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U4: New-Wave und alte Hadern

Christian Jandrisits

Aus dem WIENER Archiv/Nummer 08/August 1980 – U4: New-Wave und alte Hadern

Die Besitzer des pompösen Studio 35 müßten sich, mit Verlaub gesagt, in den Hintern beißen, wenn sie den Namen U4 hören. Denn die Szene, die sie so gerne in ihr teures Monstrum gelockt hätten, geht jetzt, ganz ordinär, in einen Keller direkt in der Stadtbahnstation Meidling. Schon bevor die unauffällige Pforte neben den Auslagenscheiben um 22 Uhr öffnet, steht eine Schlange vor dem Tor, die allerdings lange nicht geschlossen hineinkommt.

Mit geübtem Blick winkt der Türsteher jene herein, die er als alte „Voom-Hasen“ zu erkennen glaubt oder die zumindest durch Haare und Kleidung einen Touch von Außenseitertum erkennen lassen. Auch jene, die der Zusammenstellung ihrer Schale eine gewisse Originalität angedeihen lassen – sei es nun eine Gasmaske oder einfach ein Großmutterfähnchen, sind gerne gesehen. Für die typischen Disco-Popper und Konsorten allerdings hat man nichts über.

Schworze Lippen, grüne Hoa …

Ein weiterer Grund, warum die Crew, die das ehemalige Copacabana so erfolgreich verwandelt hat, auch Leute, die schon seit Jahren nicht mehr in Discos gegangen sind, hinterm Ofen hervorlockt, sind die billigen Preise. Bier, Wein, alles unter dreißig Schilling, bei 8 Schilling Eintritt.

Unten hämmern aus einer hervorragenden Anlage New-Wave-Stückln genauso wie alte Hadern, wem’s zu laut wird, der kann nebenan ins Beisel gehen, unter einer überdimensionalen Palme Spaghetti essen, Billard spielen oder im „Kino“ sitzen. Keiner, das ist genau ausgetüftelt, stört dabei den anderen. Wenn die Stimmung gut ist, werden die letzten Nachtschwärmer erst gegen fünf verjagt. Dafür hat man, weil’s an dem Tag schon zu unübersichtlich wurde, samstags einfach geschlossen. Das nenn‘ ich Konsequenz.