AKUT
Wiener Test: Shopping Safari
Pfeilgiftfrösche und Vogelspinnen hätten wir im Angebot. Oder darf’s ein frisch gebackener Hunde-Gugelhupf sein? Der WIENER hat Fachgeschäfte für beliebte Null-, Vier- und Achtbeiner unter die Lupe genommen.
TEXT: GÜNTHER KRALICEK / FOTOS: MAXIMILIAN LOTTMANN
Es ist nicht verboten, eine Schlange oder einen Skorpion als Haustier zu halten. Es zeugt bloß von einer gewissen Extravaganz. Obwohl: Ein bisschen verboten ist es schon. Bei besonders gefährlichen Exemplaren hat das Gesetz nämlich sehr wohl etwas dagegen. Die Frage ist nur, ob sich das in Zeiten von Inter- und Darknet überhaupt flächendeckend überprüfen lässt. Aber um jetzt keine Massenpanik aufkommen zu lassen: Die aller-, allermeisten Tierhalter sind natürlich komplett harmlos. Genau wie ihre Tiere. Mit einem Golden Retriever im Gefolge kann man in der Hundezone bestimmt nette Hundehalterinnen kennenlernen. Aber so eine Schlange … Die verschafft dir halt doch das gewisse Etwas. Den Exoten-Bonus. „Magst du noch mit zu mir raufkommen? Ich zeig dir meine Boa constrictor.“
Die Liebe zu Tieren ist hierzulande Staatsbürgerschaftspflicht und treibt mitunter ganz schön groteske Blüten. Bachblüten zum Beispiel. Fürs liebe Vieh, versteht sich. Oder Leckerlis. Im neunten Bezirk gibt es eine Bäckerei nur für Hunde („Backhund“ in der Liechtensteinstraße). Und so existieren heute nicht wenige Tierhandlungen ohne Tiere. Zoofachgeschäfte, die sich ganz auf den Verkauf von Zubehör und Futter spezialisiert haben. Andere setzen auf einen Mix aus Equipment und Kleinlebewesen – Nager, Vögel, kleine Fische. Und schließlich hat sich eine Handvoll Spezialisten etabliert, die exotische Arten aus aller Welt feilbieten und vor der interessierten Kundschaft mit viel Know-how glänzen. Was die Geckos und Pythons in ihren gläsernen Terrarien von all dem halten, bleibt ein Geheimnis. Die Gesichter der Kaltblüter sind schwer zu lesen.
Der Verkauf von Hunden und Katzen in Tierhandlungen ist seit 2008 übrigens wieder erlaubt. Mit dieser Maßnahme wollte man seinerzeit den florierenden Schwarzmarkt eindämmen. Hunde und Katzen sieht man im Zoohandel trotzdem nur sehr selten. Das ist wohl auch gut so. Der Gang zum Tierschutzheim ist bei der Suche nach einem treuen WG-Genossen bestimmt die tierfreundlichste Variante.
Der Test
Mit Haustieren ist es wie mit Lebenspartnern oder Sexualpraktiken. Alles Geschmackssache. Die Frage, warum eine Stabheuschrecke weniger wertvoll sein soll als z.B. ein Kurzhaar-Chihuahua, könnte ganze Philosophiebände füllen. Dafür fehlt uns die Zeit. Wir hatten auch nicht die Mittel, die artgerechte Haltung vor Ort nach wissenschaftlichen Kriterien zu überprüfen. Die Bewertung der Zoogeschäfte spiegelt deshalb lediglich den gefühlten Erlebniswert vor Ort wider. Der WIENER-Test erfolgt anonym und ohne jegliche Einbeziehung der vorgestellten Betriebe.
Reptilienzentrum Wien
Adresse: 15., Mariahilfer Straße 177
Öffnungszeiten: Mo–Fr 10-18, Sa 10-12
reptilienzentrumwien.at
Kleiner Laden, der mit Fachberatung und Tieren direkt vom Züchter wirbt. Ein exotischer Umschlagplatz, an dem es aussieht wie im zoologischen Backstagebereich, irgendwo zwischen Lager- und Verkaufsraum. Männer kommen und gehen. Mit Kisten und Taschen,von denen man nicht so genau wissen will, was drin ist.
Fauna: Diverse Schlangen und Schildkröten neben imposanten Echsen. Ein paar Fische. Ein Glasterrarium mit Riesenschaben, Betonung auf „Riesen“, die auf einem abgeknabberten Melonenstück gerade so etwas wie einen Gang Bang veranstalten. Werden als Haustiere gehalten (Männchen 8 Euro, Weibchen 12). Die Vogelspinne im Plastikbehälter, der aussieht wie von der Supermarkt-Salatbar, würde auf 50 Euro kommen. Reichartige Auswahl, die auch im Webshop zu bestaunen ist. Dessen Software ist für Zoohandlungen nicht ausgelegt, Tiere werden konsequent als „Artikel“ bezeichnet und sind in den Warenkorb zu legen.
Lebensraum: Am Boden stapeln sich Kartons mit Futterinsekten. Daneben kleine Nager alias Schlangenfutter in Käfigen sowie ein Zwergkaninchen in einem etwas größeren Gehäuse (ich trau mich nicht zu fragen, warum es hier ist). Ein fingerdickes Heimchen hat sich irgendwie befreit und krabbelt nun munter auf dem Fliesenboden herum. Tatsächlich wird man hier das Gefühl nicht los, dass einem jederzeit von irgendwo etwas ins G’nack springen könnte.
MegaZoo
Adresse: 22., Zwerchäckerweg 4
Öffnungszeiten: Mo–Fr 9–19, Sa 9–18
megazoo.at
Im mit viel Autobahncharme ausgestatteten Gewerbepark Stadlau fahre ich über die Tiefgarage (gratis) zu. In der zweistöckigen Industriehalle ist so ziemlich alles untergebracht, was mit Tieren in Verbindung gebracht werden kann. Wie der Name schon sagt: Mega & Zoo.
Fauna: Nager, Vögel, Echsen, Schildkröten, Fische – von allem etwas. Nur Hunde und Katzen gibt’s in dieser Filiale (4 weitere
in Ö) keine. Da laufen sich z.B. gerade ein paar südamerikanische Degus im Hamsterrad warm. Erstaunlich große Fischabteilung, inkl. Korallen- und Pflanzenwelten. Volieren und großräumige Hinterglas-Käfige, zum Teil mit bunter Faunamischung aus Vögeln, Schildkröten und Riesenechsen. Auch Schlangen gibt’s hier. Guckst du!
Lebensraum: Unten Futter und Zubehör für Hund & Katz, einige artfremde Artikel sowie eine angeschlossene Tierarztpraxis. Oben die Spezialabteilungen Aqua, Terra, Vogel und Nager. Neben Aqua- und Terrarien auch zahlreiche „Nagarien“. Wirkt alles schön aufgeräumt. Das Personal macht einen kompetenten und tierfreundlichen Eindruck – wenigstens im mitge lauschten Kundengespräch. Was immer es an Spezialfutter oder Zubehör sein mag, alles ist in großer Auswahl vorhanden: Leinen, Fahrradanhänger, Hasenhotels, Wasserfälle oder Nebelmaschinen fürs Terrarium. Und ein Eisschrank, in dem sich Becher stapeln mit Aufschriften wie „Reptile Food – 2 Rats on Ice“.
Korallenriffcenter
Adresse: 12., Hohenbergstraße 20
Öffnungszeiten: Mo–Mi, Fr 12–18, Do 9–20, Sa 9–13
krc.at
Das Korallenriffcenter ist umgezogen (früher Schönbrunner Straße), es wirkt alles noch ein bisschen improvisiert. Schräger Laden, der mir bei meinem 20-minütigen Besuch die Augen für die Schönheiten eines Home-Aquariums geöffnet hat.
Fauna: Zahlreiche Salzwasserfische, auch Garnelen. Viele Aquarien aber nur mit Korallen und Meerespflanzen bestückt. Das, was man sich unter dem Namen Korallenriffcenter halt vorstellt.
Lebensraum: Seltsame Raumaufteilung: Man tritt ein in einen großen Saal, in dem sperrige Secondhand-Aquarien herumstehen – aber kein Personal anzutreffen ist (das wartet weiter hinten ums Eck). Hier vorne auch diverse Aquarienmöbel zur Ansicht, die als Unterbau für die Wasserbecken dienen. Wie TV-Möbel, nur ohne Fischprogramm. Und unten ist noch Platz für Technik und Futter. Von den ausgestellten Teilen würd ich mir keins ins Wohnzimmer stellen, aber man erkennt, was gemeint ist. Ich stoße auf das „Starter-Set“, ein Becken mit allem Drum und Dran – außer Fischen, dafür mit lebendem Riffgestein (699 Euro). Sieht sensationell aus! Im hinteren Teil des Ladens dann das eigentliche Riff-Paradies mit Zubehör, Futter und zahlreichen Aquarien zwischen ziemlich klein und ganz schön groß. Es riecht nach Meer. Salzwasser muss gut durchströmt werden, das versetzt die Pflanzenwelt in faszinierende Bewegung. Sieht fast aus wie beim Tauchgang.
Terra Reptilia
Adresse: 7., Burggasse 100
Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–18, Sa 10–13
terra-reptilia.at
Ein Reptilienfachhändler mitten im Siebenten, das passt ganz gut zur bunten, geschäftigen Vielfalt im Bezirk. Heller Laden mit freundlichem Hüter. Ein grünes Chamäleon wacht als über- dimensionales Wandfresko über der Verkaufstheke.
Fauna: Vorne im Hauptraum Echsen, ein gutes Dutzend Spinnen und Schlangen, darunter zwei Kaiserboas, eine davon hört auf den Namen Fridolin. Die Futtertierboxen mit Heimchen, Maden & Co. in einem Extraregal fein säuberlich geschlichtet. Hinten zwei weitere Räume, etwas unaufgeräumter, hier finden sich Schildkröten, noch mehr Spinnen sowie weitere Reptilien.
Lebensraum: Helles Geschäft mit liebevoll gestalteten Terrarien, und alles schön beschriftet. Motto: Mehr Raum, weniger Tiere. Der Laden-Hüter fragt vorsichtig, ob er weiterhelfen kann. Ein zwangloses Gespräch über Spinnen entwickelt sich. („Ganz interessante Tiere, wenn man sich mit ihnen auseinandersetzt.“) Ich erfahre, dass die haarigen Freunde recht genügsame Lebewesen sind. Manch einer bekämpft seine Spinnenangst mit einem besonders fetten Exemplar. („Wer so eine zu Hause hat, fürchtet sich nimmer vor den heimischen Arten.“) Die kinderfaustgroße mit den pelzigen Beinchen kommt auf knapp 70 Euro. Es gibt aber noch weitaus teurere Exemplare. 400 bis 500 Euro. Einkaufspreis! Ein junges Pärchen betritt den Laden. „Was kann ich für euch tun?“ – „Einmal Heuschrecken, bitte.“
Zierfisch Zentrum Austria
Adresse: 13., Fichtnergasse 12
Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–18, Sa 10–17
zierfische-aquarium.at
Im Souterrain eines stattlichen Hietzinger Bürgerhauses befindet sich Österreichs größtes Aquaristikcenter. Niemals würde man von außen vermuten, dass sich da im Unterbauch der alten Gemäuer eine Süßwasserwelt mit über 400 Aquarien auftut, die ihresgleichen sucht.
Fauna: Wie heißt es auf der Homepage? „Unser letzter Import hat die Quarantäne verlassen, und wir möchten auf einige besondere Arten aufmerksam machen: Plesiotrygon nana, Potamotrygon mantilla, Rhadinoloricaria macromystax …“ Kein Zweifel, hier sind wahre Freaks am Werk. Zur Auswahl stehen unzählige mehr oder weniger seltene Süßwasserfischarten, und je weiter man in die weit verzweigten Räumlichkeiten vordringt, desto größer und imposanter werden die Aquarien und deren Bewohner. Da finden sich Welse, Garnelen und sogar Rochen (ca. 600 Euro pro Exemplar). Lässt das Sammlerherz jedes Aquaristikers bestimmt gleich höherschlagen.
Lebensraum: Dicke Luft hier unten – und beschlagene Fenster. Die Aquarien wirken gepflegt und alles ist penibel beschriftet. Ansonsten herrscht schon ein bissl Zoologen-Chaos. Am Boden kugeln massenweise Dekorsteine, Hölzer und Wurzeln sowie spezieller Kiesel in Säcken herum. Nur die fragwürdigen Unterwasser-Accessoires (Badenixe, Totenkopf, Schiffswrack, Spongebob) sucht man hier vergebens. Fachwissen und Fischfreundlichkeit stehen im Vordergrund.
Dogstyler
Adresse: 7., Neustiftgasse 42
Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–19, Sa 10–17
dogstyler.at
Die schicke Hundeboutique hieß vor kurzem noch „Bunter Hund“, jetzt ist der deutsche Franchisegeber Dogstyler mit an Bord und der Laden wurde komplett umgebaut. Name und Fassade waren früher irgendwie hipper, aber innen sieht das Ganze immer noch sehr hübsch aus.
Fauna: Keine Tiere zum Verkauf, dafür alles für den Hund. Dogstyler stellt luxuriöse Aufenthaltsplatzln und Transportboxen für Hunde her, die man im Laden kaufen kann (eine weitere Filiale in Linz). Hundsviecher trifft man hier trotzdem an, denn das Gratis-Buffet hat immer geöffnet und alle Vierbeiner sind willkommen. Es gibt selbst gebackenen Hundekuchen. Die Bäckerin ist heute anwesend und gibt Ratschläge zu Geschmack und Unverträglichkeiten. Sehen zum Anbeißen aus, die stilvoll präsentierten Leckerlis! Die junge Frau an der Kassa erzählt, dass tatsächlich vor Kurzem ein Kunde irrtümlich zugelangt habe. Er fand es dann gar nicht so übel.
Lebensraum: Gediegene Atmosphäre, bissl wie Denn’s Supermarkt für den Hund. Regale aus geschmackvollem Holz und neben den Dogstyler-Sofas jede Menge erlesenes Zubehör. Bachblüten, Öle, Straußeneier zum Spielen, „Hunde-Sudoku“, Luxus-Leinen und -Geschirre, Futternäpfe, diverse Fleisch- und Wurstsorten im Sackerl zu Meinl-am-Graben-Preisen (100 g zwischen 2,30 und 6,60 Euro). Auch Dosen und Menüs, selbstverständlich bio oder auch vegetarisch (!) – die spinnen, die Bobos.