen Staatsvertrag, der 1955 die Gründung der Zweiten Republik ermöglichte, 1959 – 1966 österreichischer Außenminister; danach im Jahr 1967 übernahme der schwer krisengeschüttelten SPÖ als Vorsitzender, während sich die Partei erstmals nach dem zweiten Weltkrieg in Opposition befand.

Mit allerlei Mut zum Brechen von Konventionen und unter Einbeziehung von ausserparteilichen Experten schaffte Kreisky bei der Nationalratswahl 1970 die relative Mehrheit zu erlangen und bildete mit Duldung der FPÖ eine Minderheitsregierung. 1971 erlangte Kreisky bei vorgezogenen Neuwahlen die absolute Mehrheit, die er 1975 und 1979 erfolgreich verteidigte. Er war von 1970 bis 1983 längstdienender Bundeskanzler der Republik Österreich. Sein letztes TV-Duell mit Alois Mock absolvierte er, gesundheitlich bereits schwer gezeichnet im Jahr 1983. Nach dem Verlust der „Absoluten“ bei der Nationalratswahl 1983 verhandelte Kreisky zwar noch eine Koaltionsregierung mit der FPÖ unter Norbert Steger, übergab die Führung derselben aber seinem Vizekanzler, dem bisherigen Unterrichtsminister Fred Sinowatz. Im Anschluss zog er sich aus der österreichischen Innenpolitik zurück und starb am 29. Juli 1990 in Wien.

https://youtu.be/-6tGeluhi9I
„Lernens a a bisserl Geschichte Herr Reporter!“

Nummer 4: Alfred „Fred“ Sinowatz 1983 – 1988

Am 5. Februar 1929 wurde Fred Sinowatz in Neufeld/Leitha in eine burgenländisch/kroatische Familie geboren. Ebendort war er von 1957 – 1969 Mitglied des Gemeinderates, anschließend war er Landesrat für Kultur als Mitglied der Landesregierung und wechselte 1971 als Abgeordneter in den Nationalrat. Er wurde Bundesminister für Unterricht und Kunst ( die Einführung von Gratisschulbüchern und Schülerfreifahrten war Sinowatz‘ Erfindung) und übernahm 1983 das Amt Bruno Kreisky’s — Parteivorsitz und Bundeskanzler … Der Glykolwein-Skandal, die hohe Verschuldung der Verstaatlichten (VÖEST), die neutralitätsverletzende Lieferung von Waffen in kriegsführende Staaten im Nahen Osten, aber auch die Lucona-Affäre, der Skandal um den Neubau des Wiener AKH und der verlorene Waldheim-Wahlkampf, den er als Anlaß nahm, das Amt des Bundeskanzlers 1986 an Franz Vranitzky weiterzugeben, prägten seine Amtszeit … Fred Sinowatz starb am 11. August 2008 in Wien.

Nummer 5: Franz Vranitzky 1988 – 1997

Der JAMES BOND unter den Parteivorsitzenden …

Franz Vranitzky (*4. Oktober 1937 in Wien) war ehemaliger österreichischer Basketball Nationalspieler (42 Länderspiele!), er war Hilfsarbeiter am Bau, Nachhilfelehrer für Latein und Englisch, Betriebswirtschaftsstudent, Diplomkaufmann und promovierte 1969 zum Doktor der Handelswissenschafen. Er wurde Assistent von Finanzminister Hannes Androsch in der Kreisky Ära bevor er selber im Jahr 1984 zum Finanzminister aufstieg. Mit ihm kehrte der „Nadelstreif-Sozialismus“ in der SPÖ ein, nicht bei allen Parteimitgleidern beliebt. Wiederholt musste Vranitzky Repräsentationsaufgaben im Ausland übernehmen, da der damalige Bundespräsident Dr. Kurt Waldheim international geächtet wurde. Im Jahr 1986 kündigte der frisch gekürte Bundeskanzler Vranitzky die Koalition mit der FPÖ auf, weil dort Jörg Haider die Führung übernommen hatte. Ab da war die „Ächtung“ der FPÖ und die Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit den Freiheitlich auf Regierungsebene quasi Programm in der SPÖ. Nach einem letzten, großen „Coup“, der Integration der CA in die Bank Austria gegen den Willen der ÖVP, zog er sich 1997 aus der Politik zurück, 2005 spendete er seiner schwer kranken Frau eine Niere, 2022 wurde er durch fake-news für tot erklärt, woraufhin im Parlament eine Schweigeminute abgehalten wurde ….

Nummer 6: Viktor Klima 1997 – 2000

Viktor, der Strahlemann (re) und sein Nachfolger, der Alfred (li)

Viktor Klima wurde während seiner Schulzeit schon bald Mitglied verschiedener sozialdemokratischer Verbindungen. Ab 1969 arbeitete er bei der OMV, wo er 1990 in den Vorstand berufen wurde. 1992 wurde er Minister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, 1996 Finanzminister. 1997 – 2000 Bundeskanzler. Nach der Wahl 1999, die die ÖVP zwar relativ gewann, führten die gescheiterten Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP letztlich dazu, dass der Wahldritte Wolfgang Schüssel das Amt des Bundeskanzlers nach 30 Jahren zur ÖVP holte. Viktor Klima schied danach aus der Politik aus und wurde Leiter des VW-Konzerns in Argentinien. Nebenbei war er auch Berater des argentinischen Präsidenten.

Nach 3 Herzoperationen lebt der am 4. Juni 1947 in Schwechat/NÖ geborene Klima heute auf einer 240 Hektar großen Farm, mit 200 Rindern und seiner dritten Ehefrau in der Nähe von Buenos Aires.

https://youtu.be/Xh4aFd6YHP4
Über Russland im Jahr 1998 …

Nummer 7: Alfred Gusenbauer 2000 – 2008

Der in eine Bauarbeiterfamilie geborene Alfred Gusenbauer (*8. Februar 1960/St.Pölten/NÖ) startete seine politische Karriere im Jahr 1981 als Schriftführer für die SPÖ, von 1990 – 1999 war er Angestellter für die Kammer der Arbeiter und Angestellten in NÖ. 1999 wurde er Landesgeschäftsführer in NÖ, im Jahr darauf Bundesgeschäftsführer der SPÖ. Im Jahr 2000 wurde er Parteivorsitzender. Er übernahm die „geschockte“ Partei nach dem Kanzlerverlust 2000 von Viktor Klima und führte sie mit eiserner Konsequenz durch Oppostions und ÖVP-Kanzlerschaft, konnte bei der Wahl 2006 wieder die relative Mehrheit erlangen und wurde 2007 Bundeskanzler – allerdings ohne viel Erfolg. Sein Wahlversprechen, die Studiengebühren abzuschaffen, konnte er nicht verwirklichen, was ihm massive Proteste der Studenten bescherte, insgesamt kam Gusenbauer trotz wiedererlangter Kanzlerschaft nie wirklich in der SPÖ-Familie an. Nach seiner politischen Tätigkeit fand Alfred Gusenbauer immer wieder durch gut dotierte Beratertätigkeiten in demokratisch fragwürdigen Staaten in die Medien, gemeinsam mit dem Land Kärnten verleiht er das sogenannte Gusenbauer-Stipendium, welches jährlich 2 Studenten finanziell fördert …

Nummer 8: Werner Faymann 2008 – 2016

Werner Faymann (*4. Mai 1960/Wien) wurde 1981 Landesvorsitzender der SJ Wien und war 1983 Mitorganisator zur Papst-Besuch Gegenveranstaltung (Papst Johannes Paul II). Von 1994 bis zum Jahr 2007 war er amtsführender Stadtrat für Wohnbau und Stadterneuerung. 2007 wurde er Infrastrukturminister und beendete in dieser Tätigkeit die 160 km/h Teststrecke auf der Tauernautobahn sowie die Tagfahrlichtpflicht. Außerdem sorgte er für die Einführung der Winterreifenplicht. Am 8. August 2008 wurde er mit 98,36% zum Parteivorsitzenden der SPÖ gewählt. Unter anderem konnte er letztendlich die Abschaffung der Studiengebühren verwirklichen. Faymann war der erste österreichische Bundeskanzler gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelte (Inseratenkorruption). Das Verfahren wurde im November 2013 eingestellt, da kein hinreichender Tatbestand gesehen wurde.

https://youtu.be/-9DcbHhKrcw
„Freundschaft! Es lebe der 1. Mai!“, oder so …

Nummer 9: Christian Kern 2016 – 2018

… des is a Vollholler!

Der gebürtige Simmeringer Christian Kern (*4. Jänner 1966), Sohn eines Taxlers und einer Sekretärin übernahm das Amt Faymanns, nachdem dieser am 9. Mai 2016 nach massiven Protesten der Parteigänger im Rahmen der traditionellen Feierlichkeiten am 1. Mai zurückgetreten war (siehe Video oben) und war von 2016 bis Ende 2017 der letzte sozialdemokratische Bundeskanzler Österreichs. 2017 bezeichnete er die Pläne zur Schließung der Mittelmeerroute des ÖVP Spitzenkandidaten, einem gewissen Sebastian Kurz, als populistischen VOLLHOLLER! Dieses Wort wurde in Folge zum „Wort des Jahres 2017″ gekürt! 2018 sorgte er für Chaos innerhalb der Partei, als er beschloss für die SPÖ als Spitzenkandidat für das EU-Parlament antreten zu wollen, und danach würde er seinen Parteivorsitz zurücklegen, was mit seinem Rücktritt im Oktober 2018 auch bewahrheitet wurde. – Somit kommen wir zur ersten weiblichen Parteivorsitzenden der SPÖ:

Nummer 10: Pamela Rendi-Wagner 2018 – ???

Die als Joy Pamela Wagner geborene (*7. Mai 1971) ist promovierte Ärztin (Epidemiologie/Infektiologie/Impfung/ Tropenmedizin/Hygiene) und wurde unter Christian Kern Bundesministerin für Gesundheit und Frauen. Erst knapp vor ihrer Ernennung im Jahr 2017 wurde sie Parteimitglied! Am 24. November 2018 übernahm sie den Parteivorsitz; ihr Ziel war es, erste weibliche Bundeskanzlerin zu werden. Jedoch parteiinterne Streitigkeiten und dürftige Wahlergebnisse machten ihr das Leben schwer – ihre Führungsstärke wurde immer wieder in Frage gestellt, tatsächlich hat die SPÖ nach der Ansicht interner wie externer Beobachter vor allem während der Corona-Pandemie (Rendi-Wagner ist Epidemiologin) einige „Elfer“ verschossen. Nach regelmäßigen Anschüssen vor allem aus dem Burgenland stellte sie mutig die Vertrauensfrage und somit kommt es erstmals zu einer SPÖ Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz.

Nummer 11: ???

Die Kandidaten für den Parteivorsitz:

  • Pamela Rendi-Wagner, SPÖ Parteivorsitzende
  • Hans Peter Doskozil, Landesparteivorsitzender des Burgenlands
  • Andreas Babler, Bürgermeister von Traiskirchen